Römer 8,37 was der Überwinder überwindet

Das stieß mir auf.

Weil es nicht wahr ist.

In Vers 35 nennt Paulus die Risiken des Lebens – zugegebenermaßen nicht unbedingt die Risiken des heutigen privilegierten westlichen Lebens – er nennt also Bedrängnis und Angst und Verfolgung und Hungersnot und absolute Armut (Blöße) und Gefahr und Schwert (gewaltsamer Tod durch Krieg oder Kriminelle).

Diese Liste ist ziemlich vollständig.

Sie nennt so ziemlich alles, was Menschen in Afghanistan oder Syrien oder in vielen Ländern Afrikas zu dem Thema einfallen könnte.

Außer Krankheit und solchen Schicksalsschlägen, die ohnehin alle Menschen treffen.

Und dann sagt Paulus in Vers 37, dass wir in allen diesen Dingen nicht nur Sieger sind, sondern mehr als Sieger.

Es ist nicht etwa unentschieden.

Oder ein knapper Sieg mit Hängen und Würgen.

Sondern es ist summa cum laude, ein grandioser Triumph, der Gegner weit abgeschlagen und überhaupt nicht mehr der Rede wert.

Sagt zumindest Paulus.

Der war wohl nie bei uns in der Gemeinde.

Oder in meiner Haut.

Nicht die Angst

Bleiben wir der Einfachheit halber beim wohlhabenden westlichen Lebensstil:

Wen oder was überwinde ich denn in meiner Angst?

Also was ich bestimmt nicht besiege, ist die Angst.

Wäre natürlich cool. Wenn die Angst vor jedem minderwertigen Furz endlich mal aus der Welt wäre.

Aber darum geht es Paulus hier nicht.

Es geht nicht um eine verschärfte Version von „Fürchte dich nicht“.

Denn in den Versen vorher und nachher spricht er nicht darüber, wie man souverän lebt in dieser Welt.

Sondern es geht die ganze Zeit um die Liebe Gottes, von der uns niemand trennen kann.

Es geht die ganze Zeit darum, dass niemand einen Keil zwischen Gott und mich treiben kann.

Ob wir gesund sind oder gut bei Kasse, interessiert in diesem Abschnitt niemanden.

Sondern der Sieg, den wir erringen, wird parallel gesetzt zu dem Sieg des Christus.

Also dem am Kreuz.

Und der besondere Sieg am Kreuz bestand ja darin, dass Jesus das Entsetzlichste und Schlimmste erlebt hat, was ein Mensch erleben kann, und trotzdem Gott nicht gekündigt hat.

Das Maß für den Sieg

Es ging ja am Kreuz nicht nur darum, dass Jesus ungerechter Weise getötet wird und darum wieder auferstehen kann.

Wäre es darum gegangen, hätte Judas ihn auch im Schlaf erdolchen können.

Sondern es ging darum, dass der Teufel die stärksten Waffen aufgefahren hat, um Jesus von Gott wegzubringen, und er hat es nicht geschafft.

Der Teufel hat alle seine Macht aufgewendet, um Jesus zu der einen entscheidenden Sünde zu bewegen, nämlich sich von Gott abzuwenden, weil der ihm nicht hilft, sondern dabei zuschaut, wie Jesus so dermaßen leiden muss.

Und die Leute, die unterm Kreuz standen und sagten, er solle doch heruntersteigen, sofern er Gott Sohn wäre, die haben es nicht verstanden.

So besteht unser Sieg, den Paulus in Römer 8,37 beschreibt, auch nicht darin, der Krankheit zu entkommen und der Gefahr zu entgehen.

Sondern der Sieg besteht darin, selbst in den übelsten Lebensumständen an Gott festzuhalten.

Denn das Maß für den Sieg ist Jesus.

Wer sagt, das Maß für den Sieg ist das Gesundwerden oder die Befreiung aus Armut oder die Beseitigung aller Bedrängnis, der macht Weltliches zum Maßstab für den Sieg.

Das, was auf dieser materiellen Welt als wünschenswert gilt, das nimmt so jemand sich zum Maß und Vorbild.

Aber das Maß für den Sieg muss Jesus sein.

Und damit ist die zu erfüllende Anforderung, nicht zu sündigen in selbst schwierigster Lage.

Das wäre ein Sieg.

Gott „gut“ zu nennen und „liebenswert“, wenn das natürliche Leben gerade nicht lebenswert erscheint.

Gott „gut“ zu nennen, auch wenn es einem selbst nicht gut geht.

Die Liebe Gottes als existent und real anzuerkennen, selbst wenn man sie seinem Nachbarn gerade nicht nachweisen kann.

Zusammenfassung

Der Sieg Christi am Kreuz und mein Sieg in den schlechten Umständen werden hier parallel gesetzt.

Wobei ich nicht die gleichen Anstrengungen unternehmen muss und die gleiche Disziplin beweisen muss wie Jesus.

Sondern ich kann mir den Sieg Jesu zu eigen machen.

Den kann ich auf mich beziehen.

Darum sagt Paulus: Man kann gar nicht verlieren.

Nicht weil man selbst so toll und stark ist.

Sondern wenn Christus in mir lebt, dann lebt auch sein Sieg in mir.

Und dann wird mein Leben in dieser Hinsicht ein Triumph. Keine Wackelpartie.

Gottes Liebe zu uns ist nicht fraglich.

Was der Überwinder also überwindet, ist die Versuchung, Gott zu kündigen, weil Gott ja offensichtlich gar nicht auf meiner Seite ist.