Sklaverei in der Bibel
Dieser Artikel behandelt die Frage, wie die Bibel mit dem Problem der Sklaverei umgeht.
Dieser Artikel macht weder politische noch gesellschaftliche Aussagen über unsere heutige Zeit, und stellt auch keinerlei politische oder gesellschaftliche Forderungen. Er beschreibt nur, was die Bibel zu diesem Thema sagt und warum sie es sagt.
Sklaverei im Alten Testament
"Freiheit" ist das große Thema, um das es Gott geht. Darum wird im Alten Testament immer wieder betont, dass Gott die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat und dass er auf keinen Fall will, dass seine Leute wieder zu Sklaven werden. Denn dann wäre die Befreiung aus Ägypten ja umsonst gewesen.
Folglich gab es im Alten Testament strenge Regeln für den Fall, dass ein Israelit sich aus Not heraus einem anderen Israeliten als Sklave verkaufen musste.
- Das Sklavenverhältnis war auf sechs Jahre begrenzt, danach war der Sklave freizulassen. (Deut 15,12)
- Falls ein Halljahr (=Jobeljahr) dazwischen kam, musste der Sklave zu Beginn des Halljahres freigelassen werden, auch wenn seine 6 Dienstjahre noch nicht um waren (Lev 25:14).
- Wurde er freigelassen, musste so finanziell so ausgestattet werden, dass er ein Leben als Freier führen konnte (und sich nicht grad wieder dem Nächsten verkaufen musste).
- Der Sklave durfte nicht wie ein Sklave behandelt werden, sondern wie ein Tagelöhner oder Beisasse - alle Rechte, die freie Ausländer in Israel hatten, hatte er ebenfalls.
- Das Sklavesein konnte nicht vererbt werden - wurde der Sklave frei, wurden seine Kinder automatisch auch frei.
- Wenn ein Israelit einen anderen Israelit raubte (also kidnappte) und ihn zum Sklaven machte, ganz egal ob er ihn behielt oder ihn verkaufte, stand darauf die Todesstrafe (Deut 24,4 und Ex 21,16).
- Wenn ein Israelit seine Tochter verkaufte, durfte der Eigentümer sie nicht an einen Ausländer weiterverkaufen. Sondern wenn sie ihm nicht gefiel, musste er sie wieder freilassen, ohne finanzielle Gegenleistung. Und wenn er sie als Frau für seinen Sohn gekauft hatte, dann galten nicht die Sklavenrechte für sie, sondern die Rechte freier Töchter.
Diese Regeln galten aber nur für Sklaven israelitischer Herkunft! Ausländische Sklaven durften die Israeliten haben, und für diese galten die oben angeführten Beschränkungen nicht! Bei ihnen war die Sklaverei auch vererbbar, d.h. die Kinder eines ausländischen Sklaven wurden ebenfalls Sklaven.
Verboten war es nur, den Sklaven zu töten. Außerdem fanden einige der Regeln für den Umgang mit Ausländern ("Fremdlingen") auch auf die Sklaven Anwendung. Und in die religiösen Feste waren die Sklaven eingebunden, sie durften und sollten mitfeiern, und auch der Sabbat galt für die ausländischen Sklaven.
Gott hatte nämlich niemals die Absicht, weltweite Regelungen einzuführen, die für alle Menschen überall gelten sollten. Sondern Gottes Ziel war es, dass alle Menschen, die die Staatsbürgerschaft seines Reiches hatten, frei sein sollten. Gottes Reich sollte sich von allen anderen Reichen dieser Welt durch seine Freiheit unterscheiden.
Sklaverei im Neuen Testament
Als Jesus lebte, gab es in den ländlichen Gegenden Israels praktisch keine Sklaven, deren Sklavenhalter Jude war. Einzig in den großen Städten kam es gelegentlich vor, dass die reichen Juden Sklaven hatten. Somit war das Problem der Sklaverei als jüdisches Problem kaum vorhanden.
Allerdings war man deshalb mit dem Problem konfrontiert, weil die Römer, die im Land lebten, eine große Zahl Sklaven hatten, und sowie man Israel verließ, wurde die Frage relevant, denn es gab im römischen Reich Städte, die mehr Sklaven als Freie als Einwohner hatten.
Jesus blieb hier allerdings dem Alten Testament treu und hat zur Versklavung von Ausländern nichts gesagt. Den Sklaven des römischen Hauptmanns in Kapernaum hat er zwar geheilt, aber dessen Freilassung hat er nicht verlangt.
Auch Paulus kennt im Korintherbrief kein Wort gegen die Sklavenbesitzer, sondern wendet sich einzig an die Sklaven. Und dreimal (1.Kor 7,17+20+24) fordert er, dass jeder, der Christ wird, in dem Stand bleiben soll, in dem er berufen worden ist - also der Sklave soll ruhig Sklave bleiben, wenn er zu Jesus gehört. Die Wendung in 1.Kor 7:21 ist nicht eindeutig: Es kann heißen, dass man die Freiheit annehmen soll, wenn sie einem angeboten wird, oder lieber Sklave bleiben soll.
Hintergrund dieser Äußerungen ist, dass wer als Sklave nicht Gott dienen kann, es als Freier erst recht nicht können wird. Äußerliche Freiheit ist sicher etwas schönes, und die Bibel sagt gar nichts dagegen, aber äußere Freiheit ohne innere Freiheit ist sinnlos, wohingegen bei innerer Freiheit die äußere Unfreiheit nicht hinderlich sein muss, denn Gott ist in der Lage, seine Macht und Herrlichkeit in jeder Situation zu zeigen und jeden Menschen im Übermaß zu segnen, ohne Beschränkung durch äußere Umstände.
Das sieht man im Übrigen auch daran, dass Paulus einige seiner besten Briefe im Gefängnis geschrieben hat. Gott lässt sich von der äußerlichen Unfreiheit seiner Leute nicht einschränken.
Beim Fall des Onesimus, der seinem Besitzer Philemon weggelaufen war, setzt Paulus wieder die Regeln des Alten Testamentes ein, denn das war die einzige Bibel, über die Paulus verfügte. Allerdings betrachtet er die Regeln des Alten Testamentes hier schon im Licht von Tod und Auferstehung Jesu, also im Licht noch größerer Freiheit und noch größer Möglichkeiten, als die Juden sie ohnehin schon hatten.
Das heißt, Paulus sagt zu Philemon: "Du brauchst Onesimus nicht erst nach 6 Jahren Dienst freizulassen, sondern wenn Du geheiligt und gesegnet bist, und wenn Onesimus geheiligt und gesegnest ist, dann kannst Du ihn eigentlich gleich freilassen." Paulus pocht also nicht auf die ohnehin großzügigen Regeln des jüdischen Gesetzes, sondern auf die Liebe, die Güte und die Großzügigkeit, die mit der Auferstehung Jesu losgetreten wurden und möglich geworden sind.
Theologische Zusammenfassung
Äußere Freiheit ohne innere Freiheit ist sinnlos. Frei sein im demokratisch-rechtstaatlichen Sinn, aber gefangen sein von Gewohnheiten, Süchten, Angst und Neid, mag nützlich sein für eine globalisierte Wirtschaft (denn die Werbung lebt von unseren Unfreiheiten), ist in Gottes Augen aber kein erstrebenswertes Ziel. Nur weil wir die Menschenrechte haben, ist die Fremdbestimmung und die Fremdsteuerung des Menschen leider noch nicht zu Ende.
Innere Freiheit kann mit äußerer Freiheit umgehen, braucht sie aber nicht zwingend. Innere Freiheit kann von äußeren Zwängen nicht besiegt oder zerstört werden.
Äußere Freiheit ist keineswegs ein erster Schritt zu umfassender Freiheit. Sprüche wie "Wir fangen mal mit der äußeren Freiheit an, dann haben wir wenigstens einen ersten Schritt getan, die weiteren Schritte gehen wir dann später" sind sachlich einfach Unfug. Noch nie in der Weltgeschichte hat äußere Freiheit zu innerer Freiheit geführt. Denn innere Stärke wächst nicht durch die Verringerung des äußeren Widerstandes.