Römer 5,3 Ätsch, mein Problem ist größer!

Wir rühmen uns in den Bedrängnissen.

So steht es da.

Es muss schon schwierig sein, Bibeltext vernünftig zu übersetzen.

So kommt der brave Christ morgens in den Gottesdienst und rühmt sich: „Ich bin der Größte, denn ich habe ein neues Problem!“ Worauf auch niemand ihm antworten würde: „Ich bin viel bedeutender als Du, denn mein Problem ist zwar schon älter, aber es ist viel größer und imposanter als deins!“

Wenn Paulus heutiges Deutsch sprechen würde, würde er wohl sagen: „Wir halten uns für gesegnet auch in den Bedrängnissen.“

Paulus würde nicht sagen „wir fühlen uns gesegnet“, denn wir haben es hier mit Bedrängnissen zu tun, und in solchen fühlt man sich nicht gesegnet. Aber man hat Gehirn und Verstand, und obwohl sich das Problem entsetzlich anfühlt, weiß man aufgrund der Erfahrung und aufgrund dessen, was sonst noch so in der Bibel steht, dass in der Bedrängnis irgendwo der Segen drinsteckt.

Paulus hat nämlich so eine Idee, was Gott in der Zeit macht, in der wir Probleme haben. Was macht Gott, während wir mit Problemen kämpfen?

Sofa abnutzen

Und da kommen wir zum nächsten Sprachproblem, denn da steht „ausharren“. Und für die meisten Menschen in Deutschland ist das eine passive, defensive Haltung. Ich setze mich aufs Sofa und warte, bis es vorbei ist. Ich ducke mich und komme erst wieder zum Vorschein, wenn die Lawine durch ist. Wir machen es wie Helmut Kohl und sitzen es aus.

Aber dieses Konzept von Ausharren, wie die meisten Menschen es verstehen, kennen die Schreiber der Bibel eigentlich nicht. Darum sind ihre Texte nämlich in der Bibel gelandet. Wobei wir ein noch größeres Sprachproblem haben, weil da, wo in der Elberfelder Bibel „Ausharren“ steht, in anderen Bibeln „Geduld“ steht. Da entsteht dann wirklich der Eindruck, als wenn hier vermittelt werden soll, wenn man nur lange genug wartet, geht es vorüber, und diese passive und defensive Einstellung sei irgendwie eine christliche Tugend.

Wenn man aber die Psalmen liest, wie die Menschen dort auf die Probleme reagiert haben, dann war das völlig anders.

Als Nebukadnezar Jerusalem belagert hat und seine Soldaten also längere Zeit vor der Stadt ausharren mussten, da hat er auch nicht Liegestühle an seine Soldaten verteilt mit der Aufforderung, diese rund um die Stadt aufzustellen und sich reinzusetzen und einfach nur dafür zu sorgen, dass keiner rein und keiner rauskommt, und ansonsten zu warten, bis die Zeit reif ist. Sondern die haben, während sie vor der Stadt ausharrten, die ganze Zeit gefeuert und versucht die Mauern kaputt zu machen und haben Brandfackeln in die Stadt geschossen. Und die Schreiber der Psalmen haben ebenfalls unablässig gefeuert und beschreiben das ja auch, aber sie haben in Richtung auf Gott gefeuert, weil sie das Problem selbst ja im Moment nicht lösen konnten.

Ausharren in der Bibel meint eine aktive Haltung, meint dass man keinen Schritt zurückweicht, dass man sich nicht kleinkriegen lässt, und dass man vor allen Dingen den Platz vor Gottes Thron nicht verlässt. „Standhaftigkeit“ wäre ein besseres Wort.

Wenn man ein großes Problem hat, dann gerät das Problem sehr in den Fokus und man denkt dann, dass Gottes Sache erst weitergehen kann, wenn das Problem gelöst ist. Weil einem das Problem so riesig groß erscheint.

Und ausharren heißt jetzt, an Gott dranzubleiben, kein Ruhe zu geben, denn der Teufel hätte natürlich nichts lieber, als dass wir uns für die Dauer des Problems aufs Sofa zurückziehen und erst wieder in das Weltgeschehen eingreifen, wenn uns die Umstände geeignet, also besser erscheinen.

Aber die Frage Gottes, die hinter dem ganzen steckt, ist die Frage: Bin ich Dir immer noch wichtig genug, auch wenn Du ein riesiges Problem hast? Wer ist jetzt größer und wichtiger: Gott oder das Problem? Was liebst Du im Moment mehr: Die Problemlösung oder Gott? Wessen Ziele stehen jetzt im Vordergrund: Deine, nämlich das Problem zu lösen oder zu überstehen, oder Gottes Ziele, die mitunter ganz andere sind.

Und wenn Sie an dieser Stelle richtig ausharren, nicht defensiv und passiv, sondern die Stellung haltend, Ihren Platz nicht verlassend, dann sagt Paulus in Vers 4, dass das Ausharren Bewährung bringt.

Das war die schlechte Nachricht für heute: Auch mit Gott ist Kämpfen eine Lebensaufgabe, und das Leben ist ein Kampf.