2.Thessalonicher 2,1-10 Wie man Christen durcheinanderbringt

Das ist natürlich ein sehr hübscher Text.

So erbaulich und so alltagstauglich.

Da sind also irgendwelche Wichtigtuer in Thessaloniki aufgetreten und haben erzählt, der Tag des Herrn sei schon da.

Also der allerletzte Abschnitt der Weltgeschichte.

Und diese Leute konnten scheinbar gut mit den modernen Medien umgehen, denn sie wussten von Briefen des Paulus, wo das angeblich drinstand, und hatten irgendwelche Propheten oder Weissager auf ihrer Seite. Außerdem war die politische Weltlage, soweit die Thessalonicher das beurteilen konnten, ebenfalls passend zu den Aussagen dieser Leute.

Und diese Botschaft hat in der Gemeinde offenbar für einigen Wirbel gesorgt, sonst hätte Paulus den Brief nicht zu schreiben brauchen.

Die Aufregung

Mir könnte das natürlich nicht passieren.

Wenn man mir sagen würde, die Wiederkunft Christi stände kurz bevor oder hätte vielleicht schon stattgefunden, dann würde ich höchstens darauf hinweisen, dass der Christus sich vor dem Betreten meiner Wohnung die Schuhe ordentlich abstreifen soll, dass ich nicht den ganzen Dreck in der Wohnung habe.

Aber ansonsten wäre mir die Sache vielleicht nicht egal, aber sie würde mich zu keiner Aktion und zu keiner großen Gefühlsregung veranlassen. Wenn er kommt, dann kommt er. Und wenn er noch nicht kommt, dann warten wir halt noch ein bisschen.

Das hat etwas mit meiner emotionalen Bindung an Gott oder Jesus zu tun. Ich akzeptiere beide, ich finde die auch gut. Ich gehöre gerne zu Gott.

Diese Leute hier in Thessaloniki, die liebten Gott oder Jesus. Der hatte sich aus großen Problemen und großer Not befreit, der hatte ihnen den Himmel gebracht und den Heiligen Geist, und zwar eben aus Liebe. Nestle und Rossmann bringen uns auch schöne Dinge, aber nicht aus Liebe. Die verdienen daran.

Ich akzeptiere Gott und nehme es wohlwollend zur Kenntnis, wenn Jesus wiederkommt.

Diese Leute liebten Gott, und waren völlig aufgeregt und aus dem Häuschen voller Vorfreude.

Aber gleichzeitig waren sie auch irritiert: Wenn Jesus wiederkommt, kommt dann nicht vorher die Entrückung der Gemeinde? Aber wir sind ja noch da. Aber vielleicht kommt der Christus auch langsam. Letzte Woche war er in Zürich, diese Woche ist er in Freiburg, und dann geht er erstmal nach Straßburg, und dann kommt er erst zu uns.

Der erste Grund, warum man diese Christen so verwirren und durcheinander bringen konnte, ist also, dass die Gott und seinen Sohn wirklich liebten. Und wenn der Christus wieder kommt, dann kommt für die nicht irgendein Funktionsträger, sondern dann kommt der Geliebte. Für mich ist die Wiederkunft Christi eine vernünftige Aktion, für die war es ein Fest.

Schreiben vor Reden

Der zweite Grund, warum man die Thessalonicher so verunsichern konnte, war ihre mangelhafte Orientierung am geschriebenen Wort Gottes.

Das ist aber eine feststehende Regel im Reich Gottes: Bibel geht vor. Darum müssen in Korinth auch die Aussagen der Propheten geprüft werden. Weil die Bibel der Maßstab ist, nicht die intelligente, durchdachte und überzeugend vorgetragene Meinung.

Nun kann man den Gläubigen, die in Thessaloniki aus dem Heidentum stammten, wenig Vorwürfe machen, dass sie das Buch Daniel und die anderen Schriften zum Thema des letzten Tages der Weltgeschichte nicht gut kannten. Bei den Juden wurde der Prophet Daniel in der Synagoge immer mal wieder vorgelesen, die hätten schon merken können, dass das, was da an aufgeregten Neuheiten verkündet wurde, nicht viel mit dem Bibeltext zu tun hat.

Darum erklärt jetzt Paulus das alles noch einmal, und er erzählt nun eben mit eigenen Worten das, was in den Propheten über den letzten Tag der Weltgeschichte und seine Bedingungen so drin steht.

Hat er allerdings schon einmal gemacht. Schreibt er denen auch (Vers 5).

Bibelkenntnis und Bibelverständnis ist also nicht das Dümmste, wenn man die Welt und die Vorgänge in der Welt verstehen will.

Das Wort Gottes hat Vorrang vor allen noch so klugen und noch so einleuchtenden Ideen.

Die Zuverlässigkeit

Das hat etwas damit zu tun, dass Gott auf eine gewisse Weise berechenbar sein will.

An und für sich ist Gott ja unendlich in seinen Möglichkeiten, der kann machen was er will und wann er will. Aber wenn Gott mit Menschen umgehen will (oder die Menschen mit ihm), dann muss Gott dafür einen Rahmen schaffen.

Darum hat Gott sein Wort gegeben, und alles, was Gott macht, ist an diesem Wort messbar.

Darum sagen wir, Gottes Wort ist zuverlässig.

Folglich konnte es überhaupt nicht sein, dass Gott die Thessalonicher damit überrascht, dass er entgegen allen früheren Aussagen einfach so den Tag des Herrn anbrechen lässt – also dass Gott sich die Dinge spontan anders überlegt, oder dass Gott wie Konrad Adenauer sagen würde: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“

Nein, sondern Gott hat durch Amos extra ansagen lassen: Am 3,7

7 Denn der Herr, HERR, tut nichts, es sei denn, dass er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, enthüllt hat. —

Der zweite Grund, warum man die Thessalonicher so verunsichern konnte, war also, dass sie sich über die Qualität von Gottes Wort nicht im Klaren waren.

Das Kennzeichen

Das Bemerkenswerte hier ist, was das Kennzeichen für das Kommen des Christus ist.

Man würde sich vielleicht vorstellen, dass wenn sich die Herrlichkeit Gottes auf der Erde durchsetzt, dass das dann dadurch angekündigt wird, dass überall Millionen von Tulpen erblühen. Die ganze Erde ein Blütenmeer.

Oder dass aus dem Himmel leise Musik erklingt, harmonisch und schön.

Das Kennzeichen ist aber, dass das Böse so böse ist, dass es böser nicht mehr geht.

Wenn die Bosheit des Bösen nicht mehr zu überbieten ist – das ist das Zeichen.

Wenn das Böse durch nichts und gar nichts mehr gehindert wird – daran erkennt man den anstehenden Termin.

Souveränität

Daran kann man natürlich die Souveränität Gottes ablesen. Wenn Gott das Böse dazu benutzen kann, als Anzeigetafel für Gottes Pläne zu dienen, dann ist Gott offenbar wirklich Herr der Welt.

Wir würden ja sagen: Wehret den Anfängen. Und wir würden das Böse bekämpfen, wenn es noch klein ist. Damit es gar nicht erst groß und gefährlich wird. Gleich im Keim ersticken, weil man sonst der Sache nicht mehr Herr wird.

Aber Gott ist so mächtig, er kann das Böse wachsen lassen bis zu einer Größe, wo es nicht weiter wachsen kann. Wo es also seine maximal mögliche Größe erreicht hat.

Und dann wird Jesus das Böse durch sein simples Erscheinen vernichten. „Mit dem Hauch seines Mundes“ sagt Paulus (Vers 8). Das ist genau das gleiche wie bei der Schlacht von Armageddon. Die findet überhaupt nicht statt. Weil in dem Moment, wo Jesus erscheint, er schon gewonnen hat.

Keine Angst gar nicht

Jesus hat mal das Gleichnis erzählt, wo man das Unkraut im Acker bis zur Ernte mitwachsen lässt. Das beschreibt genau diesen Vorgang.

Denn Gott hat keine Angst vor dem Bösen.

Die, die immer Angst vor dem Bösen haben, sind wir.

Und weil wir ja eigentlich Gott ähnlich werden sollen, darum ist die Bibel voll von Anweisungen, dass wir uns genauso wenig wie Gott vor dem Bösen fürchten sollen.

„Fürchte Dich nicht“ steht ziemlich oft in der Bibel.

Die Bergpredigt hat einen langen Abschnitt, dass man sich keine Sorgen machen soll wegen Dingen, die natürlich auch auf das Böse zurückzuführen sind, wie Nahrungsmangel oder Wassermangel oder Geldmangel.

Paulus hat in Römer 8 einen langen Absatz darüber, dass uns im Eigentlichen niemand schaden kann. Sicher, es wird uns vieles im Leben nicht gefallen. Damit, dass das Leben kein Wunschkonzert ist, müssen wir leben. Aber im Eigentlichen kann das Böse den Christen nichts anhaben. Die Christlichkeit kann man den Christen nicht wegnehmen.

Das Böse kann uns ärgern, sicher. Aber damit hört seine Macht auch schon auf.

Gott hat keine Angst vor dem Bösen, und wenn wir zu Gott gehören, können wir es ihm gleichtun.

Flankierende Maßnahmen

Zusätzlich haben wir ja von Gott eine Reihe von Werkzeugen zur Verfügung gestellt bekommen, die ebenfalls dazu dienen, sich gegen das Böse durchsetzen zu können.

Als erste hat Gott den Glauben gesetzt. Jesus hat einiges darüber gesagt, was der Glaube alles kann. Das kann man zusammenfassen, indem man sagt: Der Glaube kann sowohl das Böse als auch die Folgen des Bösen überwinden.

Dann hat Gott den Lebensstil zur Überwindung des Bösen gesetzt. Lasst euch nicht vom Bösen überwinden, sondern überwindet das Böse mit Gutem (Rö 12,21).

Auch Beten hat in diesem Zusammenhang eine ungeheure Kraft.

Man muss sich also nicht passiv darauf verlassen, dass das Böse irgendwann an seine Grenzen kommt und den Christen letztlich nichts Entscheidendes tun kann. Man muss das Böse nicht hilflos erleiden. Sondern man aktiv etwas tun, um das Böse in seinen Handlungsmöglichkeiten einzuschränken.

Und darum sagt Paulus in Vers 6 auch, dass da noch etwas ist, das das Böse daran hindert, sich zu seiner maximal möglichen Größe zu entwickeln. Solange noch Christen da sind, ist das Böse in seiner Macht eingeschränkt, und wenn diese Christen ihren Job anständig machen, ist es sogar sehr eingeschränkt.

Der Chef geht nicht selber.

Es ist so eine Regel im Himmelreich, dass Gott nicht selber gegen das Böse vorgeht, sondern Menschen die Macht gibt, das zu tun.

Darum hat Gott für all die zahlreichen Aufgaben, die in der Welt zu erledigen waren, immer irgendwelche Menschen berufen. Gott geht nicht selber, und Gott macht nicht selber. Um die stärkste Waffe des Bösen (die Sünde) zu beseitigen, hat er dann einen Menschen geschickt, der letztlich Gott selber war. Aber es war immer noch ein Mensch.

Solange, wie noch ein Mensch da ist, der die Aufgabe erledigen könnte, macht Gott es nicht selber.

Erst als vor der Sintflut nicht mehr genügend Menschen da waren, um die Bosheit der Menschheit zu mildern, da hat Gott selber was gemacht und die Flut kommen lassen.

Und am Ende der Zeit, wenn auch niemand mehr da ist und das Böse absolute Macht hat – zwei Dinge, die sich gegenseitig bedingen – dann kommt Gott selber und beseitigt das Böse schlicht durch seine Anwesenheit.

Bis dahin ist der Einsatz gegen das Böse unsere Sache.

Gott hat den einen Menschen geschickt, der unsere Möglichkeiten gegen das Böse extrem vergrößert hat.

Darum können jetzt wir gehen.