Kamel und Nadelöhr

Jesus verallgemeinert in Mt 19:24 seine Erfahrungen mit dem wohlhabenden Yuppie dahingehend, dass er behauptet, ein Reicher hätte kaum eine Chance, in das Reich Gottes zu kommen. Eher gehe schon Kamel durch ein Nadelöhr.

Die Reaktion der Jünger auf diese Ansage ist aber nicht erwartungsgemäß. Da die meisten der Apostel vermutlich zur ärmeren Bevölkerungsschicht gehörte, würde man etwas in die Richtung "Recht so, Jesus! Zeig es Ihnen!" erwarten.

Sie ziehen aber stattdessen in Zweifel, ob dann überhaupt jemand gerettet werden kann.

Denn die Apostel haben verstanden, dass es hier nicht um Geld geht. Es geht nicht um Kapitalismus, Umverteilung oder finanzielle Gerechtigkeit.

Sondern es geht darum, dass der Mensch, wenn Gott ihn vor die Wahl "Geld oder Leben" stellt, dazu neigt, die falsche Wahl zu treffen. Nein, noch mehr: Wenn Gott den Menschen vor die Wahl stellt "X oder Leben", dass der Mensch dann falsch wählt. Wobei "X" dann für Geld oder für eine Haltung oder für einen Menschen oder für was auch immer stehen kann.

Gott ist der festen Überzeugung, dass er der Wichtigste auf der Welt ist. Man mag diese Haltung für arrogant halten, aber Gott duldet keine Konkurrenz neben sich. Das Alte Testament drückte das immer so aus, dass es sagte, Gott sei ein eifersüchtiger Gott. Wenn irgendjemand oder irgendetwas Gott die Stellung streitig machen will, dann geht mächtig die Post ab.

Und wenn Gott einen Menschen vor die Wahl stellt, sich zu entscheiden zwischen Gott und irgendetwas anderem - und Gott ist kein Spieler, der solche Entscheidungen spaßeshalber verlangt - und der Mensch sich nicht richtig entscheiden kann, dann haben wir letztlich einen Fall von Götzendienst vorliegen.

Gott will das Wichtigste sein in unserem Leben, die einzige Stütze unseres Lebens und unserer Sicherheit, und er will geliebt werden mit ganzem Herzen und nicht mit 80% des Herzens.

Und wenn Gott uns auffordert, wegen ihm etwas Anderes aufzugeben, und wir machen es dann nicht, dann haben wir uns in Gottes Augen gegen ihn (und für das Andere) entschieden.

Und weil die Apostel erkennen, dass die meisten Menschen - ja sogar die meisten Christen - sich falsch entscheiden werden, darum sind sie an dieser Stelle so entsetzt.