Gottes Gerechtigkeit

Römer 1,16-17

16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. 

17 Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: »Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.«

Weil das für eine Predigt zu lang ist, habe ich den Vers 17 mal so zusammengefasst:

„Gottes Gerechtigkeit wird im Evangelium offenbart aus Glauben zu Glauben.“

Die Gerechtigkeit des Media Marktes

Das erste, was wir definieren müssen, ist Gottes Gerechtigkeit.

Denn die wird ja schließlich im Evangelium sichtbar.

Was ist die Gerechtigkeit des Mediamarktes?

Ich gebe denen 35 Euro, und ich bekomme dafür einen Toaster.

Das ist eine schöne Gerechtigkeit, denn ich bringe etwas hin, nämlich 35 Euro, und ich nehme auch wieder etwas mit, nämlich den Toaster.

Der Media Markt und ich, wir befinden uns auf der gleichen Ebene, und es findet zwischen uns ein Ausgleich statt:

Ich bin zwar um 35 Euro ärmer, aber um einen Toaster reicher.

Und der Media Markt ist um 35 Euro reicher, aber um einen Toaster ärmer.

Der Media Markt und ich sind in diesem Sinne gleichberechtigt. Ich muss nicht zum Media Markt gehen, kann mich ja keiner zu zwingen, aber der Media Markt muss auch seinen Laden nicht aufmachen oder er braucht keine Toaster anzubieten, kann ihn ja keiner zu zwingen.

Das funktioniert jetzt nicht nur zwischen mir und dem Media Markt, sondern auch zwischen mir und den anderen Menschen auf der Erde.

Ich bin höflich zu dir, du bist höflich zu mir, haben wir beide ein bisschen Höflichkeit gegeben und ein bisschen Höflichkeit gewonnen.

Der Maßstab bei dieser Form der Gerechtigkeit ist der Ausgleich. Beide Parteien gewinnen oder verlieren gleichviel.

Die Gerechtigkeit des Erdogan

Jetzt gibt es natürlich auch die Gerechtigkeit des Erdogan.

(Sie können für „Erdogan“ auch einen anderen Namen eines Menschen von ähnlichen Qualitäten einsetzen.)

Die Gerechtigkeit des Erdogan lautet: „Wenn es mir nützt, ist es rechtens. Wenn es mir nicht nützt, ist es Unrecht.“

Der Maßstab für diese Form der Gerechtigkeit ist Erdogan.

Nur Erdogan gewinnt.

Wenn Erdogan auch jemand anderen gewinnen lässt, dann nur, weil er selbst dadurch noch mehr gewinnt.

Die Gerechtigkeit des Geldes

Anderes Beispiel: Die Gerechtigkeit des Geldes.

Die ist ganz einfach: Geld geht immer dahin, wo schon welches ist.

Und je mehr Geld da schon ist, umso mehr Geld geht dorthin.

Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.

Man kann das volkswirtschaftlich erklären. Denn Geld hat die Möglichkeit, neues Geld zu produzieren. Geld hat einen Magnetismus, der Geld anzieht.

Wo kein Geld ist, da geht auch kein Geld hin, denn da ist kein pekuniärer Magnetismus.

Jesus hat versucht, diesen Automatismus zu unterbrechen, indem er sagte: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon.“

Denn wenn man aus einer bestimmten Ecke schaut, dann ist die Gerechtigkeit des Geldes ungerecht. Kommt drauf an, wo man selber steht.

Das Geld selber sagt: Das ist gerecht. Da ist schon Geld, da gehe ich auch hin.

Die Gerechtigkeit Gottes

Jetzt hatten wir also die Gerechtigkeit des Media Marktes, die Gerechtigkeit des Erdogan und die Gerechtigkeit des Geldes.Gottes Gerechtigkeit

Das Evangelium offenbart aber die Gerechtigkeit Gottes.

Und die Gerechtigkeit Gottes ist nun, dass Gott das Böse bekämpft. Tötet. Ausrottet.

Die Gerechtigkeit Gottes funktioniert dadurch, dass Gott als Richter handelt.

Von oben herab.

Die Gerechtigkeit Gottes besagt, dass das Böse nicht erwünscht ist.

Die Gerechtigkeit Gottes besteht darin, dass Gericht gehalten wurde über das Böse, und das Böse wurde zum Tode verurteilt.

Und das zeigt das Evangelium: Der Teufel ist besiegt.

Nein, Quatsch, das zeigt das Evangelium eben nicht.

Das Evangelium an sich ist einfach nur Text. Das offenbart gar nichts.

Den Text können Sie lesen, und dann erklärt der Text ihnen, wie die Idee geht.

Also das Gott das Wertvollste gab, was er hatte, und dass er das durch den Tod ohne Sünde hindurch und so.

Wenn Sie den Text lesen, wird die Gerechtigkeit Gottes erklärt.

Sie wird aber nicht geoffenbart.

Sie wird nicht sichtbar.

Das ist so, wie wenn man einen Buchhalter geschenkt bekommt, ordentlich verpackt in einem Karton, transportsicher. Soll ja nicht kaputt gehen.

Und auf dem Karton sind auch Bilder drauf, und da ist eine Beschreibung auf dem Karton, die die Vorzüge des Buchhalters preist. Damit man weiß, warum man das kaufen soll oder warum man sich jetzt freuen soll, wenn man so etwas überraschend geschenkt bekommt.

Und dann nimmt man den Karton mit dem Buchhalter drin und stellt ihn auf den Dachboden oder oben auf den Flurschrank und sagt: Jetzt weiß ich, was ein Buchhalter ist, und wie er funktioniert, und ich habe sogar so einen.

Aber man packt den nicht aus.

Der wird nicht offenbar.

Es käme niemand auf die Idee, dass ich einen Buchhalter habe.

Und die Steuerklärung wird auch nicht gemacht.

Und ich merke auch gar nicht, dass der auch schön singen kann und gelegentlich mal was zu essen und eine Toilette braucht.

Also ich bin theoretisch aufgrund des Schriftlichen über den Buchhalter informiert, aber er wird nicht offenbar, ich mache keine Erfahrungen mit ihm.

Im alten Bund

Nun ist Gottes Gerechtigkeit ja nichts Neues.

Die ist schon immer gleich.

Gottes Gerechtigkeit bestand schon immer darin, dass er das Böse richtet. Verurteilt.

Und dass das so war, wurde auch im Alten Bund durch Glauben sichtbar.

Für Noah erwies sich das Böse als machtlos, weil er Gott glaubte und die Arche baute.

Für Gideon erwies sich das Böse als unfähig, als er Gott glaubte und mit 300 Mann gegen 135.000 Midianiter kämpfte.

Für David war das Böse zu überwinden, als er mit der Steinschleuder Goliath an der richtigen Stelle traf.

Für ganz Israel war das Böse besiegt, wenn die Israeliten dem Gesetz gehorchten.

Dann lebten sie sicher und mit Wohlstand in ihren Grenzen.

Dann konnte ihnen der Hunger oder die Seuche oder die Nachbarvölker nichts mehr tun.

Wer also glaubte, dass Gott gut war und dass der Sabbat eine wohlwollende Idee Gottes, der tat Samstags nichts.

Wer glaubte, dass das Gesetz von Gott war, der hielt auf seinem Acker keine Nachlese, sondern ließ das für die Armen.

Gottes Gerechtigkeit offenbarte sich also im Alten Bund durch Glauben zu Werken.

Oder anders gesagt: Durch Glauben zu Gehorsam.

Wenn man also glaubte und das richtige tat, war das Böse sichtbar eingeschränkt. Gottes Gerechtigkeit war offenbar. Man konnte das jetzt am eigenen Leibe spüren, dass das Böse nicht mehr so konnte, wie es wollte.

Leistungsfähigkeit im Alten Bund

Und diese Werke, die man aus Glauben tun sollte, die konnte jeder Dahergelaufene tun.

Jeder ahnungslose Dummschnösel kann diese Werke leisten.

Eine Arche bauen kann jeder. Man braucht Bretter und Nägel und Teer, und wenn man nicht genau weiß, wie es geht, kann man wen fragen. Man kann sich das zeigen lassen, man kann das lernen.

Mit 300 Mann die Midianiter angreifen, das kann jeder. Man braucht Tonkrüge, Fackeln, Holzknüppel und eine laute Stimme.

Am Samstag nichts tun, das kann jeder. Also ich habe das selber ausprobiert, einen ganzen Samstag nichts tun, ich kann Ihnen sagen: Das ist leistbar.

Auf die Nachlese beim Ernten verzichten, das kann jeder. Ist ein bisschen Selbstbeherrschung nötig, aber man kann sich am Riemen reißen, und dann geht das.

Eine Kuh zum Tempel treiben, um sie dort zu opfern, das kann jeder.

Die Gerechtigkeit Gottes offenbarte sich im Alten Bund durch ein Handeln, dass Max Mustermann und Lieschen Müller problemlos hinbekommen konnten.

Oder anders gesagt: Wenn Napoleon es auch gekonnt hätte, ist es alter Bund und nicht Evangelium.

Der Preis für diese relativ einfache Machbarkeit war allerdings, dass das Böse nur in einem geringen Umfang besiegt war.

Das Böse war eingedämmt, aber nicht besiegt.

Den Tod z.B. gab es immer noch.

An ein ewiges Leben war gar nicht zu denken.

Und die Nähe zu dem besten und schönsten und hellsten und wunderbarsten war nur auf Abstand herzustellen. Da waren immer noch diese Mauern und der Vorhang.

Im Neuen Bund

Während also im Alten Bund die Gerechtigkeit Gottes durch Glaube zu Werken offenbart wurde, sagt Paulus hier im Römerbrief, dass heutzutage die Gerechtigkeit Gottes durch Glaube zu Glaube sichtbar wird.

Mit Gehorsam kommen wir also nicht weiter.

Gehorsam war Alter Bund.

Der erste Teil des Satzes, der erste Glaube, bleibt aber.

„Abraham glaubte Gott“, das nützt erstmal auch heute etwas.

Nur soll Abraham jetzt nicht aufgrund des Glaubens seinen Sohn opfern, denn das kann jeder Dahergelaufene, sondern Abraham soll aufgrund seines Glaubens …

Was versteht eigentlich Jesus unter „Glaube“?

  • Wenn Ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen …
  • Glaube nur, und deine längst tote Tochter wird gerettet werden (Lk 8,50)
  • Glaube ist, wenn du den richtigen Mantel anfasst, weil du denkst, dass du dann von einer unheilbaren Krankheit geheilt wirst. Und das funktioniert!
  • Mt 21,22 „Und alles, was immer ihr im Gebet glaubend begehrt, werdet ihr empfangen.“ Ja, Max Mustermann, da guckst du aber!
  • Wenn man auf dem Meer unterwegs ist, und es gibt den stärksten Sturm der Welt und die höchsten Wellen der Erde, und das Schiff kann nicht untergehen – „habt ihr keinen Glauben?“ hat Jesus da gefragt.
  • Wenn Du den größten Wunsch Deines Lebens, der völlig unmöglich zu erfüllen ist, und du äußerst diesen Wunsch gegenüber Gott – „Herr, dass ich sehend werde“ – und dann wird der größte Wunsch deines Lebens erfüllt – dein Glaube hat dir geholfen.
  • „Dem Glaubenden ist alles möglich“ (Mk 9,23) sagt Jesus zu dem Vater von dem Mondsüchtigen. So versteht Jesus Glaube!
  • Solange du auf dem Wasser gehst, ist alles gut. Wenn du anfängst zu sinken, sagt Jesus: „Kleingläubiger, warum zweifelst Du?“ (Mt 14,31)

Zusammenfassung

göttliche GerechtigkeitIm Alten Bund wurde die Gerechtigkeit Gottes sichtbar, indem sehr schwieriges möglich wurde. Mit 300 Mann gegen 100.000 Midianiter. Ein Land einnehmen, in dem Riesen leben. Goliath mit der Steinschleuder an der richtigen Stelle treffen.

Das Böse war eingedämmt, es war limitiert, da entstanden eine Menge Möglichkeiten, die es nicht gegeben hätte, wenn der Teufel alles hätte verhindern können.

Im neuen Bund wird die Gerechtigkeit Gottes sichtbar, indem Unmögliches möglich wird.

Dass der Teufel tatsächlich besiegt ist und nicht nur begrenzt, erkennt man am Übernatürlichen.

Wenn der Teufel tatsächlich besiegt ist, kann niemand mehr das Göttliche behindern.

Wenn die Grenzen, die auf der Erde liegen wegen der Tätigkeit des Teufels (oder wegen der Gefallenheit der Welt), wenn die nicht mehr existieren, dann ist das der Beweis, dass der Teufel besiegt ist.

Dann wird die Gerechtigkeit Gottes offenbar.

Dann wird sichtbar, dass der Teufel verurteilt ist, gerichtet ist, dem Tode geweiht ist.

Erster und zweiter Glaube

Wenn also jemand glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist und sich für die Sünden geopfert hat und auferstanden ist, dann ist das in diesem Satz in Römer 1,17 der erste erwähnte Glaube.

Das ist nicht schlecht, aber alleine völlig sinnlos.

Das ist, wie wenn man den Buchhalter gut verpackt auf dem Flurschrank verstaut hat und genaustens über den Aufdruck auf dem Karton informiert ist.

Und, nebenbei gemerkt: Das glaubt der Teufel auch.

Alle Dämonen wissen, dass Jesus gestorben und auferstanden ist und dass sie theoretisch erledigt sind.

Im Alten Bund hätte dieses Wissen zu Gehorsam geführt.

Im Neuen Bund muss es zu Übernatürlichem führen.

Zu völlig Unmöglichen.

Denn Gottes Gerechtigkeit besteht darin, dass er das Böse zum Tode verurteilt.

Und dass das so ist, dass soll man sehen.

Das soll sich offenbaren.