Vollmachtsrede Nummer 37
Apostelgeschichte 19,11–16 (ELB)
11Und ungewöhnliche Wunderwerke tat Gott durch die Hände des Paulus,
12sodass man sogar Schweißtücher oder Schurze von seinem Leib weg auf die Kranken legte und die Krankheiten von ihnen wichen und die bösen Geister ausfuhren.
13Aber auch einige von den umherziehenden jüdischen Beschwörern unternahmen es, über die, welche böse Geister hatten, den Namen des Herrn Jesus anzurufen, indem sie sagten: Ich beschwöre euch bei dem Jesus, den Paulus predigt!
14Es waren aber sieben Söhne eines jüdischen Hohen Priesters Skevas, die dies taten.
15Der böse Geist aber antwortete und sprach zu ihnen: Jesus kenne ich, und von Paulus weiß ich. Aber ihr, wer seid ihr?
16Und der Mensch, in dem der böse Geist war, sprang auf sie los und bezwang sie miteinander und überwältigte sie, sodass sie nackt und verwundet aus jenem Haus entflohen.
Im richtigen Leben haben Zauberer und Geisterbeschwörer und mit ihnen alle echten Medien ein massives Problem: Die Welt und die Kräfte, die sie anzapfen, sind schwer zu kontrollieren.
Die Menschen haben sehr wenig Einfluss auf die dunkle Seite des Jenseits, und es passiert nicht immer das, was der Okkultist erwartet. Wenn Onkel Hugo sich bei der Totenbefragung einfach nicht meldet oder der Tisch beim Tischerücken die falsche Antwort gibt.
Da weckte das Auftreten des „Namens Jesu“ natürlich große Hoffnungen. Denn die Okkultisten konnten sehen, dass die Dämonen absolut und aufs Wort gehorchen mussten, wenn Christen ihnen im Namen Jesu Befehle erteilten.
Allerdings hatten die Okkultisten die Sache mit der Vollmacht nicht verstanden.
Denn im Bereich der Magie funktioniert vieles so, dass man die richtige Formel kennen muss, die richtige Bewegung draufhaben muss, den richtigen Zeitpunkt kennen muss.
Es reicht nicht, das richtige Kraut bei Vollmond zu schneiden; man muss es auch vor Sonnenaufgang über verdampfendem Salzwasser schwenken, und zwar in die richtige Richtung und nicht über einem Fußboden aus neuem Holz.
Vieles läuft auch über den Gebrauch der richtigen Worte. Man muss den Geist dreimal anrufen, man muss den Satz ohne Unterbrechung sagen, und man muss den richtigen Satz kennen. „Tischlein deck dich“ und „Sesam öffne dich“, so bekommt man Macht über die unsichtbare Welt.
Und das funktioniert auch tatsächlich. Nicht nur damals in Ephesus. Generationen unserer Vorfahren haben auf diese Weise erfolgreich Warzen besprochen und das Pendel um Antworten befragt, und im zweiten Weltkrieg hat die deutsche Marine gependelt, um die Position feindlicher Schiffe herauszubekommen.
Wobei die Christen hier nicht von oben herab sprechen müssen. Wer an seine Gebete den Spruch „im Namen Jesu, Amen“ dranhängt, macht genau das Gleiche. Er benutzt einen Zauberspruch, um sein Gebet Gott wohlgefällig zu machen. Würde einem auf der Bank ja nicht einfallen. Wenn man in Tante Gertruds Namen eine Überweisung von Tante Gertruds Konto veranlasst, sagt man natürlich nicht „in Tante Gertruds Namen, Amen“. Weil man schon weiß, dass das nicht funktioniert. Sondern man füllt das Überweisungsformular ordnungsgemäß und wahr aus, und dann ist es in Tante Gertruds Namen, ohne Hokuspokus.
Was einem in Tante Gertruds Namen nicht in den Sinn käme, ist für Jesu Namen immer noch zu gebrauchen.
In der evangelischen Kirche gibt es ein ähnliches Problem: Dort gibt es die weitverbreitete Ansicht, dass das Abendmahl nicht gültig ist, wenn nicht vorher die Einsetzungsworte gesprochen wurden. Und zwar nach dem Text der Lutherbibel, immer gleichlautend. Ein Zauberspruch, der aus dem Abendmahl erst das Abendmahl macht.
Wer wen nicht kennt
Wenn der Dämon den Söhnen des Hohepriesters antwortet, dass er sie nicht kennt, dann meint er nicht, dass er nicht weiß, wen er vor sich hat.
Sondern er meint das in dem Sinn, wie wir es wissen, wenn wir jemanden mit Vollmacht vor uns haben: Man erkennt die Polizisten an der Uniform, und dann weiß man, dass man gehorchen muss. Dazu muss man den Namen des Polizisten nicht kennen.
Man erkennt den Kapitän oder den Piloten oder den Zugbegleiter am Abzeichen und weiß dann, dass diese Person hier Hausrecht hat.
Der Dämon meint also: Die Vollmacht von Jesus kenne ich, die von Paulus auch, aber ihr habt offensichtlich keine.
Und da diese Welt das Reich des Satans ist, ist das Böse im Zweifelsfall immer stärker als die Menschen. Außer, die Menschen haben tatsächlich eine Vollmacht von dem, dem alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden.
Diese Vollmacht ist aber absolut individuell, rein personengebunden. Sie ist abhängig vom Innewohnen des Heiligen Geistes in dem entsprechenden Menschen.
Das ist anders als oft: Die Priester im Judentum hatten ihre Vollmacht z.B. durch ihre Abstammung. Wer zu ihrer Gruppe gehört, hat die Vollmacht, priesterlich zu handeln. Das ist unabhängig von seinem Lebensstil oder seiner sonstigen Haltung.
Genauso funktioniert es Amtspersonen in Deutschland: Ein Polizist hat die Vollmacht, weil er Polizist ist. Nicht weil er über besondere persönliche Eigenschaften verfügt.
Und heute?
Eigentlich ist es so gedacht, dass jeder Christ die Vollmacht hat, dem Bösen zu befehlen oder sich den Befehlen des Bösen gegenüber wirksam zur Wehr zu setzen. Das hängt damit zusammen, dass Jesus das Böse ganz und gar besiegt hat.
Nun ja. Wie die Realität aussieht, wissen Sie vermutlich selbst:
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Es fängt schon damit an, dass die Christen über diese ihre Vollmacht überhaupt nicht informiert sind. Eine Vollmacht, über die man nichts weiß, kann man auch nicht anwenden.
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Viele Christen sind noch nicht einmal über die reale Macht des Bösen informiert. Sie denken, das Böse sei irgendwie eine philosophische Größe, vielleicht ein Prinzip. Sie gehen davon aus, dass man mit richtiger Politik und ausreichender Bildung dem Bösen das Wasser abgraben kann. Darum brauchen sie natürlich keinerlei Vollmacht.
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Infolgedessen haben diese Christen auch nach 30 Jahren „im Glauben“ noch nie einen Dämonen gehört. Kein Wunder: Der Teufel arbeitet versteckt, denn wenn die Menschen wüssten, dass es den Teufel tatsächlich gibt, hätte er schon verloren. Bemerkbar machen sich Dämonen darum nur, wenn sie mit einem Menschen mit Vollmacht konfrontiert sind. (Ja, ist ein Teufelskreis.)
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Sodann ist für eine solche Vollmacht ein gewisses Maß an Glaube, Hingabe, Heiligkeit vonnöten. Der Teufel merkt, wieviel Jesus in einem Menschen steckt, und auch die Apostel standen gelegentlich vor der Tatsache, dass sie einen Dämon nicht austreiben konnten. Und bekamen dann von Jesus eine entsprechende Antwort: „Wegen Eures Unglaubens.“ Christlichkeit alleine führt nicht zu Vollmacht.
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Schließlich braucht Vollmacht auch immer den Mut, sie anzuwenden. Wenn Sie es nie ausprobiert haben, ob sie eine gewisse Vollmacht haben, können Sie nicht sicher sein, dass es so ist. Und gerade was Dämonen angeht: Die können schon recht laut sein. Im Bluffen ist der Teufel groß. Wer es mit der Angst zu tun bekommt und den Kampf beendet, weil der Dämon zu brüllen anfängt, der darf noch mal in den Glaubenskurs gehen.
Und wenn Sie dann noch Angst vor der Blamage haben, falls Ihre Vollmacht nicht funktioniert, dann stehen Ihrer Vollmacht jede Menge Hindernisse im Weg. Kurz gesagt: So wird das nichts.
Bleibt also letztlich die Frage: Wenn Sie auf einen bösen Geist treffen - wird er sie kennen? Nicht dem Namen nach, sondern nach der Vollmacht. Wird er erkennen, dass in Ihnen ein stärkerer Geist wohnt, und dass mit Ihnen ein Mächtigerer die Bühne betreten hat?
Wenn Sie allerdings in der Demutsfalle stecken, haben Sie schon verloren. Wenn Sie als Christ nur bescheiden und zurückhaltend und niedrig sein dürfen, hat Lukas an dieser Stelle seine Tinte vergeudet.
Wenn Sie es bevorzugen, mit dem Bösen zu diskutieren, um es zu überzeugen, wird das Böse gewinnen.
Wenn Sie freundlich und zuvorkommend sein wollen, weil Sie ein höflicher Mensch sind und von kultivierter Lebensart, werden Sie nicht weiterkommen.
Wer im Namen Gottes spricht, der verhandelt nicht mit dem Bösen. Ein Gewinner diskutiert nicht mit dem Teufel, und der Mächtigste aller Universen sagt nicht „bitte“.
Wer eine Vollmacht hat und dann Verhandlungen startet, der hat es nicht verstanden.