Offenbarung 6,1-2 Wer ist der Reiter auf dem weißen Pferd?

Doch, ich habe einen Teil der Literatur zu diesem Thema gelesen.

Man kann die Phantasie von Theologen und Glaubenshysterikern nur bewundern.

Aber die Bibel kann nun einmal nur durch die Bibel ausgelegt werden.

Man kann die Bibel nicht auslegen, indem man irgendeine zeitlich und räumlich begrenzte Erscheinung des Weltgeschehens nimmt und sie dann mit etwas gleichsetzt, was in der Offenbarung geschrieben steht.

Das würde dann nämlich bedeuten, dass die Christen in Vietnam diesen Teil der Bibel nicht verstehen können, weil ihnen jene zeitlich und räumlich begrenzte Erscheinung nicht bekannt ist. Gottes Wort, sicher, aber leider nicht für euch, ihr Vietnamesen.

Der Typ auf dem weißen Pferd muss in der Bibel schon einmal vorgekommen sein.

Vergessen Sie also den römischen Kaiser. Den Papst auch.

Vergessen Sie auch den Antichristen, wer auch immer das sein soll. Der Antichrist erscheint in den Johannesbriefen im Plural, und diese Typen reiten nicht um die Welt, um zu siegen, sondern sie machen sich in der Gemeinde breit. Auch Jesus nennt die falschen Messiasse im Plural (Mk 13,21). Ansonsten kommt der Antichrist im Neuen Testament nicht vor, und im Alten Testament ohnehin nicht.

Der Typ mit dem Bogen

Der siegende Typ mit dem Bogen stammt aus Habakuk 3,8–11 (ELB)

8Entbrannte dein Zorn gegen die Ströme, HERR, gegen die Ströme, oder dein Grimm gegen das Meer, dass du einherfährst mit deinen Pferden, deinen siegreichen Kampfwagen?

9Entblößt, entblößt ist dein Bogen, Pfeilflüche sind dein Reden! . Zu Strömen spaltest du die Erde.

10Bei deinem Anblick erbeben die Berge, Gewitterregen zieht heran, die Tiefe lässt ihre Stimme erschallen. Ihre Hände zu heben, vergisstOffenbarung 6,2

11die Sonne. Der Mond steht still in seiner Wohnung. Als strahlendes Licht gehen deine Pfeile hin und her, als heller Schein der Blitz deines Speeres.

Habakuk 3,14 (ELB)

14Du hast ihm mit seinen eigenen Pfeilen den Kopf durchbohrt, seine Anführer sind davongerannt.

Vielleicht haben Sie ganz nebenbei auch noch gemerkt, dass in diesen Versen einige Vorgänge erwähnt werden, die dann im 6.Siegel berichtet werden. Die ersten 6 Siegel stehen alle im Zusammenhang mit diesem Kapitel von Habakuk.

Der Reiter mit dem Bogen ist in Habakuk 3 Gott, und es ist auch in Offenbarung 6 Gott. Oder eben sein Sohn, dem er das Gericht übergeben hat.

Der Sieger

Der Kerl auf diesem weißen Pferd wird siegen, wie noch nie jemand vorher gesiegt hat.

Wie Sie aber als nächstes in Kapitel 7 und danach immer wieder lesen können, können die Gläubigen nicht besiegt werden.

Wenn der weiße Reiter also der Antichrist sein sollte, so stimmt die Beschreibung „siegend und um zu siegen“ nicht. Der Antichrist hat nur eine Zukunft: Er wird verlieren. Und gegen die Christen wird er ohnehin nicht gewinnen.

Oder andersherum gesagt: Wenn der weiße Reiter erscheint, wird es sehr viele Verlierer geben. Da Gott seine Leute aber beschützt und die Ungläubigen nicht wirklich zur Zielgruppe des Antichristen zählen, fällt der Antichrist aus. Er ist selber Verlierer.

Der römische Kaiser ist ohnehin draußen, weil die Bibelleser in Kambodscha den nicht kennen.

Der Sieger ist Gott, oder eben der Christus. Niemand siegt so wie der.

Und warum und wozu?

Der Trick bei den ersten sechs Siegeln ist, dass das Buch ja immer noch zu ist.

Das, was in der Buchrolle drinsteht, kann sich erst mit dem siebten Siegel entfalten, weshalb zu dieser Gelegenheit dann auch ein Schweigen von einer halben Stunde im Himmel ist.

Hier im Kapitel 6 ist das einzig Neue das Erscheinen des Christus. Das Erscheinen des geschlachteten Lammes, das würdig ist, das Buch zu öffnen. Es passiert hier nichts anderes, als dass ein neuer Mitspieler auf der Weltbühne erscheint.

Die Ereignisse der ersten 6 Siegel geschehen nicht aufgrund des Inhaltes des Buches. Sie beschreiben einzig die Ereignisse, die sich daraus ergeben, dass dieses Lamm auftaucht.

Und damit taucht nun aber ein Sieger auf der Weltbühne auf.

Das ist der große Unterschied zu vorher.

Vorher war das Böse unbehelligt. Wir sehen das bei Jesus, dass es Erstaunen hervorrief, dass plötzlich jemand die Dämonen austreiben konnte, und zwar auf so einfache Art und Weise. Die Dämonen hatten bis dahin tun können, was sie wollten. Das ging jetzt nicht mehr.

Was das erste Siegel uns mitteilt, ist, dass ein neuer Mitspieler die Weltbühne betritt. Der macht an und für sich nicht viel, aber er ist zum Siegen geboren. Das reicht, um die Leute im 6. Siegel völlig aus der Fassung zu bringen und die Leute im 5. Siegel fragen zu lassen, warum sie denn nicht gerächt werden.

Im Zusammenhang der Reiter

Die vier apokalyptischen Reiter hängen alle nur damit zusammen, dass der Christus auftaucht. Sie sind noch mit keiner epochalen Handlung des Christus verbunden. Sondern der Christus taucht auf, und

  • die Machtverhältnisse geraten in Unordnung (es erscheint ein absoluter Sieger)
  • der Frieden oder das Zusammenleben geraten in Unordnung (hat Jesus schon angekündigt: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“.
  • die Wirtschaft gerät in Unordnung: Brot wird unbezahlbar, aber Schnaps bleibt billig.
  • die Existenz als solche ist nicht mehr sicher: Der Tod kommt von allen Seiten.

In dem Moment, wo der auferstandene Christus das erste Siegel des Buches kaputt macht, ist nicht nur für die lobpreisenden Horden im Himmel klar, dass der das kann und auch zu tun beabsichtigt.

In dem Moment, wo er das macht, ist der Beweis erbracht, dass der Christus das kann und das darf. In diesem Moment erscheint er für alle Mächte sichtbar auf der Weltbühne.

In dem Moment, wo er das erste Siegel kaputt macht, ist der Christus wirksam und präsent.

Darum erscheint mit dem Öffnen des ersten Siegels der Christus.