Matthäus 2,2 Funktionsweise eines Sterns

Ich habe wirklich jahrzehntelang gedacht, der Stern wäre immer vor den Magiern hergegangen, und sie wären ihm einfach gefolgt, und Schwups, plötzlich standen sie da, wo sie hinwollten.

Irgendwie ist das halt immer so erzählt worden.

Aber wenn man den Bibeltext genau liest, haben die den Stern in ihrer Heimat einmal oder auch ein paarmal gesehen.

Wenn das die heutzutage oft verbreitete These von der Konjunktur von Saturn und Jupiter war, hat die ja vielleicht ein paar Nächte länger gehalten.

Und danach haben die Magier den Stern eben nicht mehr gesehen.

Und der Stern ist keineswegs vor ihnen hergegangen, denn sie landeten in der falschen Stadt: In Jerusalem.

Und nach Jerusalem waren sie durch Nachdenken gekommen, nicht durch die Wegweisung des Sterns.

Da die Magier davon ausgingen, dass der Stern den neuen König der Juden anzeigt, gingen sie halt in die jüdische Hauptstadt. Das ist der erste Ort, wo man ein königliches Baby vermutet.

Von dort wurden sie nach Bethlehem verwiesen, aber nicht durch den Stern, sondern durch Herodes, und der hatte es von den Schriftgelehrten.

Und erst, als sie in Bethlehem ankamen, sahen sie den Stern wieder.

Denn die Aussage in Vers 9, dass der Stern vor den Magiern herging, bedeutet hier offensichtlich, dass er vorausging und die Magier ihn erst in Bethlehem wieder trafen. Der Stern ging nicht voraus, indem er die Weisen leitete und auf sie wartete, wenn sie sich die Schuhe binden mussten. Sondern er ging voraus, und in Bethlehem traf man sich dann wieder.

Und dass der Stern in Vers 9 „über der Stelle stand, wo das Kind war“ muss keineswegs heißen, dass der Stern eindeutig auf ein bestimmtes Haus hinwies. „Die Stelle, wo das Kind war“ kann einfach nur Bethlehem sein. Und die Aussage kann ganz einfach sein, dass in dem Moment, wo die Magier das Kind fanden, auch der Stern wieder in Erscheinung trat.

Dabei kann man dann immer noch damit rechnen, dass die Magier an einer bestimmten Stelle standen und der Stern gerade genau so stand, dass die Sichtlinie der Magier sich mit irgendwas schnitt, oder der Stern stand vom Standpunkt der Magier aus tatsächlich genau über dem Schornstein des Hauses oder über dem Berg, an dem das Haus stand.

Die hauptsächliche Funktionsweise

Vermutlich war der Stern eigentlich nur dazu da, die Magier auf das hinzuweisen, was Gott Simeon oder Hanna mittels Heiligen Geist mitteilen konnte. Er war gar nicht als Wegweiser gedacht.

Denn ganz offenbar hatten die Magier die Erwartung des jüdischen Königs schon länger im Kopf.

Anders ist es nicht zu erklären, dass sie den Stern mit der Geburt dieses Königs in Verbindung bringen.

Schließlich kommen Sterne ja nicht mit einem erklärenden Untermenü.

Auch die unglaubliche Freude, über die Vers 9 uns berichtet, ist nicht anders zu erklären als dadurch, dass die Magier große Hoffnungen in diesen König setzten.

Was auch erklärbar und verständlich ist, denn die Gegend, aus der die Magier kamen, war seit Jahrhunderten die umfangreichste jüdische Diaspora.

Es war sogar mal ein Jude Oberaufseher über alle Magier und Sterndeuter Babylons gewesen (Daniel 2,48 und 5,11).

Dass den Magiern also die weltweit einzigartige Hoffnung auf einen ganz speziellen Erlöser bekannt war, ist nicht verwunderlich.

Dass die Magier sich so sicher waren, dass diese Vorhersage stimmte und nun eintraf, mag schon eher erstaunen.

Hingegen ist es vielleicht etwas an den Haaren herbeigezogen, dass einer der Vorgänger dieser Magier, nämlich Bileam aus Petor am Strom, schon das Hervortreten eines Sterns aus Jakob angekündigt hatte (4.Mose 24,17) und die Magier aufgrund dieser Vorhersage auf einen entsprechenden Stern warteten.

Aber es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Magier Daniels Voraussage der 70 Jahrwochen (Daniel 9,24) kannten, und diese 490 Jahre waren nun eindeutig rum.

Und nun warteten die Magier also daheim im Osten auf ein Zeichen.

Denn auch das dürfte ihnen aus dem jüdischen Umfeld bekannt gewesen sein: Der große König der Juden, der Sohn Davids, würde auch für die Heiden eine enorme Bedeutung haben.

Der Frieden und die Erlösung stehen laut vielen Weissagungen des Alten Bundes auch den Heiden offen, und die Heiden werden nach diesen Weissagungen heilfroh sein, sich nach Jerusalem und an den dortigen Gott wenden zu können.

Die jüdische Religion war die Einzige, die eine Erlösung für die komplette Welt mit einer gewissen Beweiskraft vorhersagen konnte.

Der Stern fiel also auf fruchtbaren Boden, traf auf eine hoffnungsvolle Erwartung.

Und das war seine Funktion: In jeder Hinsicht fernstehenden Heiden bekannt zu geben, dass es jetzt soweit ist.