Matthäus 9,20 – Warum man die Quasten anfassen muss
Es fällt ja schon auf – zumindest, wenn man eine genaue Bibelübersetzung wie die Elberfelder Bibel benutzt – dass die Leute, die geheilt werden wollten, immer die Quasten des Gewandes von Jesus anfassen wollten:
Mt 9,20
20 Und siehe, eine Frau, die zwölf Jahre blutflüssig war, trat von hinten heran und rührte die Quaste seines Gewandes an;
Mt 14,36
36 und sie baten ihn, dass sie nur die Quaste seines Gewandes anrühren dürften; und alle, die ihn anrührten, wurden völlig geheilt.
Mk 6,56
56 Und wo auch immer er in Dörfer oder Städte oder in Gehöfte hineinging, legten sie die Kranken auf den Marktplätzen hin und baten ihn, dass sie nur die Quaste seines Gewandes anrühren dürften; und alle, die ihn anrührten, wurden geheilt.
Warum haben die nicht den Ellenbogen von Jesus angefasst? Oder die Haare? Warum die Quasten?
Flügel
Das hebräische Wort für „Flügel“ und für „Quasten“ ist das Gleiche. Es heißt „kanaph“.
Sie können selber bei https://www.csv-bibel.de/strongs/h3671/2 nachschauen, dass dieses Wort im Alten Testament 74x mit „Flügel“ übersetzt wird, aber einige Male auch mit „Zipfel“, „Saum“, „Rockzipfel“.
Und nun gibt es eine Stelle über den Messias in Maleachi 3,20
20 Aber euch, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und Heilung ist unter ihren Flügeln. Und ihr werdet hinausgehen und umherspringen wie Mastkälber.
Möglicherweise ist Ihnen bekannt, dass die Sonne keine Flügel hat. Wenn man aber die „Sonne der Gerechtigkeit“, die da aufgehen soll, als den Messias versteht – was der Text ja hergibt – aber ach, der Messias hat ja auch keine Flügel.
Aber wenn er Quasten hat? Und wenn die Heilung nicht unter seinen Flügeln, sondern unter seinen Quasten ist?
Und so haben die Juden das damals geglaubt: Wenn der Messias kommt, dann ist Heilung an seinen Quasten. Und darum wollten die alle unbedingt die Quasten von Jesus anfassen und nicht seinen Ellenbogen.
Die Folgerung
Wenn Jesus also den Glauben der Frau mit dem Blutfluss lobt, dann lobt er ihr Vertrauen in den biblischen Text.
Naja.
Eher in die Auslegung. Denn es scheint ja eher unwahrscheinlich, dass Maleachi, als er den Text geschrieben hat, tatsächlich an die Quasten am unteren Rand des Mantels gedacht hat. Maleachi wollte vermutlich tatsächlich etwas über die Flügel der Sonne sagen. (Es gibt ja auch die „Flügel der Morgenröte“ in Ps 139,9, und Gott hat in den Psalmen des Öfteren ebenfalls Flügel. Das sind also poetische Flügel.)
Die Frau glaubte an das damalige Verständnis des Bibeltextes. Und sie hat aufgrund dieses Bibeltextes gehandelt.
Und das ist Glaube, und das führt zu Segen.
Die anderen, die haben im Gedränge Jesus auch berührt.
Aber da können Sie noch so nah an Jesus dran stehen. Sie können Jesus wo auch immer berühren.
Wenn Sie es ohne diesen Glauben tun, wie ihn die kranke Frau hatte, bringt es nichts.