Verantwortung in der Gemeinde
Das Problem ist bekannt: In Gemeinden und Vereinen findet sich niemand, der Verantwortung übernehmen will. In der Nähe von Heidelberg wurde kürzlich ein Sportverein mit 200 Mitgliedern aufgelöst, weil sich niemand fand, der sich zum Vorstand wählen lassen wollte.
Der erste Teil des Problems ist so alt, dass schon Bismarck sich dazu geäußert hat („Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit“) und vor ihm Paulus mit den Korinthern das gleiche Elend hatte: Wer Verantwortung übernimmt, wird kritisiert. Und zwar in vielen Fällen auf eine Art, die jede Sachlichkeit vermissen lässt. Bei den Korinthern wurde die gesamte Autorität des Paulus in Frage gestellt, weil Paulus rhetorisch nicht so gut war wie Apollos.
Und in der Regel wird die meiste Kritik von Leuten geäußert, die es selber nicht ansatzweise so gut können wie der kritisierte. Gerade in der ehrenamtlichen Arbeit kommt es häufig vor, dass die, die am wenigsten beitragen und die geringsten Leistungen erbringen, am kräftigsten kritisieren.
Und da die Menschen das wissen, haben sie keine Lust, Verantwortung zu übernehmen und gewohnheitsmäßigen Kritikern dadurch ein gefundenes Fressen zu servieren.
Der zweite Teil des Problems liegt in den Umständen der modernen Zeit:
Die Kanäle, auf denen man kritisieren kann, haben sich vermehrt. Man kann das Ergebnis einer fremden Arbeit auch in den Netzwerken posten und seine hämischen Kommentare dazu abliefern. Man kann das eigene Missfallen einer weltweiten Öffentlichkeit vorstellen. Und manch einer hat eben keine Lust, auf Facebook durchgehechelt zu werden.
Die Vergleichsmöglichkeiten sind enorm gewachsen. Dank der weltweiten Vernetzung kann man meine Predigten mit den Top-Predigern der Welt vergleichen, und das Theaterstück der Jugendgruppe wird mit professionellen Videoprojekten verglichen und kann damit natürlich nicht mithalten.
Das Ergebnis der vielen Kritiker ist dann entweder, dass gar nichts geschieht, oder dass in Gemeinden und Vereinen Entscheidungen getroffen werden, die den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellen und darum lau, profillos und nichtssagend sind. Minimallösungen, weil jeder größere Wurf von vornherein jemanden findet, der ihn zerschießt. Mit dem mutigen und entschlossenen Handeln Jesu hat das dann nichts mehr zu tun.
Lösung
Um in der Gemeinde Verantwortung zu übernehmen, muss man heutzutage auf sehr festen Füßen stehen. Diese Füße bestehen daraus,
- dass ich tatsächlich eine Berufung von Gott habe und sowohl die Berufung als auch ihre Grenzen kenne. Die Berufung muss wirklich und nachweislich von Gott kommen und nicht von Gemeindegliedern, die froh sind, einen Dummen gefunden zu haben. Und die Grenze meiner Berufung ist nicht ein Zeichen meiner kompletten Unfähigkeit. Sie ist einfach nur die Grenze, bis zu der Gott mich bevollmächtigt hat.
- dass ich weiß, was richtig ist. Dass ich nicht raten muss, sondern meine Entscheidungen vertreten kann. Vertreten, nicht unbedingt begründen. Ich könnte nämlich in den einzelnen Fragen Gott um Weisheit bitten – also Gott fragen, was ich machen soll, wie ich mich verhalten soll, wie ich entscheiden soll. „Gott hat es mir so gesagt“ ist aber keine Begründung, der die anderen gehorchen müssen. Der Einzige, der hier gehorchen muss, bin ich.
- dass ich bei allem Gemeckere und Kritisieren Gott hinter mir weiß. Dass ich mich in Gott geborgen weiß und weiß, dass die gültige und zuverlässigste Meinung über mein Handeln von Gott kommt und nicht von Hinz und Kunz.