1.Korinther 15, 54-58 Der Tod ist ein Insekt mit Stachel
Dieser Artikel erklärt, wie wir die seltsamen Erzählungen des Paulus über den Stachel des Todes und sein Serum in unserem Leben nutzbringend verwenden können.
Paulus beschäftigt sich hier mit unserem Verhältnis zum Tod.
Paulus versteht den Tod als etwas, das das ganze Leben terrorisiert. Damals noch mehr als heute, denn damals starben prozentual viel mehr Menschen und eben auch jüngere.
De facto terrorisiert der Tod Menschen und Tiere gleichermaßen, aber die Menschen sind sich dieser Tatsache bewusst. Die Menschen wissen, dass alle Menschen sterben werden.
Folglich ist also ein erheblicher Teil des Terrorismus das Denken. Die Gedanken über den Tod, das Wissen über den Tod.
Und Paulus sagt, dass Gott jetzt neue Tatsachen geschaffen hat, damit man neu über den Tod denken kann.
Auferstehung nützt ja gegenwärtig nicht viel, wenn man gleichzeitig an Vernichtung denkt. Dann ist die Auferstehung zwar Tatsache, aber im Leben bringt sie nichts, weil die Gedanken immer um Vernichtung kreisen.
1. Korinther 15,54–58 (ELB)
54Wenn aber dieses Vergängliche Unvergänglichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: »Verschlungen ist der Tod in Sieg.«
Es gab schon bei Jesaja die Ansage Gottes, dass er den Tod vernichten werde. Endgültig und abschließend erfüllt wird diese Ansage Gottes, wenn der Mensch das unsterbliche Leben hat.
Der Tod würde dann dadurch vernichtet, dass er keinen Zugriff mehr hat. Der Tod verhungert sozusagen, denn er kann mit dieser neuen Lebensform nichts anfangen.
Allerdings wird der Tod nicht verschlungen durch ein unentschieden. Es ist dann nicht so, dass man gerade so entkommen ist. Es hat niemand gesiegt, aber eben auch der Tod nicht, juchu. Das Ergebnis ist nicht nur „kein Tod“, sondern das Ergebnis ist weitaus größer. Das Ergebnis ist nicht neutral, sondern strahlend.
Jetzt kommt das Insekt
Es folgt ein weiteres Zitat aus dem alten Testament, dieses Mal aus Hosea 13,14. Wir erfahren hier, dass der Tod ein Insekt ist wie eine Wespe. Denn er hat einen Stachel.
55»Wo ist, Tod, dein Sieg? Wo ist, Tod, dein Stachel?«
Seit Adam und Eva hatte der Tod immer gesiegt. Der Tod hatte die beste Siegesserie aller Zeiten. Dagegen kann Raphael Nadal einpacken. Auch bei Jesus hatte der Tod gesiegt. Das hat er zumindest gemeint.
Gegen Unvergänglichkeit kann der Tod aber nichts machen. Er kann die Menschen auch nicht mehr mit seinem Stachel bedrohen.
Die größte Wirkung auf die Menschheit hat der Tod ja durch seine Drohung. Man merkt das immer, wenn bei Menschen Krebs diagnostiziert wird. Dann verstehen alle die Drohung, und es ist Schluss mit lustig.
Die Wespe hat einen realen Stachel. Der Tod hat natürlich keinen wirklichen Stachel, sondern einen im übertragenen Sinn. Also erklärt Paulus jetzt, was der Stachel des Todes ist.
56Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz.
Der Tod kann nur wirksam werden, weil der Mensch gegen den Willen Gottes handelt. Da der Wille Gottes aber heilig und unantastbar ist, wird Gott die Auflehnung gegen seinen Willen mit dem Tod bestrafen. Mit der Höchststrafe. Nur wenn es Sünde gibt, kann der Tod wirken.
Die Sünde braucht Hilfe
Sünde kann es aber nur geben, wenn der Wille Gottes bekannt ist. Wenn man den Willen Gottes nicht kennt, kann man auch nicht dafür bestraft werden, dass man ihn nicht erfüllt.
Darum wird die Sünde vom Gesetz gespeist.
Wenn Adam und Eva nicht die Anweisung gehabt hätten, von bestimmten Bäumen nicht zu essen, hätten sie nicht sündigen können, denn ansonsten wussten sie ja nichts über den Willen Gottes. Der einzige Wille Gottes, den sie kannten, war der mit dem Baum.
Die Offenbarung des Willens Gottes war zwar notwendig, um uns ein Leben in Freiheit und in Segen zu ermöglichen. Das Gesetz hat uns ja auch darüber informiert, wie wir gesegnet sein können. Aber die Offenbarung des göttlichen Willens hat eben auch die Sünde als vorsätzliche Ablehnung des Willens Gottes erst ermöglicht.
Damit sind wir nun letztlich Untertanen des Gesetzes. Das Gesetz ist der Richter, der bestimmt, wie unser Schicksal ist. Das Gesetz trägt von außen die Forderungen Gottes an uns heran, aber wir scheitern an diesen Forderungen, weil sie göttlich sind.
Göttlich sind sie deshalb, weil sie eigentlich einen Blick in die Zukunft und in das Gehirn anderer Menschen voraussetzen. Die Liebe ist nicht vernünftig umsetzbar, wenn ich nicht weiß, ob das Ergebnis meines Handelns tatsächlich gut sein wird oder ob ich einen Einflussfaktor vergessen habe. Ich kaufe meiner Nichte Sophie-Marie aus Liebe einen Ferrari, aber dann fährt sie sich damit tot.
Die Liebe ist auch nicht vernünftig umsetzbar, wenn ich in den Kopf des anderen nicht reinschauen kann und darum nicht erkennen kann, wie der andere mein Handeln interpretiert. Ich habe es gut gemeint, aber der andere ist beleidigt.
Dem Stachel das Serum entziehen
Wenn also der Tod entmachtet werden soll, dann dürfen nicht mehr Forderungen von außen an mich rangetragen werden, denen ich nicht ordentlich entsprechen kann und wo mich die Fehlerhaftigkeit der Ausführung dann zum Tode verurteilt, weil ich das Gebot Gottes nicht erfüllt habe.
Man muss dem Tod die Kraft für den Stachel entziehen, und diese Kraft ist das Gesetz, also die von außen an mich herangetragene Forderung, dieses oder jenes zu tun.
Der Stachel zerbröselt dann von ganz alleine, denn wenn es keine Forderungen an mich mehr gibt, kann es auch keine Sünde mehr geben.
Also: Um den Tod loszuwerden, müssen wir den Katalog mit den Forderungen loswerden. Und das ist geschehen, wie der Text weiter sagt:
57Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!
In dem Moment, wo ich Jesus akzeptiere, bin ich nicht mehr irgendwelchen Regeln und Gesetzen untertan. Sondern ich bin Gott untertan.
Man mag nun denken, dass das doch eigentlich das Gleiche ist.
Das Gesetz war ja schließlich auch von Gott. Wenn ich also den Regeln gehorchte, gehorchte ich automatisch auch Gott, der die Regeln gemacht hat.
Der Unterschied liegt aber in der Möglichkeit zur Sünde. Solange es Regeln und Forderungen gibt, kann ich in jeder einzelnen Regel und jeder einzelnen Forderung versagen, was dann eine Sünde ist und mich dem Tod ausliefert.
Wenn ich aber Jesus akzeptiere, habe ich den Willen Gottes in einem solchen Umfang getan, dass da keine Sünde mehr Platz hat. Die Forderungen des Gesetzes wurden ja zusammengefasst in dem Satz „ich bin heilig, darum sollt auch ihr heilig sein“. Das war natürlich immer unmöglich.
Wenn Jesus mich aber heilig macht, dann habe ich den Gipfel der Forderungen erfüllt. Wenn Jesus mich an seiner Heiligkeit teilhaben lässt, dann ist kein Platz mehr für Sünde. Es geht dann einfach nicht mehr. Damit hat der Tod aber verloren, denn er hat keinen Angriffspunkt mehr.
Wenn ich aber heilig bin, bin ich auch unvergänglich. Wenn ich wie Gott bin, dann bin ich eben wie Gott. Es gibt keinen Gegensatz mehr zwischen meiner Existenz und Gottes Existenz. Es kann darum auch keine Forderung von außen mehr an mich herangetragen werden. Wie denn auch? Ich bin heilig. Ich bin in Gottes Augen ohne Flecken und Runzeln und Makel. Da gibt es keine Forderungen mehr, dass ich dieses noch machen muss und jenes noch nicht in Ordnung ist und es da hinten noch an Perfektion mangelt. Damit sind wir wieder bei Vers 54, welcher sagte, dass der Teufel auf Unvergängliches keinen Zugriff hat.
Was Sie zu zu tun haben
Es folgt nun die Folgerung aus diesem allen:
58Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unerschütterlich, allezeit überreich in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe im Herrn nicht vergeblich ist!
Es ist schon etwas Besonderes, wenn man weiß, dass man nicht mehr verlieren kann.
Das ist ja das Bedrückende am menschlichen Tod, dass man so viel dadurch verliert.
Man verliert nicht nur das Leben. Man verliert ja auch die Früchte seiner Arbeit, die Erfolge, die Kontrolle über das eigene Werk; man verliert jede Möglichkeit.
Durch den Tod der anderen verliert man Menschen, und durch die gesamte Vergänglichkeit gehen ständig Dinge kaputt. Man hat etwas erschaffen, aber der Rost oder die Ameisen oder ein Virus macht es kaputt.
Prinzipiell ist es so, dass der Tod mich immer als Verlierer zurücklässt.
Und Paulus benutzt jetzt hier relativ oft das Wort „Sieg“.
Weil da, wo bisher das Verlieren das Normale war, jetzt das Gewinnen das Normale ist.
Anderswo beschreibt Paulus das Gleiche, indem er sagt, dass alles zu meinem Vorteil sein muss.
Die einzige Möglichkeit, die es jetzt noch gibt, ist der Sieg.
Man merke: Nicht das Unentschieden ist eine Möglichkeit. So dass es weder Gewinn noch Verlust gibt. „Null“ ist hier keine Möglichkeit. Das Gute Gottes ist immer so gut, dass das Ergebnis höher als null ist. Mit Gott wird es nicht neutral. Es wird immer strahlend.
Wie der Sieg Realität wird.
Das alles hängt nun davon ab, wie ich mich selbst definiere.
Wenn ich morgens aufstehe, wer steht dann auf? Ein vergänglicher Mensch, dem alles wehtut und dem ein ganzer Tag mit seinen Forderungen bevorsteht, oder eine ewige Person?
Jeder Mensch hat ein Selbstbild. Kühe kommen ohne Selbstbild zurecht, Menschen nicht. Jeder Mensch denkt etwas über sich. Jeder Mensch hat eine Meinung von sich, wie er ist und wer er ist. Jeder Mensch hat eine Definition seiner selbst.
Die Frage der Definition haben schon viele andere als wichtig erkannt, und sie haben uns zurecht erzählt, dass wer sich als Opfer definiert, natürlich auch von anderen als leichtes Opfer wahrgenommen wird, und wer sich als Opfer definiert, erlebt sich auch den ganzen Tag als Opfer und ist den ganzen Tag unglücklich und unzufrieden und wird terrorisiert durch angebliche Täter.
Man hat uns darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, sich im Alltag als Gewinner zu definieren und nicht als Verlierer. Wer sich als jemand definiert, der es ohnehin nicht schafft, wird es eben auch nicht schaffen. Wer sich als jemand definiert, der weniger wert ist als andere oder weniger kann als andere, der wird gemäß seiner Definition nicht nur leben, sondern auch empfinden. Dem geht es den ganzen Tag schlecht. Das ist ein miserables Leben.
Natürlich muss die Definition meiner Person auch einen gewissen Bezug zur Realität haben. Wenn jemand blind ist und sich als Rennfahrer in der Formel wieviel auch immer definiert, dann ist das natürlich sinnlos.
Aber wenn das Unvergängliche in die Welt gesetzt wurde, wenn man es anziehen kann, dann haben wir damit eine Realität. Wenn Gott es gemacht hat, ist es auch dann Realität, wenn es schwierig ist, das zu sehen.
Der Aufruf des Paulus ist also: Definieren Sie sich als unvergängliche Person. Verstehen Sie sich als jemand, der auf dem Niveau der Ewigkeit handelt. Betreten Sie den Tag als unsterbliche Person, so kann der Tod Ihnen nichts wegnehmen.
Schon bei Jesus
Diese Frage der Definition hat auch Jesus. Das fängt schon damit an, dass Gott zweimal vor den Ohren Jesu definiert hat, wie Jesus sich als Person zu verstehen hat: „Das ist mein geliebter Sohn, ihn hört.“
Jesus hat dann in seinen Reden die Gläubigen als unvergängliche Personen behandelt. Wenn er sagt, dass man sich nicht Schätze auf der Erde sammeln soll, sondern da, wo kein Dieb sie stehlen kann, dann beschreibt das das Handeln einer unvergänglichen Person.
Wenn die Gläubigen sich nicht sorgen sollen, was sie essen oder trinken werden, dann handeln sie als unvergängliche Personen.
Als Petrus auf dem Wasser ging, handelte er unvergängliche Person. Eine Person, der das Wasser nichts mehr tun kann. Ertrinken ist schwierig, wenn man auf dem Wasser geht.
Lydia Knorr hatte, wenn etwas kaputt ging, den Spruch drauf: „Halleluja, nur ein irdisch Ding!“ Ist jetzt natürlich ein bisschen banal, aber der Grundsatz ist der Gleiche.
Paulus sagt hier, dass alles das, was man als unvergängliche Person tut, auch nicht vergeblich ist. Dabei geht er natürlich davon aus, dass die unvergängliche Person auch Handlungen von ewigem Wert verrichtet. „Das Werk des Herrn“ nennt Paulus das.
Wer als unvergängliche Person handelt, kann sein Leben nicht verschwenden.
Aber man muss in diesen Dingen natürlich fest sein, zuverlässig. Man muss es sich angewöhnen, jeden Morgen als unvergängliche Person aufzustehen und jeden Mittag als unvergängliche Person sein Mittagessen einzunehmen. Gelegentliche Unvergänglichkeit ist kein vernünftiges Mittel gegen die Bedrohungen des Todes.
Und weil im Anbetracht der Realität Gottes jede andere Definition des Gläubigen ohnehin realitätsfern ist, darum bleibt also die Aufforderung des Paulus:
Definieren Sie sich bitte als unvergängliche Person. Dann ist der Tod zwar lästig, aber er ist keine Bedrohung mehr für Sie als Person.