Vollmachtsrede 6: Bedingungen für Sichtbarkeit.

Matthäus 23,37-39

37 Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! 

 38 Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; 

 39 denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: »Gepriesen <sei>, der da kommt im Namen des Herrn!«

Eigentlich könnte man froh sein, wenn endlich mal einer kommt, der Ahnung hat.

„Einmal mit Profis arbeiten“, heißt ja der Spruch.

Und von Jesus konnte man das sagen, denn er kam im Namen Gottes.

Als er kam, war das so, als wenn Gott selber gekommen wäre.

So ist das ja oft, wenn der Sohn kommt. Das ist dann das Gleiche, als wenn der Vater selber kommt.

Also Jesus hatte wirklich eine Vollmacht. Der war bevollmächtigt für das, was er da tat.

Wenn man die Vollmacht nicht anerkennt

In unserem Rechtssystem ist es im Allgemeinen so, dass man eine Vollmacht auch durchsetzen kann.

Weil eine Vollmacht, die man nicht durchsetzen kann, auch irgendwie keinen Sinn macht.

Darum hat die Polizei Uniform und Waffen. Damit es keinen Zweifel gibt, dass diese Leute vom Staat eine Vollmacht haben.

Darum gibt es Zivilgerichte. Damit man das Recht, das man durch eine Vollmacht hat, auch durchsetzen kann.

Eine tatsächlich gegebene Vollmacht nicht anzuerkennen, ist also nicht unbedingt eine kluge Idee.

Somit produzieren die Schriftgelehrten hier ein Problem, wenn sie die Vollmacht Jesu nicht anerkennen.

Während gewisse Leute und im Nachklang auch eine Reihe Kinder von Jesus sangen, er sei gekommen „im Namen des Herrn“, hatten die Schriftgelehrten in dieses Lied nicht eingestimmt und sich sogar über die Sänger beschwert.

Aber Gott handelt jetzt anders als die Polizei.

Gott setzt sich nicht postwendend durch.

Gott tut den Schriftgelehrten keinerlei Gewalt in keinerlei Hinsicht an.

Der verhindert noch nicht einmal, dass die Schriftgelehrten seinen Sohn umbringen.

Was Gott macht, ist: Er geht weg. („Euer Haus soll öde gelassen werden“, Vers 38).

Kein Grund zur Traurigkeit

Nun sollte man denken, dass die Ankündigung Jesu, dass die Schriftgelehrten ihn nicht mehr sehen werden, diese sicher nicht zum Weinen bringt.

Die werden froh sein, wenn sie ihn los sind.

Allerdings nehmen Jesus oder der Heilige Geist ab jetzt die Stellung ein, die bisher der Tempel in Jerusalem innehatte: Der Beleg zu sein für die Anwesenheit Gottes inmitten der Menschheit.

Bisher, so zumindest die Lehre, die auch Gott als solche anerkannte, wohnte Gott im Tempel in Jerusalem.

Aber spätestens ab Pfingsten wohnt Gott in den Menschen.

(Darum nennt Paulus in 1.Kor 3,16 und 6,19 den Körper des Menschen auch „Tempel des Heiligen Geistes“.)

Damit wird der Tempel in Jerusalem überflüssig.

Eine leere, gottlose Hülle.

Aber es ist wie immer: Wenn Gott nicht beachtet wird oder wenn derjenige, den Gott mit Vollmacht und Auftrag schickt, nicht beachtet wird, dann passiert erstmal gar nichts.

Auch als das Volk in früheren Jahren die Propheten, die ebenfalls mit Vollmacht gesprochen haben, nicht beachteten, hat Gott nicht einen Blitz vom Himmel geschickt, in dem die Übertäter verglühten.

Auch hier in Jerusalem passiert jetzt erstmal 40 Jahre lang nichts, bis sich die Ankündigung Jesu von der Zerstörung des Tempels (Matthäus 24,2) erfüllt.

40 Jahre lang leerer Tempel. Zumindest leer was Gott angeht.

Und die Leiter des Volkes haben es nicht gemerkt.

Die haben gedacht, Gott wäre noch da.

Genauso geht es in den Sendschreiben am Anfang der Offenbarung. Das einzige, was Jesus androht, ist, dass er weggeht. Was Gemeinden in der Regel über lange Zeit nicht merken.

Man geht der Gegenwart Gottes verlustig, aber man hat ja einen Ersatz.

Heutzutage ist es in der Regel die Bibel. Die Gemeinde hat die richtige Auslegung, das richtige Bibelverständnis, die zutreffende Interpretation. Da fehlt Gott dann nicht. Da wird keine Vollmacht vermisst.

Auch hier in Matthäus 23 war es so: Die Schriftgelehrten hatten das Wort, das alte Testament, zusätzlich den Talmud. Jemand, der wirklich eine Vollmacht von Gott hat, ist da nur im Wege.

Aber Gott steht hinter den Leuten, die er bevollmächtigt.

Und eine Weile können diejenigen, die den Bevollmächtigten abgelehnt haben, immer noch behaupten, sie hätten richtig gehandelt, denn die Erfolglosigkeit des Bevollmächtigten zeigt ja, dass er ein Blender war.

Das war praktisch bei allen uns näher bekannten Propheten des Alten Bundes so.

Aber irgendwann merken es halt doch recht viele Leute, dass da keine Vollmacht mehr ist.

Nicht zwangsläufig für immer

Jesus geht also weg. Gott zieht seinen Bevollmächtigten ab. Damit zieht aber auch Gott selber ab.

Es wäre eigentlich gerecht, wenn das dann für immer ist.

Aber so ist Gott nicht.

Auch die Schriftgelehrten haben eine Chance, wieder mit dem Bevollmächtigten Gottes zusammen zu kommen und damit auch selbst in den Genuss der damit verbundenen Vollmachten zu kommen.

Dazu müssten sie eigentlich nur den Bevollmächtigten anerkennen. Und damit natürlich auch den anerkennen, der den Bevollmächtigten geschickt hat.

Sie müssten nur das sagen, was vorher schon die Kinder im Tempel und die Leute bei dem Esel gesagt haben: „Gepriesen sei, der der kommt im Namen des Herrn.“

Denn es ist Gott wichtig, dass seine Kraft auf der Erde wirkt.

Es ist Gott wichtig, dass seine Bevollmächtigten handeln können.

Gott hat keinen Gewinn von der Gottlosigkeit.

Aber Perlen vor die Säue ist auch nicht seine Art.

Aber wenn die Schriftgelehrten umkehren würden und Gottes Bevollmächtigten anerkennen würden …

Umkehren ist sowas von nützlich!

Die eigene Meinung ändern kann soviel bringen!