Matthäus 12,28 – bitte nur die kleine Lösung

Betrachten Sie das Elend bitte als eine unendliche Misere.

Die Pharisäer erwarteten, dass das Reich Gottes darin bestehe, dass diejenigen, die das Gesetz nicht halten und damit das Böse tun, bestraft werden und das Böse dadurch unterbunden wird. Das erwarteten sie letztlich für die Juden und für die Heiden.

Die Christen heute erwarten, dass das Reich Gottes darin besteht, dass wir ganz woke sind. Unglaublich freundlich und empathisch, und natürlich mit dem Ohr am Puls der Zeit. Dass wir das Evangelium in Sprache und Darbietungsform den Menschen anpassen. Dass wir Jesus so präsentieren, dass er für die Menschen kein Problem mehr darstellt.

Jesus definiert das Vorhandensein des Reiches Gottes so:

Matthäus 12,28 (ELB 2006)

28Wenn ich aber durch den Geist Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen.

Die Pharisäer wollten die kleine Lösung: Die Täter des Bösen werden bestraft. Die äußeren Erscheinungsformen des Bösen werden bekämpft, im Idealfall eliminiert.

Dass Gott nicht die Erscheinungsformen des Bösen bekämpfen wird, sondern das Böse in seinem Ursprung, das haben die Pharisäer nicht erwartet.

Und dass Gott erwartet, dass die Menschen sich ihm anpassen, das haben die heutigen Christen nicht erwartet. Sie dachten, sie müssten Gott an die Menschheit anpassen. Sie dachten, die Welt wird besser, wenn die Christen grüner sind als die Grünen und barmherziger als das Rote Kreuz und großzügiger als die Bill-Gates-Stiftung und höflicher als Prinz William.

Zucht und Ordnung

Aber das Reich Gottes ist nicht da, wo Zucht und Ordnung herrscht, und es ist nicht da, wo die Christen alles verstehen und alles tolerieren und unglaublich lieb sind.

Das Reich Gottes ist da, wo der Teufel besiegt ist. Hat insofern eine gewisse Logik, denn da, wo der Teufel nicht besiegt ist, ist das Reich des Teufels.

Und natürlich haben wir in vielen deutschsprachigen Gemeinden heute das Problem, dass die Gemeinden nicht wachsen, sondern eher kleiner werden. Dass Mission nicht funktioniert. (Die Gemeinden der Zuwanderer haben das Problem übrigens nicht.)

Aber so, wie es schon zu Zeiten der Pharisäer keine Lösung war, das Reich Gottes menschlicher zu machen, so ist das heute auch keine Lösung. So wie die Pharisäer nicht mehr Göttlichkeit erreichten, indem sie Zucht und Ordnung verlangten, so werden wir heute nicht mehr Göttlichkeit in die Gemeinde bekommen, indem wir für Gerechtigkeit und Frieden und Klimaschutz und mehr queer und mehr LGBT und Gendergerechtigkeit eintreten.

Denn das Reich Gottes ist weder da, wo wir besonders anständig sind, noch da, wo wir besonders verständnisvoll und tolerant sind. Es ist da, wo der Teufel besiegt ist und wo dieser Sieg laufend verwirklicht wird.

Die größte Ungerechtigkeit auf der Erde ist ja nicht, was Herr Putin macht oder irgendwelche ausbeuterischen Großkapitalisten. Die größte Ungerechtigkeit der Welt ist es, dass Menschen vom Teufel gefangen gehalten werden. Denn damit wird ihnen ihr wichtigstes Recht genommen: die Freiheit.

Jesus macht hier in Mt 12 einen Besessenen frei von der Macht des Teufels. Aber das war für die Pharisäer zu viel. Soviel Göttlichkeit hatten sie nicht gefordert. Und das gleiche Problem haben wir heute in den Gemeinden auch: Wir sollen frei werden von Ausdrucksformen des Bösen, also frei von „ungerechter Sprache“ und frei von Umweltzerstörung, aber die tatsächliche Freiheit vom Teufel wird nicht angestrebt – vielleicht, weil sie gar nicht mehr erkannt wird.

Wir treten Amnesty international bei

Der Kampf gegen die Ausdrucksformen des Bösen wird in Westeuropa von vielen Menschen und Organisationen gekämpft: Amnesty international und Terre des Hommes, Diakonie und Caritas, politische Parteien und der Rechtsstaat. Wenn die Christen sich nun das Gleiche auf die Fahnen schreiben, nur dass sie noch grüner als die Grünen werden wollen oder noch klimaneutraler als Greta Thunberg, dann verliert die Gemeinde ihre Existenzberechtigung.

Und sie verliert an Attraktivität, denn sie ist von den anderen Gruppen nicht mehr zu unterscheiden. Dass man zu „grün“ noch Gott hinzufügt oder der Empathie noch das Beispiel Jesu beigibt, braucht letztlich kein Mensch.

Die Sünde

Auch wenn der Begriff nicht schön ist: Es ist nicht umsonst, dass im Neuen Testament so oft von der Sünde die Rede ist. Wenn man dann allerdings hingeht und den Klimawandel zur Sünde erklärt oder die Geringschätzung von Schwulen, dann hat man den hässlichen Begriff erfolgreich verwässert.

Denn es ist Gott nicht geholfen, wenn das Klima gerettet wird, der Mensch aber seine Freiheit nicht erhält, sondern Gefangener des Teufels bleibt.

Es ist Gott nicht geholfen, wenn der atheistische Schwule hochgeehrt wird, in der Gemeinde aber lauter Menschen sitzen, die vom Teufel geknechtet und durchs Leben gejagt werden.

Der Kampf Jesu geht nicht gegen Schwulenhass oder Regenwaldabholzung. Das sind (vielleicht) äußere Erscheinungsformen des Bösen. Das Ziel von Jesu Kampf ist, dass der Mensch nicht mehr sündigen kann. Weil er frei ist. Weil er Gott gehört.

Und dann kann man immer noch die Schwulen achten und die Indianer nur noch „indigene Amerikaner“ nennen. Weil es zeitgemäß ist, oder weil man es für höflich hält.

Aber der Schwule wird nicht frei, weil er gesellschaftlich geachtet wird. Sondern weil der Satan aus seinem Leben verbannt wurde.

Was nützt es dem Indianer, wenn er die ganze Welt gewinnt und sogar „indigener Amerikaner“ genannt wird, aber doch Schaden nimmt an seiner Seele? (Mk 8,36; Mt 16,26; Lk 9,25)

Nein, man erkennt das Reich Gottes nicht an Lobpreis und Gebetsspaziergang und sakralem Tanz. Und noch so viele Follower auf welchem Kanal auch immer sagen nichts über die wahre Qualität einer Gemeinde aus.

Man erkennt das Reich Gottes auch nicht daran, dass beliebige Ausdrucksformen des Bösen bekämpft werden.

Das Reich Gottes ist da, wo das Böse in seiner Urform mit Stumpf und Stiel beseitigt wird.

Pe-äss

Wenn Jesus die Gemeinde als Licht der Welt und Salz der Erde betrachtet, dann nicht deshalb, weil die Gemeinde jede andere Organisation an Entgegenkommen, Freundlichkeit und ähnlichen Tugenden übertrifft. Es schadet zwar nichts, wenn die Gemeinde das tut. Aber die Konkurrenz ist hier sehr groß, und in der Gemeinde findet man oft Menschen niedriger Herkunft oder mit starken Brüchen in der Biografie, und die sind dann zu so feinsinnigen und intellektuell anspruchsvollen Artikulationsprozessen nicht in der Lage.

Die Gemeinde ist Licht der Welt und Salz der Erde, weil sie als einzige dem Teufel Paroli bieten kann. Nur die Gemeinde kann dem Teufel einen Platzverweis erteilen. Alle anderen können versuchen, die Ausdrucksformen des Teufels zu unterbinden. Und wie erfolgreich das ist, zeigen uns Putin, die Hisbollah, Erdogan und viele andere jeden Tag aufs Neue.