Galater 1, 11-22 Unabhängigkeit
Und?
Was lesen Sie so?
Ich meine: regelmäßig.
So, dass es Ihre Sichtweise beeinflusst.
Das war ja, was die Galater über Paulus spekulierten: Was liest der, dass der jetzt so ein blödes Evangelium verkündet?
Welcher Schule hängt er an, welchem Lehrer folgt der nach, welchen YouTube-Kanal hat der abonniert? Wie kommt man darauf, sich so von den Riten und Traditionen des alten Bundes zu lösen?
Und dann beschreibt Paulus seinen theologischen Werdegang.
Erster Teil von Paulus‘ theologischem Werdegang: Ausbildung als Pharisäer in der Schule Gamaliels.
Zweiter Teil von Paulus‘ theologischem Werdegang: Meidet Jerusalem!
Denn in Jerusalem saß die „Urgemeinde“, hier saßen mit Petrus und dem Jesusbruder Jakobus die einflussreichen Lehrer, die sich ja gelegentlich nicht scheuten, Abgesandte zu den anderen Gemeinden zu schicken, um ihre eigene Sichtweise dort durchzusetzen.
Und so liest sich dieser Abschnitt des Galaterbriefes wie die Geschichte einer Vermeidung.
Denn den Fehler hatte Paulus schon einmal gemacht, den brauchte er nicht zu wiederholen: Sich einer Schule anzuschließen. Sich von einer Richtung vereinnahmen zu lassen.
Anstatt des Wortes Gottes hatte er den Talmud studiert, und anhand sich von Gott belehren zu lassen (wie es nach Jesaja 54,13 vorgesehen war) hatte er sich von Gamaliel und Co. belehren lassen.
Paulus war nicht mehr bereit, von irgendeiner einflussreichen Nase Belehrung entgegen zu nehmen.
Außer von der einflussreichsten Nase überhaupt, der Nase über allen Nasen: Von Gott.
Und das ist es, was Paulus in diesem Abschnitt beschreibt: Seine Abhängigkeit allein von Gott.
Und wenn den Galatern sein Evangelium nicht gefällt, dann sollen sie sich bei Gott beschweren. Von dem stammt das nämlich.
Und wenn die Galater das Evangelium des Paulus ablehnen, dann lehnen sie Gott ab.
Kann man ja machen.
Empfiehlt sich aber nicht.