Vollmachtsrede Nummer 4 vom 18.10.2020

Wir betrachten heute genau den gleichen Text, den wir auch letzte und vorletzte Woche schon betrachtet haben.

Und es kommt noch schlimmer: Lukas hat den Text, den wir letzte Woche bei Markus gelesen haben, wörtlich abgeschrieben.

Gut: 5 Wörter hat er weggelassen.

Und er bringt den Text an der völlig falschen Stelle. Lukas richtet ein zeitliches Durcheinander an.

Denn in Lukas 4 wird zuerst berichtet, was in Nazareth geschah. Und dort wird schon auf das Bezug genommen, was in Kapernaum geschehen ist. „Alles, was wir gehört haben, dass es in Kapernaum geschehen sei, tu auch hier in deiner Vaterstadt!“ (Vers 23).

Dabei werden doch die Ereignisse in Kapernaum erst hinterher berichtet!

Also es wird vorher zitiert, was erst hinterher passiert.

Aber bitte: Der Text, den wir schon aus den letzten zwei Vollmachtsreden kennen, nun noch einmal: Lk 4,31

31 Und er kam nach Kapernaum hinab, einer Stadt in Galiläa, und lehrte sie an den Sabbaten. 

32 Und sie erstaunten sehr über seine Lehre, denn sein Wort war mit Vollmacht.

Und hier fehlt jetzt: „Und nicht wie die Schriftgelehrten“. Denn Lukas wollte nicht den Unterschied zu den Schriftgelehrten zeigen. Dieser Unterschied war für den heidnischen Leser seines Evangeliums egal.

Noch mehr Vollmacht

Jetzt kommt dann der Dämon, bekennt Jesus als den Heiligen Gottes, und Jesus treibt den Dämon aus. Alles wie vorige Woche in Markus 1.

Und am Ende heißt es, wie letzte Woche auch schon:

36 Und Entsetzen kam über alle, und sie redeten untereinander und sprachen: Was ist dies für ein Wort? Denn mit Vollmacht und Kraft gebietet er den unreinen Geistern, und sie fahren aus. 

Aber diese Vollmacht hatte Jesus doch in Nazareth auch schon gehabt!

Aber in Nazareth, so wissen wir, ist überhaupt nichts Übernatürliches passiert.

Dabei hat Jesus seine Vollmacht in Nazareth sogar durch Zitieren von Jesaja 61,1 beschrieben. Denen in Nazareth hat er erklärt, worin sein Auftrag bestand. Die in Kapernaum, die mussten selber drauf kommen, dass da irgendwas besonders war!

Lukas hat die Texte in dieser Reihenfolge und mit diesem Ausdruck geschrieben, weil er nicht etwa den Unterschied zwischen Jesus und den Schriftgelehrten aufzeigen wollte, sondern den Unterschied zwischen Nazareth und Kapernaum.

Zwischen da, wo die Vollmacht funktioniert, und da, wo sie nicht funktioniert.

Jesus und die Freiheit

Als Jesus auf der Erde lebte, hatte er die Vollmacht über den Teufel, und er hatte eine Vollmacht auf Gottes Schatzkammer. Was Jesus von Gott wollte, hat er bekommen.

Aber Jesus hatte keinerlei Vollmacht über die Menschen.

Nicht über die in Nazareth, nicht über die im Hohen Rat, nicht über Pilatus.

Und das hat mit der vielleicht größten Regel zu tun, an die Gott sich hält:

Der Mensch ist frei.

Entscheidung A

Der Teufel kann sich nicht entscheiden, ob er Jesus gehorcht oder nicht.

Gott kann sich nicht entscheiden, ob er den Willen seines geliebten Sohnes tun will.

Aber der Mensch hat die Wahl, ob der den Willen Jesu tun will.

Entscheidung B

Der Teufel hat keine Freiheit, ob er die Vollmacht Jesu anerkennen will.

Gott hat keine Freiheit, ob er die Vollmacht Jesu anerkennen will. Er hat sie ihm ja schließlich verliehen.

Der Mensch hat die Wahl, ob er die Vollmacht Jesu anerkennt oder ob er es sein lässt.

Praktische Anwendung

Für die Christen und die Gemeinden heute heißt das genau das Gleiche.

Wenn Gott einem Christen nach Römer 12,8 die besondere Gabe der Barmherzigkeit gibt – wenn dieser Gläubige also Menschen in Schwierigkeiten besonders gut helfen kann – und damit sind nicht nur materielle Schwierigkeiten gemeint, sondern auch solche, wo Menschen sich selber im Wege stehen durch ihren Charakter oder ihr Denken, und denen will man jetzt helfen, damit sie es ein bisschen leichter mit sich und ihren Mitmenschen haben –

aber wenn der schwierige Mensch nicht will, weil er schon die Behauptung eine Unverschämtheit findet, dass er Hilfe brauche – er sei doch intelligent und stark und selbstständig – dann kann der Bevollmächtigte mit seiner Vollmacht nichts anfangen. Er muss unverrichteter Dinge von dannen ziehen.

Wenn ein Christ ebenfalls nach Römer 12,8 die besondere Gabe der Gemeindeleitung hat, des Vorstehens, wie es dort heißt. Und er weiß von Gott, wie man diese eine bestimmte Gemeinde wieder auf die Spur bringt, welche Maßnahmen nötig sind und für welches Vorgehen man sich entscheiden müsste – wenn die Gemeinde nicht will, nützt dem Bevollmächtigten seine Vollmacht gar nichts.

Das geht sogar soweit, dass man einen Dämon nicht aus einem Menschen austreiben kann, wenn der Mensch das nicht will.

Wenn der Mensch findet, dass seine Absonderlichkeit, die er durch den Dämon hat, ihm ja auch eine gewisse Macht verleiht, und wenn man den Dämon austreibt, dann verliert er ja auch diese Macht – da kann der Gläubige dem Dämon Befehle erteilen, bis er ausgefranste Lippen hat. Der Dämon wird bleiben.

Der Dämon ist selbst zwar nicht frei, aber der betroffene Mensch ist frei in seiner Entscheidung.  

Schlusswort

Als Gläubige können wir eine Vollmacht und die damit verbundenen Rechte bekommen über die unsichtbare Welt, über die Paralleluniversen:

  • Wir können Vollmacht über den Teufel haben, weil wir hierarchisch über ihm stehen. Der Teufel ist besiegt, wir gehören zur Mannschaft des Siegers.
  • Wir können Vollmacht erhalten über Gottes Schatzkammer und Gottes Willen, weil Gott uns diese Rechte eingeräumt hat.

Aber egal, wie groß die Rechte sind, die wir in der unsichtbaren Welt haben: Die Freiheit der Menschen ist so wichtig und so groß, dass wir niemals Macht über die Menschen bekommen werden.

Menschen sind nach Gottes Willen frei.