Die große Bedrängnis
Dieser Artikel erklärt Ihnen, wann die große Bedrängnis (Luther: große Trübsal) ist und woraus die Bedrängnis besteht.
Das ganze Problem beginnt damit, dass eine unzählbar große Volksmenge vor dem Thron Gottes steht. Die tun dort vor dem Thron Gottes ein paar bemerkenswerte Dinge. Und sie tragen ähnliche Nachthemden wie der Papst.
Vor dem Thron Gottes befinden sich auch die Vertreter der irdischen Gemeinde. Und einer dieser Gemeindevertreter stellt jetzt dem Johannes, der das Ganze gesehen hat und der das dann als „Offenbarung des Johannes“ aufgeschrieben hat, eine Frage.
Nun könnte ja ein Engel dem Johannes die Frage stellen. Entweder ein normaler Engel. Oder ein Posaunenengel. Oder ein Erzengel. Oder ein Zornschalenengel. Wir lernen im Laufe der Offenbarung ja jede Menge solcher Figuren kennen.
Oder die Frage könnte von einem der 4 lebendigen Wesen kommen, die ebenfalls dauerhaft an Gottes Thron stationiert sind.
Die Frage kommt aber von einem Vertreter der Gemeinde. Die Gemeinde ist vor Gottes Thron durch ein ständiges Gremium vertreten, also Gott hat die Gemeinde sozusagen ständig vor Augen, und die Gemeinde ist Gott ständig sehr nahe, und einer dieser Vertreter der Gemeinde, der fragt nun die Frage. Offenbarung 7,13
13Und einer von den Ältesten begann und sprach zu mir: Diese, die mit weißen Gewändern bekleidet sind – wer sind sie, und woher sind sie gekommen?
Wenn dem Johannes nun extra so eine Frage gestellt wird, dann ist die Sache scheinbar wichtig.
Und die Antwort ist nicht selbstverständlich. Wenn jeder ohnehin gleich weiß, wer diese unzählbaren Typen in den Nachthemden sind, dann braucht man hier nicht das literarische Mittel der Frage einzubauen.
Nein, wer diese Typen sind, das ist nicht klar.
Das versteht sich keineswegs von selbst.
Dass diese unzählbare Menge an weißen Nachthemden vor Gottes Thron steht, das ist so dermaßen bemerkenswert, dass der Vertreter der Gemeinde – der die Antwort ja kennt – extra nachfragt, ob Johannes es denn auch verstanden hat, wen er hier vor sich hat.
Offenbarung 7,14
14Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind es, die aus der großen Bedrängnis kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und sie weiß gemacht im Blut des Lammes.
Die große Bedrängnis hieß in der alten Lutherbibel „die große Trübsal“.
Und gestandene Christen wissen natürlich, was während dieser großen Bedrängnis passiert:
Da werden Christen von der Gestapo oder von der Volkspolizei ohne Grund verhaftet. Die Gläubigen werden in Konzentrationslager oder in Gulags gesperrt, sie werden mit Peitschen und mit Daumenschrauben und mit Schlafentzug gefoltert, bis sie endlich ihrem Glauben abschwören und sich von Gott lossagen.
Die große Bedrängnis, das ist, wenn Christen massenweise massakriert werden, weil sie Christen sind. Es wird die Zeit sein, wo es den Christen so geht wie den Juden unter Hitler, nur noch schlimmer, viel blutiger, viel brutaler, und der Teufel wird alle seine Macht entfalten und Angst und Schrecken und jedweder Horror wird das Leben der Gläubigen bestimmen.
Nicht, dass das irgendwo in der Bibel so steht.
Aber es geht in solchen Fällen ja nicht darum, was in der Bibel steht. Man schaut Horrorfilme ja nicht an, weil sie die Wahrheit wiedergeben, sondern wegen des Nervenkitzels und wegen des Auskosten des Entsetzens.
Eines der Probleme
Wir haben hier das Problem, dass „die große Bedrängnis“ nur ein einziges Mal in der Bibel vorkommt.
Und zwar hier, in Offenbarung 7,14.
Ansonsten kommt der Begriff in der ganzen Bibel nicht vor.
Jesus erwähnt einmal etwas ähnliches, nämlich große Bedrängnis ohne Artikel, also einfach viele Probleme auf einen Haufen, die es nach der Zerstörung des Tempels geben wird – also im Grunde genommen ab Jesu Tod zu irgendeinem Termin. (In Jesu Augen gilt der Tempel ab dem Moment als zerstört, wo Jesus ihn nach 3 Tagen wieder aufbaut. Die Zerstörung des Tempels ist nicht eine Frage des Zustandes der Mauersteine des Tempels, sondern die Frage nach seiner Funktion.)
Nun kann es gut sein, dass Jesus den gleichen Zeitraum meint, den auch der himmlische Vertreter meint, wenn er von „der großen Bedrängnis“ spricht.
Wir können aber jetzt nicht eine Theologie erfinden, nur weil wir 2 oder 3 Bibelstellen haben.
Wir können uns nicht einen Zeitabschnitt ausdenken in der Weltgeschichte, für den die zentrale Bibelstelle in einziges Mal in der Offenbarung vorkommt und dann vielleicht noch hilfsweise im Matthäusevangelium.
So darf man Bibel nicht auslegen.
Die Bibel ist so konzipiert, dass alle wichtigen Dinge ganz oft vorkommen. Sie werden zu unterschiedlichen Zeiten erwähnt, sie werden aus unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachtet und aus verschiedenen Blickwinkeln angeschaut. Das führt natürlich dazu, dass sie immer ein bisschen anders ausschauen, denn die meisten Dinge sehen von links anders aus als von rechts und von hinten anders als von vorne. Und ob Tante Gertrud etwas anschaut oder der kleine Kevin-Noah aus dem Kindergarten, führt auch zu unterschiedlichen Beschreibungen.
Der Messias kommt im Alten Testament vielleicht 100 mal vor, und jedesmal sieht er ein bisschen anders aus und macht unterschiedliche Dinge. Er heißt sogar unterschiedlich, nämlich Friedefürst, Schilo, Gesalbter, Sohn Davids, Menschensohn, Immanuel, Hirte Israels.
Aus diesen verschiedenen Namen und Beschreibungen ergibt sich aber letztlich das komplette Bild des Messias.
Wenn wir mit der großen Bedrängnis etwas anfangen wollen, dann werden wir sie dort in der Bibel suchen müssen, wo sie mit anderen Worten genannt ist und aus einem anderen Blickwinkel betrachtet wird.
Und wir sollen ja offenbar etwas damit anfangen, sonst würde der himmlische Gemeindevertreter nicht explizit die Frage stellen, wer diese Leute sind.
Der aus Thailand kommt
Diese Leute kommen aus der großen Bedrängnis.
Ich kenne jemanden, der kommt aus Thailand.
Und mit dieser Formulierung „der kommt aus Thailand“ ist ja vollkommen klar: Der geht da nie wieder hin. Der kehrt nie wieder in seine Heimat zurück. Der wird Bangkok nie wieder sehen, seine Familie nie wieder besuchen. Weil: er kommt aus Thailand.
Genauso ist natürlich von den Leuten, die aus der großen Bedrängnis kommen, nicht gesagt, dass die da nie wieder hingehen.
Im Moment stehen sie vor dem Thron Gottes. Aber wenn die Lokführer nicht gerade streiken, können diese Leute morgen schon wieder da sein, wo sie herkommen: In der großen Bedrängnis. Und mit dem 49-Euro-Ticket können sie 3 Tage später schon wieder vor dem Thron Gottes stehen. Und dann mit dem Flixbus zurück in die große Bedrängnis fahren.
Das ist ja gerade das Besondere an diesen Leuten, weswegen der himmlische Vertreter extra die Frage stellt:
Das sind nicht irgendwelche Christen, die als Gläubige gestorben sind und nun bei Gott im Himmel angekommen sind.
Das sind keine, deren Beerdigung rum ist und die in die Ewigkeit abberufen wurden.
Sondern das sind welche, die eigentlich in die große Bedrängnis gehören, aber statt dessen stehen sie hier!
Was die reden
Dass das hier keine dauerhaften Himmelsbewohner sind, sieht man auch daran, was die so machen.
Von den ständigen Bewohnern des Himmels kennen wir Lobpreishymnen der größeren Art: Offenbarung 7,12
12 Den Lobpreis und die Herrlichkeit und die Weisheit und die Danksagung und die Ehre und die Macht und die Stärke unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Aber die in den weißen Nachthemden, die haben Palmzweige in den Händen, also die feiern das Laubhüttenfest. Die begehen die Tatsache, dass man aus der Sklaverei befreit ist und in Laubhütten in der Wüste gewohnt hat. Und was die reden! Offenbarung 7,9–10 (ELB 2006)
9 Und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen, stand vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen in ihren Händen.
10Und sie rufen mit lauter Stimme und sagen: Das Heil unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!
Das Einzige, was diese Leute im Moment interessiert, ist dass sie nicht mehr versklavt sind und dass sie gerettet sind – dass sie das Heil haben.
Das Einzige, worum es denen eben geht, ist, dass sie ungefährdet sind. Was kein Thema mehr wäre, wenn sie für immer in die Ewigkeit abberufen wären.
Aber weil die eigentlich in der großen Bedrängnis wohnen, darum ist ihnen die Tatsache ihrer Freiheit und ihrer Sicherheit so wichtig. Und darum fällt ihnen, als sie vor dem Thron Gottes stehen, eben dieses ein und nicht all die anderen schönen Lobpreisungen Gottes, die wir sonst vor dem Thron Gottes zu hören bekommen.
Die Zerfleischung
Bleibt die Frage: Wie können die in die große Bedrängnis zurückgehen, wo sie dort doch von Löwen zerfleischt werden, von der Geheimpolizei gefoltert, im Gulag ausgehungert und vom Mob auf der Straße gelyncht werden?
Nun, vielleicht kehren sie zurück, weil diese Vorstellung von Christenverfolgung ziemlich naiv ist?
Und vielleicht ist diese naive Vorstellung von Christenverfolgung genau das, was der Teufel will?
Als Jesus in dem Gleichnis von den 4 Möglichkeiten ausgesäten Samens sprach, kannte er drei Möglichkeiten, warum das mit dem Samen nichts wird. Warum also die Gemeinde nicht wächst, warum sie keine Frucht bringt.
Eine war, dass der Samen unter die Dornen fiel, und der Betrug des Reichtums und die Sorge der Zeit ersticken das Wort.
Der Teufel ermordet die Christen nicht mit Lynchjustiz und Folterkammer, sondern durch Geld und durch Beanspruchung durch täglichen Kleinkram. Und das ist viel effektiver als Berufsverbote oder das Konfiszieren von christlichem Eigentum.
Eine andere Art der Erfolglosigkeit lautet so: Matthäus 13,19
19Sooft jemand das Wort vom Reich hört und nicht versteht, kommt der Böse und reißt weg, was in sein Herz gesät war;
Der Böse lässt also nicht das Blut der Christen in Strömen die Straße runterlaufen, sondern er nutzt mangelhaftes Verständnis, um diesen Menschen in die Hölle zu bringen. Und das funktioniert viel besser, als wenn man die Gläubigen abschlachtet!
Lukas 8,13
13 Die aber auf dem Felsen sind die, welche, wenn sie hören, das Wort mit Freuden aufnehmen; und diese haben keine Wurzel; für eine Zeit glauben sie, und in der Zeit der Versuchung fallen sie ab.
Die „Zeit der Versuchung“ ist nicht unbedingt die Zeit, wo man den Christen den Kopf abschlägt und ihnen die Kinder wegnimmt. Die Zeit der Versuchung ist genauso, wenn man verheiratet ist und jemand anderen kennenlernt, oder wenn man ein Angebot bekommt, Profi-Basketballer zu werden und merkt: Wenn ich das mache, wird Gott ein paar Kompromisse eingehen müssen.
Petrus hat mal formuliert: 1. Petrus 5,8
8Seid nüchtern, wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann.
Das hat Petrus über die Zeit geschrieben, in der er lebte. Und damit hat er das auch über unsere Zeit geschrieben.
Wenn dann die große Bedrängnis kommt, dann wird natürlich noch mal gesteigert. Da geht der Teufel dann umher wie zwei brüllende Löwen. Oder wie ein brüllender Löwe und ein Krokodil.
Lukas 22,31
31Der Herr aber sprach: Simon, Simon! Siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen.
Und das gilt ja nun auch nicht für das Jahr 8527, sondern für relativ zeitnah.
Und wenn das die kleine Bedrängnis sein soll, was ist denn dann die große?
Das Schlechtgehen
Allerdings muss man bedenken, dass ja davon auszugehen ist, dass es der Gemeinde während der großen Bedrängnis schlecht geht.
Sonst hieße die große Bedrängnis ja nicht so, wie sie heißt.
In der großen Bedrängnis kommt die Gemeinde in Bedrängnis.
Und das ist ja nun heute keineswegs der Fall.
Die evangelische Kirche in Deutschland vermehrt jedes Jahr die Zahl ihrer Mitglieder, es werden ständig neue Gemeindehäuser gebaut, und die Einnahmen steigen unaufhörlich. Die Katholiken bauen eine neue Kirche nach der nächsten, und immer mehr Schüler wollen am Religionsunterricht teilnehmen, und die Priesterseminare haben mehr Bewerber, als sie aufnehmen können.
Und unsere Gemeinde: Ein Quell des Lebens, ein Hort der Mission, ein Einflussfaktor erster Güte, eine geistliche Rakete, ein biblisches Kraftzentrum ohne Gleichen. Ein Vulkan des heiligen Geistes, die Wasserkosten sind wegen der vielen Taufen exponentiell in die Höhe geschossen, ein Leuchtturm des Evangeliums, ein Traum jedes Predigers!
Und wir haben Religionsfreiheit! Garantiert nicht nur vom Grundgesetz, sondern auch von der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen! Also von einer großen Bedrängnis kann heutzutage gar keine Rede sein!
(Aber vielleicht ist die ausgerechnet Religionsfreiheit der größte Trick des Teufels? Vielleicht ist genau das die Methode, dass man der Gemeinde jeden sichtbaren Feind nimmt, so dass sie auch den unsichtbaren nicht mehr sieht? Vielleicht ist es der größte Coup des Teufels im Kampf zwischen Licht und Finsternis, dass man die Finsternis nicht mehr sieht? Dass die Christen denken, es ist alles gut, weil sie politisch und finanziell in völlig ungefährdeten Verhältnissen leben?)
Nein, die große Bedrängnis ist heute, und sie war genauso im Mittelalter und wird in 200 Jahren noch immer sein. Die Methoden, die der Teufel anwendet, um die Gemeinde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen, die haben sich geändert und werden sich auch in Zukunft immer wieder ändern. Aber der Teufel kann die Gemeinde nur vernichten, solange die auf der Erde ist, und er muss sich beeilen, denn wer weiß, wann Schluss ist?
Der Teufel geht nicht davon aus, dass er viel Zeit hat. Der wartet nicht auf das Jahr 8527, um dann die große Bedrängnis zu veranstalten. Es wird im Jahr 8527 vermutlich anders als jetzt, aber viel schlimmer als jetzt wird es nicht mehr.
Und die stehen vor dem Thron
Das Bemerkenswerte, was der Gemeindevertreter hier bemerkt, ist, dass diese Leute, die eigentlich in die große Bedrängnis gehören, gleichzeitig vor dem Thron Gottes stehen.
Und das wäre unsere Chance: Wenn wir tatsächlich die weißen Gewänder anhaben, die im Blut des Lammes reingewaschen wurden, dann können wir vor dem Thron Gottes stehen.
Jeden Tag.
Wir können dort unsere Freiheit beklatschen, können uns unserer Rettung sicher sein und können darum mit der Haltung absoluter Sicherheit durch die große Bedrängnis hindurchleben.
Wenn wir tatsächlich die Nachthemden anhaben, kann der Teufel es nicht verhindern, dass wir heute und morgen vor diesem Thron stehen.
Und letztlich ist das unsere einzige Chance, die große Bedrängnis zu überleben.
Also geistlich zu überleben.
Denn der Teufel hat es nicht auf unser körperliches Leben abgesehen. Es stört den Teufel nicht, wenn wir bei guter Gesundheit 110 Jahre alt werden.
Es stört ihn, wenn wir Zugang zu diesem Thron haben.
Lassen Sie sich dabei also bitte nicht stören.