2.Korinther 3,18 - der Verwandlungsbefehl

Sehen Sie: Wir hatten mal einen Pastor.

Der machte Predigtreihen. Streng nach Plan. Auf Jahre hin konzipiert.

Z.B. gab es einen Abschnitt, wo es darum ging, dass wir, die Gemeindeglieder, mehr und mehr zum Ebenbild Gottes werden sollten.

Und er selbst wollte das für sich auch. Er betete und fastete und las und ging auf Einkehrtage und gab sich furchtbar viel Mühe, „besser“ zu werden. (Er war also kein Heuchler.)

Und den Druck, den er sich selber machte, den machte er uns auch.

Die Söhne Korachs sehen Leben

Ps 84,2-5

2 Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR der Heerscharen!

3 Es sehnt sich, ja, es schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des HERRN, mein Herz und mein Leib, sie jauchzen dem lebendigen Gott <entgegen>.

4 Auch der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für sich, wo sie ihre Jungen hingelegt hat — deine Altäre, HERR der Heerscharen, mein König und mein Gott!

5 Glücklich sind, die in deinem Haus wohnen. Stets werden sie dich loben. //

Auch die Söhne Korachs waren natürlich Ansprüchen ausgesetzt.

Zum einen denen des Gesetzes, dem alle Israeliten ausgesetzt waren.

Und dann den Ansprüchen seiner besonderen Berufung. Wer von Gott zum Tempelmusiker berufen wurde, der hat besondere Aufgaben und Verantwortungen und Erwartungen, letztere sowohl vom Volk als auch von Gott.

Aber die Söhne Korachs steht einfach da und schauen Gott an.

Oder sie stehen einfach da und freuen sich über Gott.

Denn wenn man genau hinschaut, dann ist das, was Gott macht – oder ist – oder sagt – oder ausstrahlt – rätselhaft und wunderbar und faszinierend und groß und herrlich.

Gott ist das Leben hinter dem Leben.

Wenn man das, von dem wir denken, dass es unser Leben ausmacht:

·         die Spülmaschine

·         unsere Beziehungen, privat wie beruflich

·         unser Geld und der ganze Besitz, den wir angesammelt haben

·         unsere Gefühle, die schrecklichen wie die (meistens nur erhofften) schönen

·         unsere Pläne, Vorstellungen, Ideen

wenn man das alles mal beiseite schiebt – was dann erscheint – oder übrigbleibt – das wäre das, was eigentlich wichtig ist.

Und darum stehen oder sitzen die Söhne Korachs jetzt hier im Tempel.

Ohne eine Aufgabe erfüllen zu müssen.

Ohne irgendwelchen Standards gerecht werden zu müssen.

Ohne sich verändern zu müssen.

Automatischer Prozess

Man geht davon aus, dass jemand, der Gott sieht – oder das Leben hinter dem Leben sieht – dass der automatisch nicht so bleibt, wie er ist.

Auf ganz brutale Art konnte man das bei Paulus sehen. Als er vor Damaskus Jesus begegnet, ergeht ja kein moralischer Auftrag an ihn. Kein „werde besser!“ Es war von vornherein klar, dass der nicht so weitermachen konnte wie bisher.

Wenn man Gott gesehen oder gehört hat, dann gibt es gewisse Wahlmöglichkeiten nicht mehr.

(Wobei Ihnen hoffentlich klar ist, dass man nicht zwangsläufig eine Netzhaut braucht, um Gott zu sehen, und nicht auf einen Gehörgang angewiesen ist, um Gott zu hören.)

Und Gott will ja die Beziehung zum Menschen, nicht die Arbeitskraft des Menschen. Von daher ist das Erbringen irgendeiner Leistung für Gott – und sei es nur die Leistung der eigenen Optimierung – nun wirklich nicht die dringendste Aufgabe.

Falls Sie also tatsächlich die Absicht haben, Gott ähnlicher zu werden, dann begeben Sie sich bitte in Gottes Nähe.

Gott färbt nämlich ab.

Das Missverständnis

Aus der schwerpunktmäßig moralischen Sicht des Christentums entsteht ein weiteres Missverständnis: Dass die Verwandlung in der Bild Christi oder das Bild Gottes vor allen Dingen eine moralische Veränderung ist: Man stiehlt nicht mehr, man lügt nicht mehr, man ist ein wenig barmherziger.

Tatsächlich besteht das Wesen Gottes und das Wesen Christi aber nicht in erster Linie aus moralischen Werten.

Gott ist ja erstmal Kraft und Macht. Unüberwindbar. Der Sieger. Der Souveräne.

Sodann ist Gott frei. Niemand ist so frei wie Gott.

Ferner steht Gott für eine Entscheidung, die wir „Liebe“ nennen. Diese hat aber keinen moralischen Touch, sondern ist eine starke Entscheidung in unsere Richtung. Das Gute, das Gott für uns will, besteht aus dem optimal Erreichbaren. Weil Gott der absolut Beste ist, will er dieses Beste auch für uns. Höchste Qualität für alle.

Nicht zuletzt steht Gott für Wahrheit. Aber nicht für Wahrheit in einem moralischen Sinn, also als Gegensatz zu feiger Lüge. Sondern die Wahrheit ist ein Spiegel der Wirklichkeit. Es geht um Realität im Gegensatz zu Irrtum und Phantasie und Einbildung und Wunschdenken.

Zusammengefasst steht Gott für „Leben“. Weswegen Jesus dann auch sagte „ich bin das Leben“. Leben ist aber viel mehr als nur die Abwesenheit von Tod. Leben schafft neues Leben, und wenn es von Gott ist, dann ist es auch unkaputtbar. Darum beschreiben die Söhne Korachs in der zweiten Strophe diese Verwandlung wie folgt: Ps 84,6-9

6 Glücklich ist der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in dessen Herz gebahnte Wege sind!

7 Sie gehen durch das Tränental und machen es zu einem Quellort. Ja, mit Segnungen bedeckt es der Frühregen.

8 Sie gehen von Kraft zu Kraft. Sie erscheinen vor Gott in Zion.

9 HERR, Gott der Heerscharen, höre mein Gebet! Vernimm es, Gott Jakobs! //

Vers 9 weist darauf hin, dass diese Art von Ebenbildlichkeit Gottes sehr aufs Beten angewiesen ist. Also auf die Präsenz vor Gott.

Es kommt nicht primär aufs Mühegeben an. Die eigene Anstrengung wird hier nicht viel verändern. Wenn man tatsächlich „wie Gott“ sein will, dann entzieht sich diese Veränderung unserer Machbarkeit.

Weil es darauf ankommt

Diese Veränderung, welche die Söhne Korachs beschreiben, bedarf aber unbedingt der Nähe zu Gott.

In der damaligen Zeit brauchte man für die Nähe zu Gott den Tempel, denn dort wohnte Gott.

Darum war es wichtig, dass Gott den König bewahrte, denn der König war der Garant für die irdische Sicherheit des Tempels.

Der König war außerdem der Garant dafür, dass irgendwann der große König käme, der in der Sukzession von David stand. Solange wie es immer einen Nachfolger des Königs gab, konnte man hoffen, dass dieser Stammbaum irgendwann in dem großen König endete. Und solange es den Nachfolger gab, sah man, dass Gott den Plan mit Israel in Gegenwart und Zukunft nicht aufgegeben hatte.

Darum ist die Sicherheit des Tempels, die Sicherheit der Gemeinde, die Sicherheit des Garanten des Messias von zentraler Wichtigkeit.

Ps 84,10-13

10 Blicke doch, Gott, auf unseren Schild! Schaue an das Gesicht deines Gesalbten!

11 Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als <sonst> tausend. Ich will lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes als wohnen in den Zelten des Unrechts.

12 Denn Gott, der HERR, ist Sonne und Schild. Gnade und Herrlichkeit wird der HERR geben, kein Gutes vorenthalten denen, die in Lauterkeit wandeln.

13 HERR der Heerscharen! Glücklich ist der Mensch, der auf dich vertraut!

Heutzutage wird die Möglichkeit der Nähe zu Gott dadurch hergestellt, dass Jesus auferstanden ist.

Dass also der Teufel besiegt ist, der Heilige Geist gekommen ist und somit die Nähe zu Gott jederzeit und theoretisch für jedermann möglich ist.

Darum kann Paulus so siegessicher sagen, dass uns nichts aus Gottes Hand reißen kann und dass alles zu unserem Vorteil sein muss.

Ende

Die Nähe zu Gott ist das Beste, was dem Menschen passieren kann.

Die Nähe zu Gott ist auch das, was den Menschen am meisten verändert.

Da kommen Sie mit Ihren guten Vorsätzen nicht hinterher, und die moralische Peitsche können Sie wegpacken.

Und falls Sie an dieser Stelle einen Artikel über 2.Korinther 3,18 erwartet haben – das war doch ein solcher!

Denn Paulus hat abgeschrieben.

Oder hat er sich nur inspirieren lassen?

Von Psalm 84.