Matthäus 8,18-20 Jesus auf der Flucht
Dieser Artikel erklärt, warum Jesus den Schriftgelehrten nicht mitgenommen hat.
Haben Sie das gesehen, wie Jesus gerannt ist?
Nach all diesen Heilungen in Kapernaum, nach diesem riesigen Erfolg, sieht er die Menschenmenge und will nur noch weg!
Und zwar nicht ein bisschen weg. Sondern weit weg. In jeder Hinsicht. Ans andere Ufer des Sees. In heidnisches Gebiet. Dahin, wo es Schweineherden gibt.
Es wird nicht gesagt, was Jesus von den Leuten in Kapernaum befürchtet. In der Nähe der Golan-Höhen wollten die Leute Jesus mal zum König machen (Jh 6,15). Auf jeden Fall war zu erwarten, dass die Leute in Kapernaum ihn falsch verstehen würden, dass sie die falschen Schlüsse aus seinen Handlungen ziehen würden.
(Das sieht man auch an Mt 11,23. Irgend so etwas wie „Umkehr“ oder „Hinwendung zu Gott“ hat es in Kapernaum nicht gegeben.)
Also nichts wie weg. Und die heidnische Umgebung der Gadarener war da immer noch besser als das jüdische Kapernaum.
Achtung an Gleis 3!
Der Abfahrtsbefehl und der Zielbahnhof sind also schon gegeben, da kommt dieser Schriftgelehrte. Im letzten Moment, die Zugtüren schließen sich schon, da will der noch mitfahren.
Klar: Wenn Jesus jetzt weg ist, dann ist er erstmal weg. Man konnte nicht erwarten, dass Jesus viertelstündlich seinen Standort postet, so dass man ihn jederzeit wiederfinden konnte.
Wenn der Schriftgelehrte Jesus nicht verlieren wollte, dann musste er jetzt mitfahren.
Aber während es für den Schriftgelehrten ein Problem darstellte, Jesus zu verlieren, war es für Jesus kein Problem, den Schriftgelehrten zu verlieren.
Also zu deutsch: Jesus wollte ihn nicht mitnehmen.
Ich verstehe Dich!
Dabei war es doch so, dass der Schriftgelehrte Jesus und seine Ansprüche offenbar verstand. Ganz im Gegensatz zu diesen ahnungslosen Leuten von Kapernaum. Die hatten Jesus nicht verstanden und würden ihn nicht verstehen.
Aber er, der Schriftgelehrte, er nennt Jesus ja auch „Lehrer“ – er versteht Jesus! Er kennt als Schriftgelehrter seine Bibel, und offenbar ging er davon aus, dass Jesus der Sohn des Menschen aus Daniel 7,13 sei, denn Jesus antwortet ihm entsprechend.
Und der Schriftgelehrte war auch bereit, mit ins heidnische Land zu fahren – „ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst“ – also der hatte eine hohe Meinung von Jesus und ging davon aus, dass Jesus das schon richtig machen würde.
Aber Jesus sagt ihm: „Du verstehst mich nicht.“ Es muss also so gewesen sein, dass der Schriftgelehrte dachte, mit Jesus oder mit dem Erscheinen des Menschensohnes würden die Probleme zuende gehen. Wie auch immer man sich das vorzustellen hat: Das Friedensreich kommt, der König besiegt alle Feinde, Gottes Wille geschieht, irgend so etwas.
Aber Jesus sagt ihm: Wenn der Sohn des Menschen kommt, dann fangen die Probleme erst richtig an. Der Sohn des Menschen und diejenigen, die ihm nachfolgen, werden noch nicht einmal das haben, was jedem Tier gegönnt wird: Ein Nest, einen Bau, also eine Heimat oder einen Platz der Ruhe.
Es gibt keinen Platz, wo der Sohn des Menschen (und die, die ihm nachfolgen) keine Feinde haben. Man hat an jedem Ort mit Widerspruch und Widerstand zu rechnen. Es ist kein Friede.
Und mit so etwas hatte der Schriftgelehrte nicht gerechnet.
Wie man Jesus verliert
Der Schriftgelehrte dachte, er verliert Jesus, weil der jetzt wegfährt. Aber man verliert Jesus nicht, weil er wegläuft. Sondern man verliert ihn, wenn man ein falsches Bild von ihm hat und diesem falschen Bild huldigt und nicht merkt, dass man gar nicht den Menschensohn hat, sondern ein Bild vom Menschensohn, und zwar ein unzutreffendes.
Wäre also wichtig, dass Sie Gott haben, und nicht ein Bild von Gott.