Warum Jesus so sehr leiden musste

Warum musste Jesus eigentlich leiden, bevor er starb?

Die Notwendigkeit seines gewaltsamen Todes ist eine andere Frage. Aber wäre es nicht eine viel freundlichere Möglichkeit gewesen, wenn Judas dem Jesus im Schlaf mit dem Schwert den Kopf abgehauen hätte? Dann hätte Jesus nicht so lange leiden müssen wie am Kreuz.

Jesus musste, um als Opfer für unsere Sünden dienen zu können, selbst wirklich ohne Sünde sein. Ganz und gar. Wenn das Waschmittel schmutzig ist, wird die Wäsche nicht sauber. Wenn das Werkzeug billig war, wird es den wirklich schweren Anforderungen nicht standhalten, wird es die wirklich schwierigen Aufgaben nicht erfüllen können.

Ohne Sünde zu sein heißt aber, immer dem Willen Gottes entsprochen zu haben. Immer eins gewesen zu sein mit Gottes Willen. Die Bibel nennt das oft: immer „gehorsam“ gewesen zu sein.

Nun wäre es für Jesus kein Problem gewesen, immer Gott zu gehorchen, wenn Gott ihn als Prinzen zur Welt hätte kommen lassen, wenn Jesus all die Jahre auf einer Sänfte durchs Land getragen worden wäre, von ausreichend Security beschützt und immer mit Leuten um ihn herum, die Duftwässerchen versprühen, damit die schlechten Gerüche nicht seine Nase beleidigen. Wenn von Jesus nichts anderes verlangt worden wäre, als huldvoll zu grüßen und warme Reden zu halten und sich umfassend bedienen zu lassen, dann wäre es ein Leichtes gewesen, sündlos zu bleiben.

Aber wenn er dann in den Himmel gekommen wäre, und Gott hätte gesagt: „Guckt mal, mein Sohn, sündlos hat er gelebt!“ Da hätte wohl niemand Gott für voll genommen, und der Teufel hätte wohl gesagt, das hätte er unter solchen Umständen auch gekonnt.

Damit Jesus also definitiv und unwidersprochen ohne Sünde war, musste Gott von ihm das Allerschwierigste verlangen, was man von einem Menschen verlangen kann. Jesus musste dem Entsetzlichsten ausgesetzt werden, was ein Mensch erleben kann, er musste die furchtbarsten Erfahrungen machen, die denkbar waren.

Und diese Zumutungen mussten letztlich von Gott kommen. Auch wenn es natürlich Menschen waren, die Jesus schlugen und beleidigten und kreuzigten, so kam die Idee dazu von Gott. Jesus hatte von Gott den Auftrag, dieses durchzustehen.

Und wenn er unter diesen Bedingungen immer noch dem Willen Gottes gehorchte, oder mit dem Willen Gottes synchron ging, wenn er also selbst unter diesen Bedingungen sich Gott nicht widersetzte – dann war seine Sündlosigkeit unter den härtesten möglichen Bedingungen getestet, dann durfte sie als erwiesen angesehen werden.

Und darum musste Jesus nicht etwa als Schuldiger leiden, auch nicht als Unschuldiger, sondern als der, der eigentlich den Menschen das Allerbeste und den größten Segen bringen wollte (und de facto ja auch gebracht hat). Ein Unschuldiger hätte einfach nichts gemacht und wäre zu Unrecht getötet worden, aber Jesus hat das positive Gegenteil von „nichts“ gemacht und ist hingerichtet worden. Wir haben es also nicht mit einem Justizirrtum zu tun, sondern mit einem Justizmord. Es wurde nicht ein Unschuldiger hingerichtet, der nichts getan hatte, sondern einer, der Segen über Segen gebracht hatte.

Darum musste Jesus auf jede denkbare Weise erniedrigt werden, obwohl er ja eigentlich der Höchste aller Hohen war. Wenn er sich in dieser Situation nicht rächte und die Rache tatsächlich Gott überließ, dann war bewiesen, dass er sich wirklich Gott unterwarf, also ohne Sünde war.

Und darum musste er die schlimmsten körperlichen Qualen erleiden, die in diesem Zusammenhang denkbar waren – es durften aber nicht die Qualen einer chronischen Krankheit sein, sondern sie mussten im Zusammenhang mit seinen Leiden (Erniedrigung, Justizmord) stehen. Wenn er das aushielt, ohne sich gegen Gott aufzulehnen, dann war seine Sündlosigkeit unanfechtbar bewiesen, und dann konnte Gott diese Tatsache zugunsten der Menschen einsetzen.