Kindersegnung

Ein langer Tag. Viele Reden, Heilungen, Erklärungen. Ein Ereignis des langen Tages: Irgendwelche Leute brachten ihre Kinder, damit Jesus sie segne. Eine Sache von 3 Minuten. Nichts außergewöhnliches. Wäre uns auch nicht berichtet worden, wenn die Jünger das nicht hätten verhindern wollten.

Weil die Jünger das aber verhindern wollten, darum musste Jesus das richtigstellen. Und segnete die Kinder.

Ungeplant. Ohne Anlauf. Ergab sich so. Und bekam seine Bedeutung vor allem dadurch, dass die Jünger dagegen waren.

Jesus hätte die Kinder ansonsten auch gesegnet. Und niemand hätte es uns berichtet.

Und was machen die heutigen Christen aus diesem eher zufälligen Vorgang?

Nachdem man ihnen die Kindertaufe (zurecht) weggenommen hat?

Sie machen daraus einen liturgischen Akt.

Ein einmalig im Leben eines Menschen zu vollziehendes Ereignis.

Zu dem man Oma und Opa, Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen und die ganze Bagage einlädt und Kaffee und Kuchen und feierliche Stimmung und festliche Klamotten liefert.

So was ähnliches wie die Wiedereinführung der Kindertaufe durch die Hintertür.

Nein, es ist nichts falsch daran, wenn der Pastor (oder wer auch immer) ein Kind segnet. Jedesmal wenn er es sieht. Oder gelegentlich aus einem Impuls heraus. Oder wenn er sich selbst besonders gesegnet fühlt und das weitergeben will.

Wenn man aber aus einem einmaligen, zufälligen Ereignis im Leben Jesu, das zudem nur berichtet wurde, weil da etwas schiefgegangen ist – wenn man aus einem solchen Ereignis einen einmal im Leben zu vollziehenden liturgischen Akt macht, auf den gute christliche Eltern besser nicht verzichten – dann ist es sicher falsch.

Weiter Anwendungsvorschläge

Vor allem müsste man erklären, warum man dann aus den folgenden, einmaligen Ereignissen im Leben Jesu keinen liturgischen Akt macht, aus der Kindersegnung aber schon:

  • Die Verfluchung des Feigenbaumes (Mt 11,13 und Mt 21,19). Jeder Mensch lädt einmal in seinem Leben die ganze verwandtschaftliche Mischpoke ein und verflucht einen Baum. Oder lässt vom Pastor einen Baum verfluchen. Hinterher Kaffee und Kuchen.
  • Die Sandschreibung (Jh 8,6+8). Jeder Christ lädt einmal im Leben nah und fern ein, und dann schreibt der Pastor etwas extra für diesen Christen in den Sand.
  • Die Fußwaschung. Oha, da ist sogar schon jemand drauf gekommen, hieraus einen liturgischen Akt zu machen.
  • Die Weherufung (Mt 11,20). Der Gläubige lädt alle ein und ruft ein Wehe über ausgesuchte Städte aus, in denen Jesus nicht besonders akzeptiert wird: Teheran, Ulan Bator, Kabul. Oder, je nach konfessioneller Haltung: Vatikan, Kiew, Wittenberg.
  • Hat den Vorteil, dass nicht nur Jesus es gemacht hat, sondern auch Petrus. Der theologische Unterbau ist also relativ stabil. Könnte man mit einer zünftigen Poolparty kombinieren.

Das besonders Falsche

Das besonders Falsche bei der ganzen Aktion ist aber, dass man die Kindersegnung aus Angst heraus macht.

Man fürchtet, dass Jesus das Kind weniger segnet, wenn der liturgische Akt nicht stattgefunden hat. Also da will man doch auf der sicheren Seite sein.

Das hat dann allerdings mit Vertrauen in Gott nichts mehr zu tun.

Das ist Misstrauen. Ich misstraue Gott, ob er wirklich, wenn ich die Handlung weglasse …

Und es ist Aberglaube.

Ich fasse den Schornsteinfeger an, weil das Glück bringt. Ich lasse mein Kind segnen, weil das dann … gesegneter ist als andere Kinder?

Angst ist für einen Christen ein denkbar schlechtes Motiv, und Jesus nannte es mehr als einmal „Kleinglauben“ und hat es keineswegs gelobt.

Fazit

Jesus ist u.a. auch gekommen, um den Gläubigen die Freiheit von den Ritualen der Gläubigkeit zu bringen. Dass wir abhängig sind von Gott und nicht von der Durchführung von Ritualen.

Tja, Jesus, war wohl nichts.