Matthäus 27,6-10 wenn man keine Wahl hat

Ja! So ist es richtig!

Da hat der Judas genau das bekommen, was er verdient hat.

Die Mitglieder des Hohen Rates haben ihn abblitzen lassen, und dann hatte er niemanden mehr, an den er sich wenden konnte, und daraufhin hat er so richtig die Verzweiflung gekriegt.

Geschieht ihm völlig recht!

Soll er nur leiden, dieser Verräter!

Den lieben Heiland zu verraten, dieses Schwein!

Der hat die gerechte Strafe für seine Sünde bekommen!

Der Sinn der Geschichte

Nicht wahr, dafür hat Matthäus uns diese Passage aufgeschrieben.

Damit die Gläubigen sich in Genugtuung die Hände reiben können, weil die Gerechtigkeit Gottes ihren Weg gefunden hat.

Damit die schlechteren Christen sehen, was passiert, wenn man Jesus mit unreinem Herzen nachfolgt.

Damit die potentiellen und die tatsächlichen Sünder erkennen, dass die Rache unseres Gottes ist, und sie ist blutig und brutal!

Darum hat Matthäus uns das Schicksal des Judas so ausführlich wissen lassen, damit wir in grenzenloser Selbstgerechtigkeit betrachten können, was mit Leuten passiert, die Gott in den Rücken fallen.

Das Ende der Geschichte

Das Ende dieses Abschnittes lautet aber nicht: „Da wurde erfüllt, was geschrieben steht, dass die Rache des Herrn ist …“ oder irgend so etwas ähnliches.Ja, stimmt: langweilig.

Sondern das Ende des Abschnitts bezieht sich darauf, dass im Zusammenhang mit Jesu Tod ein Stück Land gekauft worden ist.

Im Resümee dieses Abschnitts kommt Judas gar nicht vor.

Es kommen aber Leute vor, die 30 Silberlinge bezahlt haben, und für diese 30 Silberlinge wird ein Stück Land gekauft, und zwar auf den Befehl Gottes hin.

Judas kommt vor

Natürlich kommt auch Judas in unserem Text vor. Er ist Teil dieser Geschichte, er hat das Geld genommen und dann wieder zurückgebracht. Man kann Judas hier nicht weglassen. Er gehört nun mal zu dieser Geschichte dazu.

Aber es geht in diesem Abschnitt nicht um Judas.

Es geht hier um Leute, die keine Lust haben, den Willen Gottes zu tun.

Nein, noch mehr: Es geht um Leute, denen es nicht gefällt, dass der Wille Gottes geschieht, und die ihn deshalb zu verhindern suchen.

Natürlich mit den edelsten biblischen Motiven.

Das Geld

Die erste wichtige Information für uns ist, dass Judas das Geld voller Wut in den Tempel warf.

Diese Information ist für uns wichtig, damit wir wissen, wo das Geld für den Acker herkommt.

Denn es geht hier, wie ich schon erwähnte, eigentlich nicht um das Ende des Judas, sondern es geht um den Acker.

Mt 27,6-8

6 Die Hohenpriester aber nahmen die Silberlinge und sprachen: Es ist nicht erlaubt, sie in den Tempelschatz zu werfen, weil es Blutgeld ist. 

7 Sie hielten aber Rat und kauften dafür den Acker des Töpfers zum Begräbnis für die Fremden.

Matthäus definiert die Fremden hier nicht. Man könnte ja fragen, ob es sich um fremde Juden, fremde Heiden oder fremde Proselyten handelt. Sowas macht aus Sicht eines jüdischen Priesters ja einen Unterschied.

Aber das ist für Matthäus egal. Es handelt sich um Leute, die in Jerusalem kein Bürgerrecht haben, keine Wohnung. Die in der heiligen Stadt nicht zu Hause sind. Fremde eben. Leute, deren Tod hier eigentlich nicht hingehört. Die hier keine Familiengruft haben. Deren Heimat definitiv nicht in Jerusalem ist.

8 Deswegen ist jener Acker Blutacker genannt worden bis auf den heutigen Tag.

Der Acker ist überhaupt nur gekauft worden, weil es dieses Blutgeld gab. Der Acker definiert sich sozusagen über die Tat des Judas. Aber eigentlich, meint Matthäus, erinnert der Name des Ackers nicht an Judas, denn sonst hätte er Judasacker geheißen. Sondern der Acker erinnert an das, was im Alten Testament stand und jetzt erfüllt wurde. Der Name des Ackers erinnert daran, dass der Acker von ganz bestimmten ganz besonderen Geld gekauft worden ist.

Es wurde erfüllt

Mt 27,9-10

9 Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia geredet ist, der spricht: »Und sie nahmen die dreißig Silberlinge, den Preis des Geschätzten, den man geschätzt hatte seitens der Söhne Israels, 

10 und gaben sie für den Acker des Töpfers, wie mir der Herr befohlen hat.«

Das ist jetzt also die Quintessenz dieses Abschnitts.

Das ist, warum Matthäus diesen Abschnitt aufgeschrieben hat.

Der Prophet Jeremia hat während der Belagerung Jerusalems durch Nebukadnezar einen Acker gekauft. Das war eine völlig sinnlose Aktion, weil niemand konnte davon ausgehen konnte, dass Jeremia jemals im Leben etwas auf diesem Acker anpflanzen würde können. Denn die Belagerung durch Nebukadnezar war hoffnungslos, Israel war verloren und Jerusalem genauso. Aber Jeremia kaufte den Acker, weil Gott es ihm befohlen hatte. Der Kauf des Ackers sollte ein Zeichen dafür sein, dass in Israel wieder Juden wohnen würden, Verwandte von Jeremia oder er selbst, die hier in Israel Heimatrecht hatten und in Frieden hier wohnten. Also so in Frieden und Sicherheit, dass das Bestellen eines Ackers Sinn machte.

Der Sinn des Ackerkaufs war nicht, zu zeigen, dass irgendwann mal wieder irgendwer in Israel Ackerbau betreiben würde. Dafür hätte nicht die Person des Jeremia den Acker kaufen müssen. Sondern der Sinn der Ackerkaufs war, anzusagen, dass Juden, Verwandte oder eben Erben von Jeremia, wieder in Israel wohnen und Ackerbau betreiben würden.

Ein neuer Ackerkauf

Und jetzt hat wieder jemand einen Acker gekauft, wieder in Israel. Aber nicht, damit die Verwandten eines Juden den Nutzen davon haben, sondern die Fremden.

Und gekauft wurde der Acker für den Preis, den man für den Sohn Gottes, den Hirten Israels, für angemessen hielt. Dieser Preis ist bei Sacharja vorgegeben, und man vermutet, dass die Hohepriester mit Absicht diesen Preis bezahlten, weil ein Preis der Verachtung war. (In Ex 21,32 ist es der Preis für einen toten Sklaven.)

Zu Jesu Lebzeiten bekam man für diesen Preis einen Esel. Heute könnte man also sagen: Es ist der Preis für einen 3 Jahre alten Kleinwagen. Mit 10.000 Euro liegen wir vermutlich nicht schlecht.

Matthäus sagt also: Der Hohe Rat kauft einen Acker zu einem Preis der Verachtung, welcher eigentlich sagen sollte, wie wenig einem der Hirte Israels wert ist. Sie handeln dabei genauso, wie es im Alten Testament schon vorgespiegelt ist.

Wobei sie eigentlich nur vorhatten, alttestamentlich zu handeln, indem sie dem Judas den Preis der Verachtung zahlten. Dass sie anschließend für das gleiche Geld den Jeremia kopieren würden und einen Acker als Zeichen der Hoffnung kaufen würden, das hatten die Ältesten so nicht geplant.

Das Besondere am Acker

Die BrockenbahnMatthäus sagt also: So wie Jeremia einen Acker gekauft hat als Zeichen der Hoffnung, dass Israel Heimat der Juden bleiben wird, und zwar auf Gottes Befehl hin, so haben auch die Ältesten auf Gottes Befehl hin einen Acker gekauft als Zeichen dafür, dass die Fremden in Jerusalem eine Heimat haben werden. Diejenigen, denen jerusalemer Erde eigentlich nicht zusteht, werden trotzdem jerusalemer Erde bekommen.

Die Ältesten haben ein Zeichen gesetzt, wie Jeremia ein Zeichen gesetzt hat, und sie haben die Zukunft vorausgesagt, wie Jeremia die Zukunft vorausgesagt hat.

Denn zu dem Zeitpunkt, als Matthäus schrieb, hatten die Heiden Heimatrecht in der Gemeinde Gottes. Das Reich Gottes war keine jüdische Angelegenheit mehr, sondern eine internationale.

Man lernt was

Was Matthäus seinen Lesern beibringen will: Die Ältesten mussten den Willen Gottes verkünden, ob sie wollten oder nicht.

Und der Wille Gottes würde geschehen.

Ganz egal, was der Hohe Rat macht.

Der Hohe Rat hätte auch einen gemeinsamen Kopfstand machen können oder Sauerkraut an die Wand werfen, am Ende wäre immer der Wille Gottes dabei herausgekommen.

Man kann den Willen Gottes letztlich nicht verhindern.

Man kann den Willen Gottes vielleicht erschweren.

Man kann den Willen Gottes vielleicht zu Umwegen zwingen.

Aber am Ende wird immer der Wille Gottes geschehen. Gottes Pläne kann niemand durchkreuzen.

Botschaft an zwei Parteien

Damit hat Matthäus eine Botschaft an zwei Parteien:

Die eine Partei sind die Gläubigen, denen Gottes Wille nicht recht ist.

Diese Leute, die selbstverständlich an Gott glauben, aber denen die Wege Gottes unbequem sind und welchen die Vorhaben Gottes nicht in den Kram passen.

Weil Gottes Pläne nicht zu ihren Plänen passen, weil die Vorstellungen Gottes nicht kompatibel zu ihren eigenen Vorstellungen sind.

Und die darum glauben, sie könnten Gottes unangenehmen Willen irgendwie verhindern.

Denen sagt Matthäus: Nein, ihr könnt es nicht. Ihr werdet am Ende den Willen Gottes erfüllen. Entweder freiwillig, oder unfreiwillig.

Die zweite Partei, die eine Botschaft von Matthäus erhält, sind die Gläubigen, die immer in Sorge sind, dass der Wille Gottes nicht geschehen wird.

Dass der Teufel am Ende stärker ist.

Dass sie selbst und Gott und der Glaube unter die Räder kommen werden.

Denen sagt Matthäus: Ihr könnt euch eure Sorgen sparen. Der Wille Gottes wird immer geschehen. So herum oder anders herum. Da läuft nichts aus dem Ruder. Auf den Willen Gottes ist Verlass.

Matthäus schreibt also nicht, um schadenfroh auf das Ende des Judas zu schauen, sondern um etwas über die solide Unmanipulierbarkeit von Gottes Wort und Gottes Willen zu sagen.