Römer 1,24-32 – Juchu! Eine Sündenliste

Dieser Artikel erklärt Ihnen, warum Sie die lange Liste der Unanständigkeiten am Ende von Römer 1 nicht als Maßstab dafür benutzen können, was in der Gemeinde verboten oder verpönt ist.

Ja, da können die Gemeinden dem Paulus wirklich dankbar sein.

Dass er so eine lange und genaue Liste von Dingen aufgeschrieben hat, welche wir in der Gemeinde zu verteufeln haben.

Eine Liste, die wir in der Gemeinde vorlesen können, wenn wir über gewisse Menschen zu Gericht sitzen wollen.

Und genau so hat mir diese Liste kürzlich jemand empfohlen: Wenn es in der Gemeinde um die Frage gehe, was im Reich Gottes erlaubt sei und was nicht, dann solle ich einfach diese Liste vorlesen. Die spräche ja für sich selber. Da bräuchte ich dann gar nichts mehr dazu zu sagen. Das Wort Gottes sei ein mächtiges Schwert.

Den Garten umgraben.

Ja, das Wort Gottes ist ein Schwert. Wenn man aber ein Schwert benutzt, um den Garten umzugraben, dann ist das ein falscher Umgang mit dem Schwert.

Denn die Liste, die Paulus hier aufgeschrieben hat, ist eine Liste von Strafen.

Wir erfahren in dieser Liste jede Menge Ergebnisse von Gottes Zorn.

In Vers 24 + 26 + 28 steht dreimal, dass Gott die Menschen „dahingegeben“ hat, die Dinge zu tun, die auf der Liste stehen.

Die Menschen tun diese Dinge also nicht freiwillig. Sondern sie sind dazu verdammt.

Der Anfang des Abschnitts, Vers 18, sagt es ganz klar: In diesen Dingen wird der Zorn Gottes sichtbar, nicht der schmuddelige Charakter irgendwelcher Menschen.

Des Todes würdig

Der fromme und überhaupt kein bisschen noch nicht mal ansatzweise schmuddelige Christ weist nun darauf hin, dass am Ende dieses Abschnitts, in Vers 32, steht, dass die, die so etwas tun, des Todes würdig sind.

Und dass die Liste eben doch ein Sündenregister ist. Es ist eine Aufzählung dessen, wegen dem man nicht in den Himmel kommt.

Nein, oh reiner Christ, es ist eine Liste dessen, was wir seit Adam und Eva wegen deren Schuld haben. Und seit Adam und Eva haben wir den Tod.

Und natürlich wissen die Täter, dass Neid, Schlechtigkeit, Bosheit, Habsucht und Mord (alles Vers 29) nicht gut sind. Und dass wenn es einen Gott gibt, dieser mit Sicherheit gegen diese Dinge sein wird, weil man nirgendwo auf der Welt mit diesen Dingen ein brauchbares Leben aufbauen kann. Diese Dinge sind von sich aus lebensfeindlich, und darum ist auch ein Großteil dieser Dinge in den meisten Staaten verboten oder verpönt.

Allerdings haben weder staatliche Strafen noch soziale Ächtung und auch nicht die Erkenntnis der Unbrauchbarkeit dieser Dinge dazu geführt, dass diese Dinge aufhören. Weil sie nämlich ein Ergebnis von Gottes Zorn sind, und gegen Gottes Zorn kommen Menschen nicht an. Gottes Zorn entgeht man nicht. Gottes Zorn hat man nichts wirkungsvolles entgegen zu setzen.

Die Referenzgruppe

Was Paulus in diesem Kapitel beschreibt, ist der Zustand der heidnischen Welt. Paulus beschreibt das, was wir täglich in den Nachrichten, im Internet und in unserem persönlichen Umfeld sehen können.

Die Liste ist dazu da, zu begründen, dass die Heiden Erlösung brauchen.

Dass die Juden auch Erlösung brauchen, kommt erst in Kapitel 2.

Die Liste ist nicht dazu da, damit wir ein Regelwerk haben, mit dem wir jede Menge Dinge in der Gemeinde verbieten können und Zuwiderhandelnde möglichst rauswerfen können.

Die Liste soll begründen, warum wir Gott brauchen.

Diese Liste ist nicht dazu da, die Sünden von Christen zu benennen. Sondern sie soll die Sünde der Heiden erklären. Und die Sünde der Heiden ist nichts, was in dieser Liste steht. Denn in dieser Liste stehen nur die Strafen. Die Sünde der Heiden ist die Gottlosigkeit. Und aufgrund dieser Sünde wurden die Heiden hingegeben an die in der Liste aufgeführten Strafen.

Verwendungsausschluss

Natürlich ist es mir nicht neu, dass es Christen gibt, die Bibelstellen ohne Rücksicht auf den Zusammenhang benutzen, in dem die Stellen stehen. Hauptsache, die Bibelstelle sagt irgendwie das, was ich auch gerne sagen würde, dann wird sie aus dem Zusammenhang herausgerissen und für den Zusammenhang benutzt, der mir gerade wichtig ist.

So wird dann hier eine Liste, welche die Strafe für die Heiden beschreibt, dafür benutzt, um zu beweisen, was ein anständiger Christ alles nicht tun darf.

Wobei in der Liste sicher einiges steht, gegen das auch Jesus und Paulus und sogar schon das Alte Testament sich ausgesprochen haben. Mord und Habsucht sollte für Gläubige keine Option sein, und „Gotteshasser“ und „Erfinder böser Dinge“ sind sicher keine Attribute, für die man in der Gemeinde Beifall bekommt.

Aber wenn man dem Neid in der Gemeinde entgegen treten will, dann muss man das mit den Bibelstellen machen, die eindeutig an die Gläubigen adressiert sind und unzweideutig den Neid der Christen meinen. Und nicht, wie hier in Römer 1, den Neid der ganzen Welt.

Die Bibel ist kein Eintopf, aus dem man sich das Fleisch herauspicken und die Erbsen drin lassen kann.

Die Treue zu Gottes Wort verbietet es einfach, Bibelstellen für etwas zu verwenden, für das sie gar nicht geschrieben wurden. Wer den Satz vor einem Zitat weglassen muss und den Satz danach auch, weil es sonst nicht passt, der missbraucht die Bibel und ist recht weit entfernt von der Wahrheit. Wer also in diesem Fall dreimal „Gott hat sie dahingegeben“ weglassen muss, weil man sonst merken würde, dass die Dahingegebenen der Situation recht hilflos gegenüber stehen und sich nicht einfach von ihren Handlungen wegbekehren können, der betrügt mit Gottes Wort.

Passt ohnehin nicht

Im Übrigen geht die Liste als Verbotssammlung für die Gemeinde ohnehin nicht.

Denn Dämlichkeit (Vers 31 „Unverständige“) ist keine Sünde.

„Ohne natürliche Liebe“ ist bedauerlich und vielleicht im Umgang schwierig, aber man kann den Leuten ja nicht „natürliche Liebe“ befehlen. So etwas hat man, oder man hat es nicht. Und vermutlich kann man darin besser werden. Aber es von Natur aus nicht zu haben, ist keine Sünde.

Es ist auch keine Sünde, einen anderen Beruf zu wählen, als die Eltern es einem gerne vorschreiben wollen. „Den Eltern Ungehorsame“ war zu gewissen Zeiten ein gesellschaftlicher Missstand, aber heute dürfen Sie Mama gerne widersprechen. Sie riskieren damit nicht die Hölle.

Eindeutig sagt Paulus in Epheser 4,17-19, dass Sie sich nicht die Heiden als Vorbilder für Ihren Lebensstil nehmen sollen. Was in sich logisch ist, denn die Heiden sind von Gott dahingegeben, Sie aber von Gott erlöst. Es geht trotzdem nicht, dass Sie eine Negativliste, welche das Verhalten der Heiden beschreibt, in eine Positivliste für die gemeindeinterne Sündendefinition verdrehen.

Sie sollen Jesus nachfolgen, und Sie sollen den alten Menschen ablegen. Sie können Jesus ähnlicher werden und sich durch und durch verbessern.

Aber mit dieser Liste in Römer 1 hat das nichts zu tun.