Begabungen und Talente

Dieser Artikel behauptet, dass Ihre Begabungen und Talente nicht von Gott sind. Folglich sind Sie auch nicht verpflichtet, Ihre besonderen Fähigkeiten zur Ehre Gottes und zum Wohle seines Reiches einzusetzen. Sollten Sie individuelle Gaben von Gott erhalten haben, so sind das völlig andere.

Herzlich willkommen! Hier sind Sie bei meinem Würg- und Kotzthema Nummer eins: Der Wert von Talenten und Begabungen in der christlichen Gemeinde. Holen Sie sich einen strapazierfähigen Eimer und speien Sie mit mir im Kreis oder im Strahl. Denn die ganze Sache ist wirklich und ausgiebig zum Kotzen.

Das Übelerregende

Die Botschaft, die Ihren Eimer zum Überlaufen bringen wird, lautet in etwa so:

Der Christ soll seine natürlichen Begabungen in der Gemeinde und im Dienst für Gott einsetzen. Dienen Sie Gott mit Ihren Talenten! Gestalten Sie das Reich Gottes mit Ihren Begabungen! Dienen Sie den Menschen (nicht nur den gläubigen) durch den Einsatz Ihrer natürlichen Fähigkeiten! Denn Gott hat diese speziellen Begabungen, zumindest aber diesen einmaligen Talentmix, nur Ihnen gegeben, und zwar zu eben diesem Zweck, dass Sie ihn für die Arbeit im Reich Gottes einsetzen! Und Sie haben diese Ihre Begabungen von Gott, ganz ausdrücklich und individuell von Gott! Gott hat Sie individuell erschaffen, weil er in seinem Weltenplan jemanden mit Ihren Gaben brauchte! Wahrer Gottesdienst geschieht unter Einsatz Ihrer Begabungen, und Gott freut sich, wenn er sieht, wie Sie das, was er Ihnen verliehen hat, dankbar zu würdigen wissen. Ihre Talente sind ein Teil von Gottes Segen für Sie!

Bitte treten Sie einen Schritt zurück, Sie stehen schon mitten im Gespei.

Bekannte Tatsache über Begabungen

Begabungen sind der Natur nach einfach nur Variablen der Persönlichkeitsgestaltung.

Während wir bei den Rotkehlchen wenige Nuancen in den Persönlichkeiten und in den Begabungen vorfinden, können wir bei Hunden durchaus ein gewisses Repertoire an fehlenden oder vorhandenen Begabungen feststellen. Je höher entwickelt eine Lebensform ist, um so mehr Variationsmöglichkeiten weist sie auf. Darum haben wir beim Menschen, den wir momentan als das am höchsten entwickelte Lebewesen betrachten, auch die größte Menge an Variationen in der Persönlichkeit und damit die größte Begabungsbreite.Begabungen

Begabungen machen eine Persönlichkeit aus. Da jeder Mensch, sofern er selber sein Leben gestalten kann, auch eine feststellbare Persönlichkeit hat, muss er notwendigerweise auch eine gewisse Menge an Begabungen haben. Hoch entwickelte Lebensformen brauchen zwangsläufig eine ihrer Entwicklung entsprechende Menge an Begabungen, da sie ansonsten keine Persönlichkeit hätten.

Kurz gesagt: Ein Mensch ohne Begabungen ist vermutlich tot.

Damit sind Begabungen per se auch nichts Positives. Sie sind schlicht notwendig.

Die Prägung der individuellen Begabungen

Wenn Sie Ihren Eimer zwischendurch einmal ausleeren müssen, machen Sie es jetzt. Die unappetitlichen Dinge sind noch lange nicht vorbei.

Zahlreiche Forschungen und unsere eigene (mitunter leidvolle) Erfahrung weisen darauf hin, dass die Ausprägung unserer Persönlichkeit vor allem durch die Genetik und durch die Lebensumgebung der ersten Lebensjahre geprägt werden.

Darum haben intelligente Eltern oft intelligente Kinder, musikalische Eltern oft musikalische Kinder, jähzornige Eltern oft jähzornige Kinder, große Eltern oft große Kinder, herzliche Eltern oft herzliche Kinder. Wobei man immer bedenken muss, dass die Dominanz der Gene eines Elternteils oder die Dominanz des Einflusses eines Elternteils hier zu gewissen Verzerrungen führen.

Wenn Sie allerdings Mitglied einer christlichen Gemeinde sind, dann sind Ihre Begabungen natürlich von Gott. Einige der Bibelstellen, welche für diese Aussage missbraucht werden, werde ich weiter unten noch betrachten. Eine zufällige, „gottlose“ Herkunft Ihrer Persönlichkeitsmerkmale wäre für die wahren Christen eine Gotteslästerung.

Wenn Sie diese Christen dann auf solche Dinge wie Vererbung und frühkindliche Prägung hinweisen, wird man Ihnen möglicherweise Recht geben und Sie darüber belehren, dass es ausdrücklich Gottes Wille war, dass sich diese beiden Elternteile zusammengetan haben, um ein Kind mit den entsprechende, von Gott gewollten Begabungen zu zeugen.

Das klingt natürlich super, wenn Sie Abkömmling akademisch gebildeter Eltern mit ausgewogenem Gefühlsleben, überdurchschnittlicher Intelligenz und bewusst gelenktem Verhalten sind, welche dann auch noch ethisch wertvolle Grundregeln in ihrem Leben durchsetzen und Ihnen die Klavierstunde bezahlen können.

Am Arsch sind Sie, wenn Sie Kind eines lernbehinderten kriminellen saufenden Vaters und einer missbrauchen, psychisch kranken und gefühlslabilen Mutter sind. Oder wenn Sie 1973 in Kambodscha geboren wurden.

Aber das war dann der Wille Gottes.

Das ist dann gerecht, denn Gott ist gerecht.

Herzlichen Glückwunsch zu diesem wunderbaren, liebevollen Gott.

Nehmen Sie jetzt bitte Ihren Eimer zur Hand und sprechen Sie im Chor: „Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu!“

Und jetzt wischen Sie erstmal alles das auf, was daneben gegangen ist.

Mangelnde Begabung als Voraussetzung für Mitarbeiter Gottes.

In Wirklichkeit ist es natürlich genau andersherum, als die superfrommen Christen uns erzählen wollen: In Wahrheit beruft Gott immer Leute, denen die natürliche Begabung ausdrücklich fehlt.

(Ja, ich weiß: Der Begriff „natürliche Begabung“ war schon wieder eine Gotteslästerung, weil die Begabungen eines Menschen ja nicht „natürlich“ sind, sondern göttlich, geistgewirkt, gottgewollt.)

Mose

Gott hat mit Mose einen Anführer für ein Millionenvolk ausgesucht, dem jedwede Begabung für eine Leitungsposition dieses Kalibers fehlte:

Ausführlich wird verhandelt, dass Mose nicht öffentlich reden konnte. Und Gott begründet seine Auswahl genau damit: Gott wollte ja selbst reden (Ex 4,12), da wäre eine Redebegabung des Mose nur im Wege gewesen.

Außerdem fehlte Mose selbst der geringste persönlicher Ehrgeiz. Er hat bei allen Machtkämpfen den Schwanz eingezogen, und die Bibel beschreibt ihn als „demütiger als alle Menschen auf der Erde“ (Num 12,3). Das ist für den Anführer eines Millionenvolkes eine ziemliche Klatsche, aber Gott wollte ja selber die Macht in diesem Volk ausüben, da konnte er niemanden brauchen, der Machtinstinkte hat.Talente

Es war gerade der Mangel an Begabungen, der Mose zum geeigneten Mitarbeiter im Reich Gottes machte, und seine Erziehung als ägyptischer Prinz (also seine eigentliche Begabung) wurde schlicht ignoriert und kam nicht zum Einsatz.

Die Anderen

Gideon weist den Engel ebenso wortreich wie ausdrücklich darauf hin, dass er nun wirklich der ungeeignetste Kandidat für diesen Job war (Richter 6,15). Aber man sollte ja sehen, dass Gott selbst hier kämpft, da konnte man keinen begabten Militärstrategen gebrauchen.

Um beim Tempel in Bethel zu weissagen, berief Gott ausdrücklich keinen professionellen, ausgebildeten Propheten. Sondern einen Bauern, der das noch nie gemacht hatte. (Amos 7,14+15)

Als ersten König von Israel suchte Gott einen aus, der so schüchtern und ängstlich war, dass er sich in dem Moment, als er zum König gewählt werden sollte, zwischen den Pferden versteckte (1.Samuel 10,22). Auch die Meinung der wahlberechtigten Männer ging dahin, dass dieser völlig ungeeignet war (1.Samuel 10, 27).

Es ist viel gesagt worden über die 12 Männer, die Jesus zu seinen Aposteln ernannt hat. Der Tenor ist im Allgemeinen: Wir hätten diese Personen nicht ausgesucht. Jesus hätte vermutlich auch andere bevorzugt. Klugerweise hat er vor der Endauswahl eine Nacht lang mit Gott gesprochen. Und hat dann offenbar diejenigen genommen, die Gott für geeignet hielt (Lukas 6, 12).

Paulus zitiert seine Gegner (2.Kor 10,10), die bemerken, dass er zwar gut schreiben kann, aber ein katastrophaler Redner ist. Hätte man an dieser Stelle nicht Billy Graham berufen können? Der konnte beides.

Quintessenz:

Nehmen Sie Ihren Eimer und folgendes zur Kenntnis:

Wenn Sie wunderschön Klavier spielen können und durch Ihre Musik die Herzen der Menschen berühren können, wird Gott Sie nicht in seinen musikalischen Dienst berufen. Denn Gott selber will die Herzen der Menschen berühren, und Ihre Begabung ist da im Weg.

Sollten Sie trotzdem meinen, Sie müssten Gott mit Ihrer Begabung oder Ausbildung dienen, dann werden Sie vielleicht viel Applaus bekommen und eine steile Karriere in der christlichen Musikszene hinlegen. Viele Christen werden Ihnen sagen: „Deine Musik hat mich so berührt!“, und Sie werden denken, das sei jetzt ein Kompliment. Für Gott bewirken werden Sie aber wenig, denn die Menschen werden nicht Gottes Melodien hören, sondern Ihre. (Außerdem ist „berührt sein“ keines der Ziele Gottes.)

Wenn Sie eine traumhafte Stimme haben und geschliffen reden können, so dass die Menschen an Ihren Lippen hängen, wird Gott Sie nicht zum Prediger berufen und Sie als Prediger auch nicht gebrauchen können. Gott will, dass die Zuhörer ihn hören, nicht Sie.

Komfortzone

Im übrigen beschreiben Ihre Begabungen Ihre Komfortzone und den Bereich, in dem Sie Gott nicht brauchen. Weil Sie es ja selber können.

Solche Bereiche darf es in Ihrem Leben auch geben.

Themen, bei denen Sie sicher sind.

Felder, auf denen Sie sich souverän bewegen.

Es spricht nichts dagegen, dass Sie ohne Gottes Hilfe genügend Geld verdienen, einen Ihren Begabungen entsprechenden Beruf erfolgreich ausüben oder eine Reise planen, für die Sie sich ohne Gott zu fragen entschieden haben.

Aber wenn Gott Sie tatsächlich für entscheidende Dinge gebrauchen will, werden das immer Dinge sein, bei denen Sie das große Flattern kriegen.

Dinge, die Sie alleine eben nicht können.

Die missbrauchten Bibelstellen

Nun sind wir wieder bei dem Punkt: „Man bringe mir den Übelkübel, sonst wird mir ohne Kübel übel!“ Denn jetzt kommen die kunstvoll verdrehten Bibelstellen, welche für die Forderung verwendet werden, man möge seine natürlichen Begabungen für Gottes Sache einsetzen.

Psalm 139,14

„Ich danke Dir, Gott, dass ich so wunderbar gemacht bin.“

Steht da.

Angeblich.

Und soll nun begründen, dass ich individuell von Gott designed bin und infolgedessen auch alle meine Begabungen und Talente individuelle Gottesgaben sind, für welche ich dankbar zu sein habe und die ich nun für Gott einzusetzen habe. Denn dafür hat Gott sie mir ja angeblich verliehen.

Solche Pleiten passieren, wenn man das Andachtsbuch liest anstatt der Bibel.

Der Bibeltext selber beschreibt überhaupt keine menschlichen Eigenschaften. Der Zusammenhang ist völlig eindeutig: Es wird der Vorgang beschrieben, wie aus ziemlich wenig ein Baby von 3,5 Kilo Lebensgewicht wird.

Modern gesagt: Es wird die Entwicklung des Fötus von der Zeugung bis zur Geburt beschrieben. Wie aus relativ wenig Zutaten perfekt funktionierende Nieren werden.

Es wird überhaupt nicht die Qualität eines Endproduktes beschrieben, sondern die Qualität eines Vorganges.

Der Vorgang der Entwicklung des Fötus ist wunderbar. Über das Endprodukt wird nichts gesagt. Ob der entstandene Mensch wunderbar ist, ist in diesem Psalm gar nicht Thema.

Der ganze Psalm geht darum, dass Gott Dinge sehen kann, die ich nicht sehen kann. Dazu gehört, unter anderem, die Entwicklung des ungeborenen Kindes. (Der Psalm wurde kurz vor der Erfindung des Ultraschalls geschrieben.) Über die Qualität eines Menschen wird ins diesem Psalm nichts gesagt.

Sogar die Elberfelder Bibel hat mittlerweile darauf reagiert, dass dieser Vers so oft aus dem Zusammenhang gerissen und für bestimmte Interessen missbraucht wurde, dass sie ihn jetzt so übersetzt: Ps 139,14

14 Ich preise dich darüber, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin.

Die Talente des Königs

In Matthäus 25 gibt es die Geschichte von den anvertrauten Talenten.

Ein Talent ist in dieser Geschichte keine Begabung, sondern eine Gewichtseinheit von 49 kg Silber. Oder anders gesagt: Ein Talent sind 250.000 €.

Natürlich kann man die Bibelübersetzer kritisieren, die das griechische Wort „Talanta“ an dieser Stelle beibehalten haben, obwohl das zum Missverstehen geradezu einlädt. Luther hat hier „Zentner“ übersetzt, was immerhin deutsch ist, wenn auch nicht viel verständlicher.

Was ein Talent in dieser Geschichte auf keinen Fall ist, ist eine Begabung.

Auch nicht im übertragenden Sinne.

Denn der Herr in dieser Geschichte verteilt seine gesamte Habe an die Gläubigen (nur an die Gläubigen!) und behält nichts für sich. Die Knechte des Herrn bekommen somit Dinge, die ihnen eigentlich nicht zustehen. Sie bekommen den gesamten Besitz von jemandem, der deutlich über ihnen steht.

Und da es ein Gleichnis von Jesus ist, ist der Herr wahrscheinlich Gott. Gott verteilt in dieser Geschichte seinen gesamten göttlichen Besitz und geht weg.

Natürlich können Sie jetzt behaupten, Ihre Kochkünste oder Ihre Fähigkeit zum Zuhören seien heilige, göttliche Gaben und jede für sich 250.000 € wert. Dann brauchen wir halt noch ein paar Kotzeimer. Schon allein deshalb, weil diese „Talente“ nur an die Gläubigen verteilt werden. Alles, was Sie an Begabungen haben, gibt es aber zehntausendfach auch bei Ungläubigen.

Außerdem brauchen wir den Übelkübel, weil Gott wertvolleres zu verteilen hat als irgendwelche Handlungsalternativen, die es millionenfach auf der Erde gibt. Wie Sie ja später in der Apostelgeschichte sehen können: Als Jesus wegging, hinterließ er seinen Aposteln übernatürliche Gaben. Nicht Kochkunst, Saitenspiel oder technisches Verständnis.

Der Leib Christi

Sollte Ihr Magen mittlerweile leer sein und Sie nichts mehr haben, mit was Sie den Eimer füllen können, so ist das schade. Sie hätten sich das zu Erbrechende besser einteilen sollen. Denn hier kommt noch etwas wunderschönes:

Der Leib Christi als Zusammenspiel der unterschiedlichen Talente und Begabungen.

Der Gedanke ist dieser (würg!): Paulus stellt die Gemeinde als den neuen Körper Jesu dar, bei dem Jesus selber der Kopf ist (also der Bestimmer), die Gemeindeglieder sind mit ihren verschiedenen Begabungen der Körper. Und die Gemeinde funktioniert nur, wenn alle Gemeindeglieder ihre Begabungen auch einbringen:

Wenn also die Köche kochen, die Redner reden, die Musiker musizieren, die Diplomaten diplomatisch sind, die Warmherzigen warmherzig agieren, die Organisatoren organisieren, die handwerklich Begabten hämmern und sägen, die Zuhörer zuhören, die Großzügigen geben, die Entscheidungsfreudigen entscheiden, die Offenherzigen und Selbstbewussten den Begrüßungsdienst übernehmen und die Mitfühlenden sich der Betroffenen annehmen.

Wahr ist: So funktioniert jeder Sportverein, jede politische Partei, jeder Kegelclub, der Kleintierzuchtverein und in vielen Fällen auch Firmen.

Oder zusammengefasst: So funktioniert jede menschliche Gruppe, deren Mitglieder sich freiwillig zusammengefunden haben. (Darum leuchtet den Gläubigen dieses Märchen auch immer so schön ein: Sie kennen das aus vielerlei Zusammenhängen ihres Lebens.)

Wäre die Gemeinde eine rein weltliche Menschenansammlung, würde sie tatsächlich so funktionieren.

Nun weiß Paulus allerdings, dass die Gemeinde keine weltliche Institution ist und auch mit keiner weltlichen Institution zu vergleichen ist.

Und darum benutzt Paulus in 1.Kor 12,28 zwar das Bild vom Leib, lässt aber die einzelnen Körperteile nicht ihre natürlichen Begabungen ausleben. Sondern er lässt diese Körperteile Dinge machen, welche Sie in keinem Sportverein, keiner politischen Partei und auch nicht im Kleingartenverein finden werden: Weissagung, Prophetie, Heilung, Wunder, Sprachenrede.

Petrus macht es in 1.Petrus 4,10 übrigens genauso, nur dass er nicht das Bild des Körpers benutzt. Aber auch bei ihm sind die erwarteten Handlungen nicht Musizieren, Kochen oder Organisieren, sondern übernatürliche Vorgänge, welche Sie im Heimatverein niemals finden werden.

Die Lösung. Sozusagen.

Das Reich Gottes wird seit Jesu Auferstehung (und/oder seit Pfingsten) mit übernatürlichen Mitteln gebaut. Die Gemeinde hat übernatürlich angefangen (mit Brausen, internationaler Sprachenrede und etwas wie Feuerzungen) und wird in der Folgezeit nicht auf dem Niveau eines Kleingartenvereins weitergebaut. Sondern die ganze Apostelgeschichte erzählt die Geschichte der Übernatürlichkeit.

Auch die Geschichte der Tabitha bildet hier keine Ausnahme. Das Reich Gottes in Joppe wuchs nicht, weil Tabitha nähte, sondern es wuchs, weil sie auferweckt wurde (Apg 9,42). Auch wird ihr Nähen nicht als göttliche Gabe dargestellt, sondern als Hingabe ihres Lebens an Gott.

Die Begabungen, mit welchen heutzutage die Gemeinde gebaut wird, müssen also übernatürlich sein: Dämonenaustreibung, Sprachenrede, Weissagung, Prophetie, Wunder … Paulus hat mehrere Listen, in denen er solche Begabungen aufzählt; diese Listen stellen vermutlich nur eine Auswahl dar, denn Paulus hat sie nicht geschrieben, um eine umfassende Dokumentation über Geistesgaben zu schreiben.

Die Gemeinde lebt nicht von gutem Essen, erstklassiger Organisation oder geschliffenen Reden und schon gar nicht von brillanter oder zu Herzen gehender Musik. Die Menschen sollen in der Gemeinde nicht unserer persönlichen Brillanz begegnen, sondern Gott.

Darum fordert Paulus ausdrücklich auf: 1.Kor 12,31

31 Eifert aber um die größeren Gnadengaben!

Und damit nicht genug: 1.Kor 14,1

1 Strebt nach der Liebe; eifert aber nach den geistlichen <Gaben>, besonders aber, dass ihr weissagt!

Damit sollten Sie wissen, was Gott von Ihnen erwartet.

Und was ist mit der Kochkunst?

Sie sind Glied der Gemeinde so, wie Sie nun mal sind: Gesprächig oder schweigsam, selbstbewusst oder schüchtern, eher kochbegabt oder eher essbegabt, musikalisch oder rhetorisch, klug oder praktisch, begeisterungsfähig oder träge.Begabungen

Da es Sie in einer anderen Form nicht gibt, dürfen Sie sich in der Gemeinde genauso geben, wie Sie sich auch im Kleingartenverein geben würden: So wie Sie sind.

Und wenn es in der Gemeinde Aufgaben zu übernehmen gibt, dann übernehmen Sie klugerweise diejenigen, die Sie einigermaßen können und an denen Sie Freude haben. Es ist niemandem geholfen, wenn Sie fortwährend versagen oder Ihre Aufgabe mit ausgeprägtem Hass erledigen. (Und das dann zähneknirschend als „Dienst für den Herrn Jesus“ deklarieren.)

Erliegen Sie aber nicht der Versuchung, Ihre natürlichen Begabungen als göttliche Gnadenerweise zu verkaufen. Möglicherweise können Sie besser kochen als alle anderen in der Gemeinde, weil Sie eine dreijährige Ausbildung als Köchin gemacht haben. Eventuell können Sie besonders gut sprechen, weil Sie als Kompromisskandidat zum Klassensprecher gewählt wurden und seither immer wieder in solche Rollen gerutscht sind und nie aus der Übung kamen.

Oder anders gesagt: Wenden Sie nicht weltliche Funktionsweisen auf die göttliche Gemeinde an. Die ganze lange Geschichte der Könige von Israel und Juda erzählt von vorne bis hinten immer diese Geschichte: Das Reich Gottes funktioniert so nicht. Es ist nun mal nicht von dieser Welt.

Es funktioniert auch dann nicht, wenn Sie weltliche Funktionsweisen vergöttlichen, für heilig erklären, auf Gott zurückführen oder als Teil der göttlichen Schöpfung oder Weltordnung als Teil von Gottes Plan verkaufen.

Auch Jesus hatte einen, der für das Geld zuständig war. Und das war scheinbar einer, der ein Gefühl für Geld hatte. Aber Jesus erklärt diese Begabung des Judas nicht für heilig oder göttlich oder himmlisch.

Geben Sie also Ihr Bestes. Das würden Sie im Sportverein ja auch machen. Und Gottes Gemeinde ist es durchaus wert, dass man dort sein Bestes gibt. Aber deklarieren Sie Ihr Bestes nicht als gottgegeben, gottgewollt oder geheiligt. Der Teufel verkauft nämlich die gleichen Produkte.

Die Bauleute des Mose

Selbstverständlich ist Ihnen schon vor 10 Minuten eingefallen, dass die Bauleiter des Mose ebenfalls mit Gottes Geist erfüllt wurden, und als Ergebnis dieser Geisterfüllung wurden die Bauleiter mit sehr irdischen Begabungen wie Sägen, Nähen, Metallbau und Organisationstalent ausgerüstet (Exodus 31, 1-3).

Und dann können doch auch unsere irdischen Begabungen …

Nein, können Sie nicht.

Der „Tempel Gottes“ wurde zur Zeit des Mose mit irdischen Methoden gebaut, weil er auf der Erde stand. Das tat er deshalb, weil auch das gelobte Land auf der Erde lag. Das „Himmelreich“ gab es damals noch nicht, und die höchste Stufe, die ein Gläubiger erreichen konnte, war nicht ewiges Leben im Himmel, sondern langes Leben auf Erden. 

Heute bauen wir einen übernatürlichen Tempel, weil Jesus den Weg in die himmlischen Sphären freigeräumt hat. Den übernatürlichen Tempel baut man aber nicht mit Säge und Nähmaschine, sondern mit übernatürlichen Methoden.

Wie entstand eigentlich das Kotzthema?

Wir reihern nicht erst seit gestern.

Dass man versucht, das Reich Gottes mit irdischen Methoden zu bauen und somit den Alten Bund einfach fortsetzt, ist ein sehr altes Übel. Dass man den Namen Jesu im Munde führt, dann aber ausschließlich geistliche Methoden anwendet, die aus der Zeit vor Jesu Geburt stammen, ist ein uralter Widerspruch in der Christenheit.

Aber was sollte man auch machen?

Da die Lehrer Gottes Stimme nicht hören konnten, lehrten sie halt, was sie bei den Philosophen ihrer Zeit hörten.

Da es keine Propheten gab, nahm man die Bibel und produzierte daraus „christliche Werte“ und verkaufte sie als Gottes Wort für die heutige Generation.

Und weil die Bibel immer wieder von göttlichen Gaben oder Gnadengaben sprach, erklärte man mangels der echten Gaben die Kochkunst, das Organisationstalent und die Musikalität zu solchen göttlichen Gaben.

Wenn wir es nicht schaffen, uns der Bibel anzupassen, dann passen wir eben die Bibel an uns an.

Wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen würden, heilig bis zur Halskrause zu wirken, ohne es zu sein.

Ende

Sie können Ihre Eimer jetzt wieder aufräumen. Wir sind durch.

Danke, wenn Sie tatsächlich bis hierher gelesen haben.

Und machen Sie es besser.

Es geht schließlich nicht um den Kleingartenverein.

Es geht um Gottes Reich. Das Höchste, was der Höchste jemals erschaffen hat.

Es lohnt sich.