2.Thess 3,6 – Christen befehlen Befehle
Dieser Artikel informiert Sie darüber, warum man uns mitteilt, dass Paulus den Christen Abstand befohlen hat zu Gläubigen, die einen auffälligen Lebensstil leben.
Kann ich überhaupt nicht ausstehen.
Wenn jemand mir Vorschriften machen will.
Noch dazu in der Gemeinde. Da, wo es von Christlichkeit und Nächstenliebe und Warmherzigkeit nur so trieft.
Das ist einfach nicht anständig. Jesus ist so lieb und so harmlos, da kann doch in der Gemeinde nicht irgendwer verbindliche Anordnungen absondern!
Nun, in Thessaloniki konnte jemand. Es gab dort Menschen, die aus religiösen Gründen kein Geld mehr verdienen wollten und sich von den anderen aushalten ließen.
Nein, denen wird jetzt kein Befehl erteilt. Die spielen hier gar nicht mit.
Den anderen, denen macht Paulus jetzt Vorschriften.
2.Thess 3,6
6 Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich und nicht nach der Überlieferung wandelt, die ihr von uns empfangen habt.
Hier wird jetzt nicht im Namen Jesu gebetet, sondern im Namen Jesu ein Befehl erteilt.
Der Befehl richtet sich an bestimmte Menschen. An anständige Menschen.
Wir haben es recht oft im NT, dass die Gläubigen eine Befehlsvollmacht gegenüber Geistern haben.
Gegenüber Menschen haben wir normalerweise keine Vollmacht, zumindest keine, die von Gott kommt. Wir können nicht Menschen im Auftrag Gottes befehlen, dieses oder jenes zu tun oder bleiben zu lassen. Bei Geistern geht das.
Das hat damit zu tun, dass das Reich Gottes ein geistliches Reich ist, kein materielles und kein staatliches.
Es ist in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen, dass Jesus ebenfalls keine Befehlsgewalt über Menschen hat und hatte.
Gott oder Jesus können Herrn Erdogan keine Befehle erteilen. Sie können es zwar versuchen, aber es wird nicht viel nützen. Denn Herr Erdogan wird nicht gehorchen, und Gott hat kein Machtmittel, um seine Befehle durchzusetzen.
Vielleicht hätte er sogar die Machtmittel, denn Gott ist der Stärkste und Jesus ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erde. Aber es ist nicht Gottes Stil, solche Machtmittel anzuwenden, denn letztlich würde so eine Verwendung von Machtmitteln wieder dazu führen, dass Menschen nur Marionetten Gottes werden. Das, was wir den freien Willen nennen, wäre dann erledigt, und damit wäre auch jede Rechtfertigung eines göttlichen Gerichts dahin.
Das Befehlsgebiet
Aber hier haben wir jetzt eine Ausnahme. Denn wir befinden uns innerhalb der Reiches Gottes, also in einem Gebiet, wo Jesus Befehlsgewalt hat. Die Christen müssen Jesus zwar auch nur freiwillig gehorchen, aber es macht ja keinen Sinn, sich für das Reich Gottes zu entscheiden, aber dann dem König des Reiches nicht zu gehorchen.
Nun erteilt hier aber gar nicht Jesus den Befehl, sondern Paulus.
Darum wird diese Bibelstelle unter der Überschrift „Vollmacht“ verhandelt.
Denn Jesus hat die Befehlsgewalt über sein Reich an Menschen übertragen.
Das ist das Wesen der Gemeinde. Sie ist der Leib Christi. Sie handelt anstelle des Christus hier auf der Erde.
Und darum braucht die Gemeinde Vollmacht. Sonst kann sie nicht anstelle des Christus handeln.
Darum muss das Handeln der Gemeinde verbindlich sein. Wenn die Gemeinde an Stelle von Jesus handelt, kann sie nicht mit „vielleicht“ und „mal sehen“ und „weiß nicht“ und allen erdenklichen Unsicherheiten handeln.
Um es auf diesen Fall anzuwenden: Jesus ist ja nicht zu den Pharisäern hingegangen und hat gesagt: „Es könnte sein, dass Gott nicht einverstanden ist mit dem, was ihr tut.“ „Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ihr Gott gegen euch aufgebracht habt.“
„Möglicherweise habt ihr das mit dem Gesetz falsch verstanden und ad absurdum geführt, aber wer weiß?“
Sondern Jesus wusste, was Gott über die Pharisäer dachte, und konnte darum eine deutliche Ansage machen.
Paulus wusste, was Gott über diejenigen dachte, die aus religiösen Gründen nicht arbeiten, und er wusste, was Gott über diejenigen dachte, die das in der Gemeinde offenbar längere Zeit akzeptiert hatten.
Und woher wussten Jesus und Paulus, was der Wille Gottes war?
Sie haben Gott gefragt. Dafür ist der Heilige Geist da, dass man Gott fragen kann und die Antwort verstehen kann.
Und dann, aber auch erst dann, kann man im Namen Gottes oder im Namen Jesu einen Befehl erteilen. Man hat Gott ja nach seiner Meinung gefragt. Und jetzt setzt man Gottes Meinung um.
Wie es nicht geht: Man sucht sich eine oder ein paar mehr Bibelstellen und konstruiert daraus, was der Wille Gottes in diesem Falle wohl wäre. Man konstruiert aus ein paar vorhandenen Gesetzen ein neues, das den aktuellen Anforderungen gewachsen ist.
Selbst wenn wir heute wieder mit Leuten konfrontiert wären, die wegen Gott nicht arbeiten wollen, könnten deren Motive ganz anders sein als die der Leute in Thessaloniki, und die Regel aus dem Thessalonicherbrief wäre darum gar nicht anwendbar.
Nein, so geht es nicht.
Obwohl die Anforderungen ja tatsächlich ständig neu sind. Wer wäre vorher auf die Idee gekommen, dass es Leute geben wird, die glauben, den Willen Gottes zu erfüllen, indem sie nicht arbeiten und dafür den anderen auf der Tasche liegen? Muss man erstmal drauf kommen!
Im übrigen ist diese Vollmacht, dass die Gemeinde sich von Leuten trennt und also selber bestimmen kann, wer drinnen und wer draußen ist und was die Regeln dafür sind, nicht neu. Die Vollmacht, das Böse aus der Mitte der Gemeinde hinauszutun, hatte die Gemeinde des alten Bundes auch schon. Bis hin zur Todesstrafe.
Aber im Alten Bund waren diese Maßnahmen, zu bestimmen, wer rein oder unrein ist, wer böse oder nicht böse ist, in der Regel an Ämter gebunden. Weil man Priester oder König war, konnte man solche Entscheidungen treffen.
Paulus kann diesen Befehl an die Gemeindeglieder nicht deshalb erteilen, weil er ein heiliger Apostel ist, sondern weil er Christ ist. Paulus hat nicht mehr Rechte als wir. Paulus hat mehr Kontakt mit Gott als wir. Und vermutlich auch mehr Heiligen Geist als wir.
Aber das muss nicht für immer so bleiben. Da könnten wir aufholen und mit Paulus gleichziehen.
Nur so zum Schluss: Was soll dieser Befehl?
Wenn Paulus unsere heutigen Gemeinden gekannt hätte, hätte er diesen Befehl vermutlich nicht gegeben.
Aber zur damaligen Zeit waren das Evangelium und das Reich Gott kraftvoll und außergewöhnlich.
Es war das erste Mal in der Weltgeschichte, dass wirkungsvoll gegen das Böse gekämpft wurde.
Dass Leute gegen den Teufel und die Dämonen gegenhalten konnten.
Und man konnte Gottes Stimme hören (was ohne Heiligen Geist schlecht geht); man konnte sich Barmherzigkeit leisten (weil Gott dahinter stand); es war tatsächlich so etwas wie eine grundsätzliche Veränderung der Menschen und der Wirklichkeiten möglich (dem Glaubenden war alles möglich).
Das Evangelium und das Reich Gottes waren krass, bizarr, bemerkenswert und für das Böse gefährlich. Paulus saß nicht umsonst so oft im Gefängnis. Der war ja kein notorischer Dieb.
Wenn man jetzt wollte, dass normale Menschen sich Jesus anschlossen und Teil des Reiches und der Bewegung wurden, dann musste man die alltäglichen Teile des Lebens normal lassen. Es durfte nicht der Eindruck entstehen, dass man erst ein totaler Spinner werden muss, bevor man sich der Gemeinde anschließen konnte. Die gute Nachricht war verrückt genug, da musste man jetzt nicht noch Komponenten hinzufügen, die für den normalen Menschen in dieser Gesellschaft inakzeptabel waren.
„Nicht auffallen“ war die Devise, was die normalen Notwendigkeiten des täglichen Lebens anging.
Beim Rewe die Äpfel nicht zu bezahlen mit der Begründung „die gehören meinem Vater, der hat die erschaffen“ ging genauso wenig wie nicht zu arbeiten mit der Begründung, „mein Vater wird sich darum kümmern, dass andere Leute mein Leben finanzieren“.
Man durfte den Leuten nicht noch mehr Gründe liefern, warum sie Jesus ablehnen konnten.
Und darum forderte Paulus in seinen Briefen immer wieder Bürgerlichkeit, Normalität, Unauffälligkeit.
Und darum hat der Fisch den Tempelgroschen bezahlt, und darum ist Jesus in die Synagoge gegangen und hat die ganzen jüdischen Riten mitgemacht.
Wenn Sie das Evangelium wirklich verstanden haben, brauchen Sie keine rotorange Hare-Krischna-Kutte, und Sie brauchen sich auch nicht ekstatisch durch die Straßenbahn zu rollen.
Wenn Sie voll Heiligen Geistes sind, fallen Sie genügend auf.