Matthäus 25,3+4 wahre Dummheit

Jahrzehntelang hat man uns erzählt, den 5 dummen Fräuleins aus Matthäus 25 sei ein gewisses Missgeschick geschehen: Der Bräutigam habe unvorhersehbarer Weise so lange gebraucht, und darum hätte das Öl in ihren Lampen einfach nicht gereicht. 
Nun steht dieser Vorgang in der Bibel so: 

3 Denn die Törichten nahmen ihre Lampen und nahmen kein Öl mit sich; 
4 die Klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt ihren Lampen.

Da steht nun eindeutig, dass die Dummen kein Öl mitnahmen. Null. Nichts. Leere Menge. 

Allerdings dachten die, die uns diese Geschichte erklärt haben, immer: "So dumm kann doch kein Mensch sein: Lampen mitnehmen und kein Öl. Das wäre ja wie Handy mit leerem Akku. Also wird da Öl in den Lampen gewesen sein, aber weil die Zeit so lange wurde, reichte das einfach nicht."

Man ging einfach immer davon aus, dass Jesus niemals so blödes Beispiel erzählen würde. So unrealistisch. So krass. So übertrieben. 

Aber der verlorene Sohn - eine von Jesus erfundene Person - hat mit dem Erbe seines Vaters auch nicht in der Ferne eine Schreinerei aufgemacht, und nach einigen Jahren geriet er wegen der Wirtschaftskrise und den steigenden Holzpreisen in finanzielle Schwierigkeiten und musste sich Hilfe bei seinem Vater holen.

Nein, der verbrauchte das Geld für Prostituierte, Saufen, Feiern. 

Und als der zurückkommt - kein halbwegs normaler Vater würde an dieser Stelle eine Party geben und ihn wieder in seine Stellung einsetzen! 

Der Typ, dem sein Chef 19 Jahresgehälter eines Tagelöhners anvertraut (im biblischen Deutsch: "ein Talent" und somit 6000 Denare oder umgerechnet eine Viertelmillion Euro), macht damit nicht etwa aus Versehen schlechte Geschäfte und wird Opfer fallender Aktienkurse oder sinkender Zinsen, sondern er vergräbt es. 

Beim Gleichnis vom Sämann haben wir nicht den Unterschied zwischen Null Ertrag und vielleicht zehnfachem Ertrag, sondern zwischen Null und 30-fachem, 60-fachem und 100-fachem Ertrag. 

Wer 99 Schafe hat und vermisst eins, der lässt eben nicht die 99 unbeaufsichtigt und sucht das Verlorene. Diese Gleichnisse sollen ja schließlich zeigen, wie extrem anders Gott handelt! 

Die Weingärtner, die die Boten des Besitzers schlagen und töten, handeln völlig unnormal. Jeder normale Mensch kann sich ausrechnen, was passiert, wenn man sowas macht. 

Und niemand käme je auf die Idee, in hochwassergefährdetem Gebiet ein Haus ohne ausreichendes Fundament auf Sand zu bauen! 

Und das Gleichnis vom ungerechten Verwalter macht einen Betrüger zum Vorbild der Gläubigen. 

Weil dieser Text zu lang wird, höre ich hier auf mit den Beispielen. Aber soviel sollte klar sein: Jesu Gleichnisse sind in der Regel stark übertrieben, gänzlich unrealistisch und gerade deshalb so leicht zu merken. 

Und geben in ihrer Absurdität eben doch die Realität wieder, was man dann in der Anwendung plötzlich merkt. 

Was also die 5 dummen Fräuleins angeht: Die haben tatsächlich überhaupt kein Öl mitgenommen. Jesus wollte wirklich eine Geschichte von derartig verpeilten Menschen erzählen. 

Anwendung

Vermutlich haben Sie, lieber Leser, eine gewisse Lebenserfahrung. Wie auch der Autor dieses Artikels. Wir wissen, wie das Leben funktioniert. Wir haben unsere Erfahrung mit uns selber gemacht. Wir wissen, wie wir selbst ticken. Wir kennen uns. Wir wissen, was wir machen müssen oder was gegeben sein muss, damit wir eine Sache tatsächlich in die Tat umsetzen.

Wir wissen, dass wenn der tägliche Termin mit Gott nicht in unserem Kalender drin steht, dass der dann nichts wird. Wenn wir nicht sagen können: „Da kann ich nicht, da habe ich schon einen Termin“, dann wird Gott die Zeit bekommen, die vom Tag übrig bleibt. Und das ist normalerweise gar keine. Und wir wissen das. Man muss auch nicht besonders klug sein, um das zu wissen. Und wir leben trotzdem anders.

Und wir wissen ganz genau, welch eine Bedeutung Gewohnheiten in unserem Leben haben. Es gibt Leute unter den Lesern dieses Artikels, die kriegen ein schlechtes Gewissen und ein schlechtes Gefühl, wenn sie abends ohne Zähne zu putzen zu Bett gehen. Die sind das so gewohnt, dass da etwas fehlt, wenn sie es weglassen. Wir wissen, dass unser Leben vor allem von Gewohnheiten dominiert wird – aber die Gewohnheit, jeden Tag zur gleichen Zeit einen Termin mit Gott zu haben, diese Gewohnheit wird trotzdem nicht eingerichtet.

Jeder von uns kennt den Wert von Training. Wenn wir Höchstleistungen von Fußballprofis, Rennfahrern oder Olympiateilnehmern erfahren, dann ist da immer auch vom Training die Rede. Wir wissen alle, dass man trainieren muss, um gut zu werden. Auch ein Musikinstrument erlernt man nicht vom Danebensitzen. Aber charakterliche Höchstleistungen wie die Heiligung, ohne die niemand Gott schauen wird, die wachsen automatisch mit den Falten. Das sind Selbstläufer, die muss man nicht trainieren.

Seit der Tanzstunde weiß jeder von uns, dass man gewisse Bewegungen üben muss, damit sie sitzen. Der Wandel vom Partyhoppler zum Tänzer braucht viel Übung, aber der Wandel von ängstlich nach mutig, der taut ja angeblich auf uns herab wie das Manna in der Wüste. Vertrauen zu Gott muss man nicht einüben, das wächst offenbar, wenn man es mit genügend Predigten begießt.

Zeitlebens haben wir unser Recht verlangt und auf unsere Rechte gepocht. Und jetzt kommt Jesus und sagt, dass der Verzicht auf ein Recht einen viel höheren Wert darstellt als das Durchsetzen eines Rechtes. Selbst für das Erlernen einer relativ einfache Fremdsprache wie Italienisch muss man schreckliche Mühen auf sich nehmen, aber dass wir auf unsere Rechte verzichten können, dass reift in uns von ganz alleine und entwickelt sich mühelos.

Und die Außenstehenden sehen das natürlich und gucken sich die dummen Fräuleins an und fragen verwundert: „Du willst eine Beziehung zu Gott, die so gut ist, dass er Dich eines Tages zur Hochzeit seines Sohnes einlädt, und Du hast dafür keinen Plan? Du denkst, das passiert irgendwie schon von alleine? Du glaubst allen Ernstes, das ergibt sich irgendwie? Du willst Freiheit in ihrem größten Sinn haben, und Du denkst, das wird sich schon irgendwie finden?“

Schon um sich das Rauchen abzugewöhnen, braucht man eine ausgeklügelte Strategie, und Du willst von ziemlich gefangen nach absolut frei gelangen ohne Plan, ohne Programm, ohne Strategie, rein durch Zufall?

Der Versuch, von hochnäsig und unbarmherzig zu gnädig und barmherzig zu kommen ohne Training, ohne strategisches Bemühen, sondern nur irgendwie durch Evolution, der ist doch wohl zum Scheitern verurteilt.

Wenn man diesen dummen Fräuleins so mit Abstand zuschaut, muss man sich ja wirklich fragen: Wie dämlich kann man eigentlich sein? 5 Fackeln, aber Null Öl.

Und das ist genau die Frage, die Jesus hier mit seinem Gleichnis stellt: Wie dämlich kann man eigentlich sein?