Ist das Neue Testament Gottes Wort?
Die Frage, ob das Neue Testament tatsächlich Gottes Wort ist, muss man vor allem deshalb stellen, weil die Existenz eines weiteren Bibelteils niemals angekündigt wurde.
Das AT kündigt alle Dinge, die der neue Bund so mit sich bringen wird, an:
- Den Messias
- Die individuelle Gotteserkenntnis jedes Einzelnen
- Die Integration der Nichtjuden in Gottes Reich
- Das Besiegen der Sünde
- Die Erneuerung des Tempels und die Neuordnung der Opfer
- Die Freiheit
- Die Unbesiegbarkeit der Gläubigen
- Den neuen Bund - im Herzen
- und vieles andere
Von daher ist es berechtigt, zu fragen, ob das Neue Testament in seiner uns vorliegenden Form überhaupt Gottes Wort ist, wo Gott doch alle anderen bedeutenden Neuerungen des neuen Bundes vorher angekündigt hat. Zudem erhebt das Neue Testament selbst nie den Anspruch, in seiner Ganzheit "Wort Gottes" zu sein - einfach deshalb, weil das Neue Testament von der Existenz des neuen Testamentes nichts wusste.
Da uns das Dogma der "Inspiration" nicht weiterhilft, müssen wir zur Klärung der Frage in die Einzelheiten gehen. Wobei wir die Voraussetzung deklarieren müssen, dass alle Schreiber des Neuen Testamentes die Wahrheit gesagt haben, soweit sie ihnen ersichtlich war - also sozusagen nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben haben. Wenn wir davon ausgehen würden, dass ein Teil der Autoren Betrüger waren, dann hat sich die Fragestellung ohnehin erledigt.
Zitate aus dem Alten Testament
Wenn wir das Alte Testament als Gottes Wort anerkennen, was nicht so sehr schwierig ist, dann sind schon einmal alle Zitate des AT, die sich im NT finden, "Gottes Wort". Denn wenn sie es im AT waren, sind sie es im NT natürlich immer noch.
Worte und Taten von Jesus
Wenn Jesus tatsächlich Gottes Sohn war und somit "ganzer Mensch und ganzer Gott", dann sind natürlich alle seine Worte auch "Wort Gottes", denn wenn der Gott "Jesus" sie gesagt hat, dann sind sie eben Worte von Gott.
Ebenso sind dann auch alle Taten von Jesus "Gottes Wort", selbst wenn dabei nichts oder wenig gesprochen wurde, denn auch Jesu Taten machen natürlich eine Aussage. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob wir die Worte und die Taten von Jesus persönlich erlebt haben, also im Jahre 25 neben Jesus gestanden und ihm zugehört und zugeschaut haben. Die Qualität der Worte Jesu verändert sich nicht dadurch, dass jemand anders (z.B. Matthäus) sie uns erzählt.
Die Offenbarung
Die Offenbarung des Johannes wird von Anfang bis Ende als eine Rede von Jesus deklariert - naja, vielleicht eher als ein Video von Jesus. In diesem Video reden gelegentlich auch die Engel oder eine nicht näher erklärte Stimme aus dem Himmel, aber das Ganze wird uns von vornherein als Gottes Wort verkauft.
Paulus, Petrus und Johannes
Von vornherein aus der Diskussion rausnehmen können wir Passagen in den Briefen, wo Paulus ausdrücklich sagt, dieses sei ein Gebot des Herrn. Wenn etwas ein Gebot des Herrn ist, dann ist es zwangsläufig auch Wort Gottes.
Die drei bedeutendsten Briefeschreiber des NT waren alle berufene Apostel Jesu. Sie hatten alle ausdrücklich den Auftrag, alle Welt zu Jüngern zu machen, die Arbeit Jesu fortzusetzen und, speziell bei Paulus, den Nichtjuden das Evangelium Gottes zu erklären.
Das kann aber nur funktionieren, wenn das, was diese Briefeschreiber sagen, die Tatsachen zutreffend wiedergibt. Wenn das, was sie sagen, richtig ist. Also dem Willen Gottes für die Adressaten entspricht. Sie mussten also praktisch in der Lage sein, dass zu sagen, was Jesus an dieser Stelle auch sagen würde. Die Zusammenhänge so zu erklären, wie Jesus sie auch erklären würde.
Wenn diese Leute also extra von Jesus ausgesucht und ausgebildet worden sind, dann können wir das, was sie sagen (oder schreiben), ohne Probleme für bare Münze nehmen und als "Wort Gottes" akzeptieren, weil es eben das wiedergibt, was Gott sagen wollte.
Ausprobieren
Zusätzlich kann man bei einigen Aussagen des Neuen Testamentes auch ausprobieren, ob sie der Wahrheit entsprechen, das heißt, ob Gott sich an dieses Wort hält. Wenn Gott sich an die Aussagen hält, die im NT stehen, dann kann man natürlich davon ausgehen, dass es sich bei dem Gedruckten tatsächlich um Gottes Willen und damit um sein Wort handelt. Das Problem hierbei ist allerdings, dass diese zu überprüfenden Versprechungen Gottes nur funktionieren, wenn man sein Leben Gott übergibt, wenn man also gläubig wird mit Haut und Haaren. Somit ist eine Prüfung "von außen" auf diese Weise nicht möglich.
Im Übrigen zeichnet sich "Wort Gottes" nicht nur dadurch aus, dass der sachlich zu erfassende Inhalt des gesagten oder Geschriebenen als von Gott kommend anerkannt wird, sondern auch dadurch, dass Gott durch dieses Gesagte oder Geschriebene ganz persönliche und individuelle Dinge zu dem Leser oder Hörer sagt, die dem Sinn nach gar nicht im Text vorhanden sind. "Wort Gottes" hat eine übernatürliche Komponente, und diese ist erfahrbar und ein Beleg für die Göttlichkeit des Gehörten oder Gelesenen.
Zusammenfassung
Der Beleg, dass das Neue Testament Gottes Wort ist, kann nicht pauschal erbracht werden, sondern muss für jede Schrift des Neuen Testamentes einzeln begründet werden. Das ist allerdings für jede Schrift des Neuen Testamentes möglich, und somit kann man sagen, dass das Neue Testament tatsächlich Gottes Wort ist.