Matthäus 13,24-30 + 36-43 Finger weg vom Unkraut!

Mt 13,24-27

24 Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.

25 Während aber die Menschen schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging weg.

26 Als aber die Saat aufsprosste und Frucht brachte, da erschien auch das Unkraut.

27 Es kamen aber die Knechte des Hausherrn hinzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn Unkraut?

Da kommen sie also, die Knechte des guten Herrn und sind sehr erstaunt.

Das ist ein bisschen anders als heute. Wir sind es gewöhnt, dass das Böse hinter jeder Ecke lauert.

Aber die Juden erwarteten ein Reich Gottes befreit vom Bösen.

Die ganzen alttestamentlichen Verheißungen legten diese Erwartung auch nahe.

Noch Johannes der Täufer hatte vorhergesagt, dass der, der nach ihm kommt, die Tenne reinigen und die Spreu verbrennen wird.

Und jetzt kommt also das neue Reich, und Jesus muss die Apostel darauf vorbereiten, dass wir keine Zustände steriler Heiligkeit auf der Erde bekommen, sondern dass sowohl in der Welt als auch in der Gemeinde das Böse und das Gute nebeneinander existieren.

Mt 13,28

28 Er aber sprach zu ihnen: Ein feindseliger Mensch hat dies getan. Die Knechte aber sagen zu ihm: Willst du denn, dass wir hingehen und es zusammenlesen?

Natürlich. Das ist der nächstliegende Gedanke. Wenn da Unkraut ist, dann bekämpft man es.

Und man sagt zum Hausherrn: „Du hast ja offensichtlich ein Problem. Los, wir lösen es für Dich!“

Und so sagen die Christen zu Jesus: „Jesus, wir lösen Deine Probleme!“

Und wir wissen natürlich auch, wie wir Jesus seine Probleme lösen können. Ist ja nicht besonders schwer. Wenn da Unkraut zwischen dem Weizen ist – naja, da braucht man keinen Magister in was auch immer, um zu wissen, was dann zu tun ist.

Mt 13,29

29 Er aber spricht: Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts gleichzeitig mit ihm den Weizen ausreißt.

Der Herr sagt seinen Knechten: „Finger weg vom Unkraut!“

Die Knechte sind überzeugt, dass es ein Problem gibt, und dass dieses Problem Auswirkungen haben wird.

Aber der Herr sagt: „Finger weg vom Unkraut.“

Denn zum einen sieht das Unkraut lange Zeit dem Weizen sehr ähnlich. Es gehört alles zur Familie der Gräser, und erst an den Früchten erkennt man dann, welches das Gute ist.

Zum zweiten sind die Wurzeln von Unkraut und Weizen so miteinander verwoben, dass man automatisch immer etwas Weizen mitausreißen würde.

30 Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte, und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Lest zuerst das Unkraut zusammen, und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune!

Und jetzt wird hier von den Knechten verlangt, dass sie nicht nur der Existenz des Unkrauts tatenlos zusehen sollen, sondern auch seinem Wachstum!

Das Zeug wächst und gedeiht, und die Knechte sind zur Passivität verurteilt!

Und der Hausherr macht sich auch keine Sorgen um seine Ernte wegen dem Unkraut. Der hat die Ruhe weg. Und er sagt: „Das Bekämpfen des Unkrauts würde mehr Schaden anrichten, als wie das Unkraut anrichten kann, wenn man es bis zum Schluss stehen lässt.“

Nun ist dieses Gleichnis landwirtschaftlich schwierig. Normalerweise würde man so nicht vorgehen. Also fragen die Jünger Jesus später nach einer Auslegung.

Mt 13,36-43

36 Dann entließ er die Volksmengen und kam in das Haus; und seine Jünger traten zu ihm und sprachen: Deute uns das Gleichnis vom Unkraut des Ackers!

37 Er aber antwortete und sprach: Der den guten Samen sät, ist der Sohn des Menschen,

38 der Acker aber ist die Welt; der gute Same aber sind die Söhne des Reiches, das Unkraut aber sind die Söhne des Bösen;

39 der Feind aber, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte aber ist die Vollendung des Zeitalters, die Schnitter aber sind Engel.

Es wird hier also sehr klar definiert, wer wer ist. Und somit haben wir nicht viel Interpretationsspielraum.

Denn der Acker, sagt Jesus, ist die Welt. Nichts anderes. Man mag das bedauern. Aber der Acker ist die Welt.

Der Same und die daraus wachsenden Pflanzen sind Menschen. Keine Ideologien oder Zeitströmungen.

40 Wie nun das Unkraut zusammengelesen und im Feuer verbrannt wird, so wird es in der Vollendung des Zeitalters sein.

41 Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle Ärgernisse zusammenlesen und die, die Gesetzloses tun;

42 und sie werden sie in den Feuerofen werfen: da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.

Und der große Ärger hier ist: Die Knechte des Hausherrn sind bei der Ernte nicht beteiligt.

Die Knechte Gottes kriegen das Unkraut nicht in die Finger.

Nicht wenn es klein ist, und auch nicht wenn es dann groß ist.

„Finger weg vom Unkraut“, sagt Gott zu seinen Knechten und überlässt die Bekämpfung des Unkrauts den Engeln.

43 Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reich ihres Vaters. Wer Ohren hat, der höre!

Ja, und das hätte man natürlich schon gerne früher gehabt.

Dass der Weizen in seiner Schönheit und Reinheit erstrahlt.

Statt dessen steht er mitten im Unkraut, und man kann ihn kaum von diesem liederlichen Grün unterscheiden.

Gut, zum Schluss sieht man es auch, dann leuchten die Gerechten wie die Sonne. Aber dann ist man auch im Himmel, da ist nichts anderes zu erwarten.

Ja, wenn man das Unkraut früher bekämpft hätte, dann wäre auch die Qualität des Weizens besser zur Geltung gekommen! Dann hätte jeder gesehen, was für herrliche Pflanzen Gott da gesät hat, die zu seiner Ehre Frucht bringen!

Und dann wäre Gemeindearbeit auch einfacher gewesen, wenn die Gemeinde und die Christen ungehindert leuchten und strahlen hätten können und jeder es klar hätte sehen können.

Statt dessen steht die Gemeinde jetzt mitten im Unkraut, und man muss schon sehr genau und mit Kennerblick hinschauen, um das eine vom anderen zu unterscheiden.

Und nicht wenige Christen sind ja angetreten, um die Welt zu verbessern. Aber um die Welt zu verbessern, müsste man ja das entfernen, was die Welt schlechter macht, also das Unkraut. Es sind ja die Söhne und Töchter des Bösen, die diese Welt in einen unangenehmen Ort verwandeln. Die Welt könnte so schön sein, wenn nur die Guten da wären.

Und nun gut, es ist vielleicht ein bisschen illusorisch, dass die Söhne und Töchter des Bösen ganz verschwinden – ganz los wird man das Unkraut auch im Garten nie – aber man könnte doch wenigstens das Mögliche tun, eindeutig als Unkraut erkennbare Pflanzen eliminieren, wenigstens das große starke Unkraut bekämpfen, das so sehr viel Schatten auf den Weizen und den ganzen Acker wirft.

Aber Gott sagt: Man soll es wachsen lassen bis zur Ernte!

Und die Knechte des Herrn kriegen es überhaupt nicht in die Finger! Die haben mit der Beseitigung des Unkrautes nichts zu tun! Auch am Ende nicht! Da machen es die Engel!

Und es kommt ja noch viel schlimmer!

Denn wenn ein römischer Soldat einen jüdischen Bürger zwang, eine Meile mit ihm zu gehen und dabei das Gepäck des Soldaten zu tragen – und spätestens in diesem Moment, wo der Soldat das verlangt, das andere Leute sein Gepäck tragen, hat er sich als Unkraut geoutet – dann soll man eine zweite Meile mit ihm gehen und ihm sein Gepäck tragen!

Und damit unterstützt man diesen Soldaten ja auch noch! Erstens braucht er jetzt eine weitere Meile sein Gepäck nicht selber zu tragen, und damit trägt man zur Steigerung der Leistungsfähigkeit sowohl dieses Soldaten als auch der Besatzungsarmee bei, und außerdem, wenn man so gar nichts gegen das Böse tut, wenn man so gar keinen Widerstand leistet gegen das Unrecht – also das kann doch nicht richtig sein!

Und wenn einer kommt und Dir Dein Untergewand nehmen will – und damit ist klar, dass er zum Unkraut gehört, denn das macht man nun wirklich nicht, einem die Klamotten vom Leib wegnehmen – dann soll man dem auch noch den Mantel geben – also man steht dann wirklich in der Unterwäsche da – und gegen solche Menschen müsste man doch was unternehmen, die machen doch grad so weiter, man kann doch das Unkraut nicht einfach wachsen lassen, und jetzt sagt Gott:

Die richtige Art, das Unkraut zu bekämpfen, ist eigentlich, es zu gießen.

Denn das ist ja das, was man macht, wenn man dem römischen Soldaten sein Gepäck noch eine Meile trägt, und das ist das, was man macht, wenn man dem Gierigen mehr gibt, als er verlangt.

Und das ist, was Paulus fordert, wobei er nur aus dem Buch der Sprüche abgeschrieben hat: Röm 12,20

20 »Wenn nun deinen Feind hungert, so speise ihn; wenn ihn dürstet, so gib ihm zu trinken! Denn wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln.«

Wenn Deinem Feind hungert, so könntest Du hoffen, dass es so weiter geht und er verhungert, und dann hast Du ein Unkraut weniger um Dich rum. Aber Paulus sagt: Nein, genau andersrum! Nicht Wasser abgraben, sondern Wasser geben!

Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass man, wenn man das Unkraut ausgerissen hat, nichts gewonnen hat. Denn der Feind Gottes und damit der Feind alles Guten und auch der Feind der Christen ist nicht das Unkraut, sondern der, der es gesät hat.

Und wenn man das Unkraut ausgerissen hat – mit allen Kollateralschäden, die auch Jesus in seinem Gleichnis benennt – dann sät der Teufel einfach nach.

Aber gegen das Unkraut vorzugehen ist relativ einfach. Da kann man auch immer mal wieder vorzeigbare Erfolge erzielen. Das hebt dann das Ansehen der Christen, sie leuchten dann wie die Sonne durch ihren Einsatz gegen das Unkraut.

Darum gehen Christen mit Vorliebe gegen das Unkraut vor und sind stolz auf die Fortschritte im Frieden und in der Gerechtigkeit und in der Armutsbekämpfung und gegen die Großkonzerne und gegen die Atomkraft und Stuttgart 21 und die Nazis und die Lebensmittelkonzerne und die Großbanken und ihre Spekulanten und gegen die umweltverschmutzenden Ölkonzerne und die Homoehe und die Abtreibung – da kann man ordentlich was machen, in diesem Kampf ist was los, und so furchtbar schwierig ist diese Art zu kämpfen nicht.

Aber wo auf weltliche Art und Weise gekämpft und gestritten wird, gewinnt immer der Teufel.

Wenn man sich herumstreitet mit Menschen oder Institutionen, wenn man es darauf anlegt, der Stärkere zu sein und einen Sieg davonzutragen und dem Unkraut mal zu zeigen, was eine Harke ist – wo Streit oder Unfrieden oder Machtkampf ist, siegt immer der Teufel. „Warum lasst Ihr Euch nicht lieber übervorteilen?“, fragt Paulus die Korinther, denn Gott gewinnt nichts, wenn ich einen Streit oder einen Machtkampf gewinne.

Gott gewinnt nichts, wenn Ihr das Unkraut niedertrampelt oder niederschreit oder aushungert oder ihm gerichtlich das Wachsen verbietet oder wenn Herr Trump aus seinem Sessel vertrieben wird. Gott gewinnt nichts, wenn man das Unkraut fertig macht oder es so demütigt, dass es klein beigeben muss.

Gott und sein Reich würden was gewinnen, wenn man gegen den vorgeht, der das Unkraut sät.

Gegen den Teufel vorzugehen ist aber ungleich schwieriger als gegen das Unkraut, und die Siege sind meistens unsichtbar oder zumindest nicht von Scheinwerfern angestrahlt. Oder diese Siege werden von der Welt gar nicht als Siege anerkannt. Weil die Welt vom Teufel nichts weiß. Dann kann sie natürlich die Siege über ihn nicht erkennen.

Als die Jünger sich mal direkt mit dem Bösen anlegten und es nicht besiegen konnten und Jesus es dann selbst machen musste, da fragten die Jünger ihn hinterher, warum sie es nicht gekonnt hatten. Und Jesus erklärte ihnen, dass das wirklich Böse nur ausfährt durch Beten und Fasten.

Und als es um das Versetzen von Bergen ging, da sagte Jesus, das Mittel der Wahl sind nicht Petitionen und Proteste, Unterschriftensammlungen und Demonstrationen, sondern dieser ganz bestimmte Glaube, dem nichts unmöglich ist.

Die größte Macht, die Jesus zu vergeben hat, vergab er ans Beten und an den Glauben, nicht an die Empörung und die Revolution.

Die Knechte dachten, von dem Unkraut geht Gefahr aus für die Ernte, für das Reich Gottes. Gott wusste es besser.

Der Weizen gedeiht wunderbar mitten im Unkraut. Die Söhne und Töchter des Bösen stellen für Gottes Reich und für Gottes Ernte keine Gefahr dar.

Und darum musste Petrus das Schwert wieder einstecken, und die Zebedäussöhne durften kein Feuer auf das samaritische Dorf fallen lassen. Denn wenn man die Symptome bekämpft, hat man gegen die Krankheit noch nichts getan.

Finger weg vom Unkraut, sagt Gott, denn Euer wahrer Feind ist ganz wer anders.