Matthäus 5,6 Die ungerechte Gerechtigkeit

Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden. 

Gerechtigkeit: Definition

Um zu wissen, welcher Hunger hier empfohlen wird, muss man wissen, was „Gerechtigkeit“ ist.

Denn Hunger und Durst nach einer Sache setzen voraus, dass man die Sache kennt.

Man kann nicht hungern und dürsten nach etwas, was man nie gesehen und nie geschmeckt hat.

Eine Eigenschaft Gottes

Ganz als Erstes ist Gerechtigkeit eine Eigenschaft Gottes.

Woran wir schon sehen, dass die Bibel „Gerechtigkeit“ völlig anders definiert als wir.

Denn nach den gängigen menschlichen Maßstäben ist Gott sehr ungerecht.

  • Gott beruft Israel, aber die Chinesen und die Mayas lässt er im Finstern sitzen. Denen wird keine Gotteserkenntnis zuteil.
  • Gott setzt sich von vornherein über das Erstgeburtsrecht von Esau hinweg. Schon im Mutterleib bestimmt Gott, dass die Machtverhältnisse umgedreht werden.
  • Gott ersetzt mit Jesus das Gesetz durch Gnade. Gnade ist aber das Gegenteil von Gerechtigkeit. Gnade hebelt die (menschliche) Gerechtigkeit aus.
  • Jesus wird für etwas bestraft, das er nie getan hat. Er leidet für unsere Sünden. Das ist ungerecht.
  • Der Arbeiter im Weinberg, der den ganzen Tag gearbeitet hat, bekommt genau soviel Lohn wie der, der nur eine Stunde gearbeitet hat. Das ist im Verhältnis der Menschen untereinander nicht gerecht.

Nach menschlichen Maßstäben kann man auch nicht sagen, dass Gott als Richter gerecht ist. Denn wir kennen jede Menge guter Menschen, die in ihrem Charakter und ihrem Einsatz weitaus besser sind als die große Mehrheit der Christen, und die trotzdem verloren gehen.

Da bekommen Gläubige das ewige Leben, deren Lebensleistung wirklich nicht mit der Lebensleistung vieler anderer Menschen vergleichbar ist, selbst wenn man solche Dinge wie genetische Ausstattung und vorgefundene Lebensumstände mit einrechnet.

Die Definition von „Gerechtigkeit“ in der Bibel hat mit den allgemeinen menschlichen Definitionen von „Gerechtigkeit“ nichts zu tun.

Sondern „Gerechtigkeit“ als Eigenschaft Gottes und damit als Grundlage der Definition und als das, nach dem man hungern soll, ist nur bezogen auf

  • Gottes Vorgaben, Gottes Willen, Gottes Maßstäbe und Gottes Meinung
  • Vertragstreue

Wenn es also heißt, dass Gott „gerecht“ ist, meint das nur, dass Gott sich an seine Bündnisse und Verträge hält.

Dass Gott sich an sein Wort hält.

Aber eben an sein Wort. Nicht an die Erwartungen von Menschen. Nicht daran, was Menschen für richtig und edel und gut halten.

Gott ist „gerecht“, weil das, was er vorher angekündigt hat, hinterher auch tatsächlich gilt.

Gottes Gericht

Insofern ist auch Gottes Gericht nur gerecht, weil es sich an Gottes Maßstäben orientiert.

Das göttliche Gericht beurteilt nur, ob jemand sich an Gottes Regeln gehalten hat.

Man könnte ja auch andere Regeln als Grundlage für das Endgericht nehmen:

  • Wer hat den Menschen am meisten Freude gebracht?
  • Wer hat die meisten Menschen glücklich gemacht?
  • Wer hat die meisten Leben gerettet?
  • Wer hat am meisten mit den Armen geteilt?
  • Wer hat das Meiste oder Beste aus seinem Leben gemacht?
  • Wer war am fleißigsten?

Aber das sind eben nicht die Maßstäbe, die im Endgericht gelten.

Und darum bekommen Adolf Hitler und die nette Nachbarin von nebenan das gleiche Urteil.

Beide gehen verloren.

Beide sind für immer tot.

Da gibt es keine Variationen: Etwa tot, etwas mehr tot, halbtot, tot, töter, am totesten.

Die Bibel kennt Variationen von ewigem Leben: Bei den einen kommen die Werke mit in den Himmel, weil sie aus feuerfestem Material sind, bei den anderen war die Lebensleistung nicht so, dass es irgendwelche Extras dafür gibt.

Man kann sich einen Schatz im Himmel erwerben, der kann größer oder kleiner sein.

Aber fürs Verlorengehen gibt es keine Abstufungen, denn tot ist tot.

Und so kann es passieren, dass Adolf Hitler und seine Opfer genau das gleiche Urteil im Gericht bekommen.

Denn es geht im Endgericht nach der Grundlage, die Gott sich ausgedacht hat.

Und die ist nun mal, dass nur der im Gericht besteht, der Jesus als Erlöser von allem Bösen anerkennt.

Das Endgericht urteilt völlig anders als ein weltliches Gericht es tun würde.

Weil die Grundlage für das Endgericht eben Gottes Maßstäbe sind und nicht unsere.

Wenn wir also von einem gerechten Urteil Gottes sprechen, dann ist dieses Urteil nur im Zusammenhang mit Gottes Vorgaben gerecht.

Nach den Maßstäben des Kommunismus ist es nicht gerecht.

Nach den Maßstäben durchschnittlichen menschlichem Gerechtigkeitsempfinden ist es nicht gerecht.

Nach den Maßstäben eines ausbeuterischen Großkapitalisten oder eines strebsamen Erfolgsmenschen ist Gottes Urteil nicht gerecht.

Zusammenfassend:

Wenn wir hungrig und durstig sein sollen nach der Gerechtigkeit, so müssen wir hier Gottes Definition von Gerechtigkeit ansetzen, nicht unsere.

Fair Trade oder gerechte Löhne helfen hier nicht weiter.

Der gerechte Mensch

Der gerechte Mensch wäre somit einer, der Gottes Regeln einhält.

Denn so definiert die Bibel Gerechtigkeit: Jemand erfüllt Gottes Vorgaben.

Der gerechte Mensch einer, der Gott gegenüber Vertragstreue beweist.

Wenn Gott sagt: „Dieses und Jenes sind die Bedingungen“, dass der Mensch sich dann an diesen Bedingungen orientiert.

Der gerechte Mensch ist einer, der sich gemäß den Bedingungen verhält, die zwischen Gott und Mensch nun einmal herrschen.

Der ungerechte Mensch ist im Alten Testament der, der den Bund mit Gott gebrochen hat. Der also dem Vertrag, den Gott ihm vorgesetzt hat, nicht entsprochen hat.

Wie man hungert und dürstet

Der Mensch, den diese Seligpreisung selig spricht, ist nicht einer, der die Gerechtigkeit Gottes bereits hat.

Sonst müsste er ja nicht danach hungern und dürsten.

Der Mensch, der hier selig gesprochen wird, hat auch nicht einen gesunden Appetit nach der Gerechtigkeit.

Sondern er hungert und dürstet, das heißt, er kann ohne diese Gerechtigkeit nicht leben.

Die Gerechtigkeit, um die es hier geht, ist für diesen Menschen nicht die Sahne oben drauf, sondern sie ist lebensnotwendig.

Das heißt, man wird selig gepriesen, wenn man ein intensives Verlangen danach hat, die Verträge mit Gott einzuhalten.

Dass es einem wirklich wichtig ist, in dem Bund mit Gott ein guter Bündnispartner zu sein.

Wie man gesättigt wird

Die Wirkung der Seligpreisung ist ja, dass man gesättigt wird.

Die Speise wird also dargereicht.

Man kann das nicht selber produzieren.

Man kann diese Gerechtigkeit nur empfangen.

Das heißt, man muss Gott dazu bringen, dass er sie einem gibt.

Gerechtigkeit wird verliehen, das ist Grundlage des Evangeliums. Sie wird weder erarbeitet noch verdient.

für mich selbst

Das heißt für mich selbst, dass ich ein paar Dinge akzeptieren muss.

Nein, noch mehr:

Ich muss ein paar Dinge so dermaßen akzeptieren, dass sie mein Leben grundlegend formen und verändern.

die Liebe

Ich muss akzeptieren, dass Gott mich liebt.

Ungerechterweise.

Denn es gibt an sich keinen Grund, warum Gott mich lieben sollte.

Das hat Gott einfach so entschieden, und diese Entscheidung Gottes ist Vertragsgrundlage.

Und die Liebe ist verhaltensunabhängig.

Gott liebt mich nicht, weil ich dieses oder jenes mache, und Gott liebt mich auch nicht, solange ich dieses oder jenes mache.

Mein hungriges und durstiges Verlangen müsste sich also dahingehend äußern, dass die Liebe Gottes mein Leben mehr und mehr bestimmt.

Dann wiederum wird Gott mich noch mehr lieben, das heißt, er wird noch mehr seiner Ungerechtigkeit über mir ausgießen. Ich werde also gesättigt mit Gottes Gerechtigkeit.

Gerecht ist, wer als Geliebter durchs Leben geht und nicht als Akzeptierter.

Die Gerechtigkeit wird mir nicht bescheinigt aufgrund einer veränderten Handlung – ab heute klaue ich keine Bleistifte mehr im Kaufhof – sondern aufgrund einer veränderten Haltung – ab heute lebe ich so, wie man lebt, wenn man sich der Liebe des unendlichen Gottes sicher weiß.

die Freiheit

Zu den Vertragsgrundlagen mit Gott gehört die Freiheit.

Das ist, wo Erlösung hinführen soll. Dafür ist Jesus gestorben und auferstanden, dass jede Gebundenheit und jede Knechtschaft und jede Diktatur bezüglich meines Lebens abgeschafft ist.  

Wenn Gott mich freisprechen soll von jeder Schuld, wenn Gott mich als gerecht nach seinen Maßstäben anerkennen soll und nicht als ungerecht, dann muss ich eine Freiheit haben, die dieses Gottes würdig ist.

Wer nicht sündigt, weil er eben keine Bleistifte klaut, nichts Schlechtes über die Bundeskanzlerin sagt und keine Pandabären verhaut, wird niemals als gerecht in Gottes Augen eingestuft werden, denn das entspricht nicht den Vertragsgrundlagen.

Ob ich etwas falsch mache, ist keine Frage, die in den Vertragsgrundlagen auch nur annähernd berührt wird.

Im alten Testament hätte ich die Vertragsgrundlagen erfüllt und hätte Gerechtigkeit bescheinigt bekommen, wenn ich keine Bleistifte geklaut hätte. Das reicht im Neuen Bund nicht mehr.

Im Neuen Bund wird Gott mich als Gerechten anerkennen, wenn ich Bleistifte verschenke.

Ich gefalle Gott nicht, weil ich tausend Dinge nicht tue.

Sondern ich gefalle Gott, weil ich die Freiheit habe, tausend Dinge zu tun und dabei 500 Fehler zu machen.

die anderen

Vor Gott als gerecht anerkannt zu werden, bedeutet, eine Gerechtigkeit zu leben, die wie Gottes Gerechtigkeit ist.

Und Gottes Gerechtigkeit ist ungerecht. Gottes Gerechtigkeit ist willkürlich, wählerisch, großzügig und gnädig. Sie ist unberechenbar, und das vor allem darum, weil sie mit so großen Zahlen und so großen Möglichkeiten rechnet. Dem Glaubenden ist alles möglich. Alles ist Euer, ihr aber seid des Christus.

Wer hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, der wird diese Form der Gerechtigkeit auch seinen Mitmenschen zukommen lassen müssen.

Unbegründet, großzügig, unverdient und gnädig.

Zuvorkommend, spendabel, verzeihend.

Eine zusätzliche Meile mitgehen, leihen ohne zurückzuverlangen, für die Feinde beten – also für, nicht gegen – die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles und rechnet das Böse nicht an.

Wer Gottes absolut krasse Gerechtigkeit für sich selbst  in Anspruch nimmt, sie dem anderen aber nicht zugesteht, der wird Gottes Gerechtigkeit schnell wieder los sein.

Zusammenfassung

Hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, heißt letztlich, so werden wollen wie Gott.

Handeln wie Gott.

Denken wie Gott.

Mit großen Summen rechnen, mit großen Möglichkeiten kalkulieren.

Grenzenlose Liebe, grenzenloses Vertrauen, grenzenloses Denken.

Denn das sind die Vertragsgrundlagen, die Jesus gebracht hat.

Wohl den Menschen, die genauso grundlos ungerecht sind wie Gott.

Denn sie werden bis zum Abwinken Gottes ungerechte Zuwendung erfahren.