Matthäus 21, 12-13 die Räuberhöhle

Matthäus 21,12–13

12Und Jesus trat in den Tempel ein und trieb alle hinaus, die im Tempel verkauften und kauften, und die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubenverkäufer stieß er um.

13Und er spricht zu ihnen: Es steht geschrieben: »Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden«; ihr aber macht es zu einer »Räuberhöhle«.

1. Definitionen

1.1. Räuberhöhle

Eine Räuberhöhle ist ein sehr sicherer Ort. Für Räuber.

Eine Räuberhöhle ist der Ort, wo sich Kriminelle vor der Obrigkeit verstecken.

Was Jesus hier also sagt, ist, dass der Tempel ein Ort ist, wo sich Kriminelle vor der Gerichtsbarkeit verstecken. Die Gerichtsbarkeit ist in diesem Fall natürlich Gott, und die Kriminellen sind die Menschen, die gegen Gottes Anordnungen verstoßen.

1.2. Bethaus

Das Zitat über das Bethaus stammt aus Jesaja (56,7), und es ist dort der Gipfel des Glaubens an Gott. Das Bethaus ist das Ende eines Prozesses, der höchste Punkt der religiösen Skala. Alles andere kommt vorher.

Man ist in Gottes Bethaus willkommen, weil man alle Gebote Gottes hält. Damit der Tempel für die Menschen ein Bethaus wird, sind eine Reihe von Vorleistungen nötig.Matthaeus 21

Denn das Bethaus ist ja der Ort der perfektesten Kommunikation mit Gott. Aber Gott hört nicht auf Leute, die nicht auf ihn hören. Eine Kommunikation mit einem Gott, den man wochenlang und monatelang ignoriert hat, wird nicht gelingen.

Dass das Bethaus tatsächlich ein Bethaus wird, ist ein Ergebnis von Gehorsam. Von Leistungswillen.

2. Wer sind die Kriminellen?

Nun müssen wir feststellen, wer die Kriminellen sind, die sich im Tempel vor der Obrigkeit verstecken. Die also in den Tempel gehen, weil sie als Folge davon vor Gott sicher sind.

Diese Kriminellen waren die normalen Gläubigen.

Die normalen Gläubigen kamen zum Tempel, um Vergebung ihrer Schuld zu erhalten.

Für die Opfer, die dazu nötig waren, brauchten die meisten von ihnen Tauben. 90% der Israeliten zählten zu den Armen. Und die Armen brauchten keine Großtiere zu opfern, sondern für sie genügten ein oder zwei Tauben.

Da die Tauben lebend geopfert werden mussten, kaufte man sie im Tempel. Nicht jeder hat einen gewissen Vorrat an Tauben zu Hause, und dann musste man die auch noch lebend bis nach Jerusalem transportieren, und viele Juden kamen doch von weit her. Da war es am praktischsten, die Tauben vor Ort zu kaufen.

Um die Tauben zu kaufen, und um auch gleich die Tempelsteuer zu bezahlen, brauchte man aber spezielles Geld. Der Tempel akzeptierte nur den tyrischen Schekel. Römische Münzen, die das normale Umlaufgeld waren, nahm der Tempel nicht. Also musste man erst Geld wechseln, bevor man die Tempelsteuer bezahlen konnte oder Tauben kaufen oder all die anderen Dinge erwerben, die man für die Opfer brauchte, wie Mehl und Öl und Wein.

Damit die Gläubigen die Vergebung von Gott bekommen konnten, waren sie auf die Taubenhändler und die Geldwechsler angewiesen. Wir würden diese Leute heute als eine systemrelevante Berufsgruppe bezeichnen.

2.1. Der Vorwurf

Der Vorwurf von Jesus war nun, dass die Gläubigen sich im Tempel die Vergebung abholten, um damit vor Gott sicher zu sein. Der Tempel ist die Räuberhöhle der Gläubigen.

Die Gläubigen kamen nach ihren Angaben zum Tempel, um den Willen Gottes zu tun. Opfer zu bringen, Vergebung zu erhalten, das ist Wille Gottes. Steht bei Mose, kann man dort nachlesen.

Jesus sagte nun, die Gläubigen kämen zum Tempel, um den Willen Gottes nicht zu tun.

Nach außen hin sah es so aus, als täten die Israeliten den Willen Gottes. Aber eigentlich weiß man doch, dass Gott die Israeliten nicht berufen hat, damit er jemanden hat, der ihm Opfer bringt.

Eigentlich weiß man doch, dass die Idee, die hinter der Berufung Israels stand, eine viel größere, umfassendere war. Die Sündenvergebung war eine Einladung zu etwas Größerem.

Der Wille Gottes, der zu tun wäre, wäre doch eigentlich etwas ganz anderes als die Opfer.

2.2. Das Andere, das Gott will

Eigentlich ist der Wille Gottes doch ein gelungenes, glückliches Leben. Harmonie mit Gott und den Menschen. Frieden und Freiheit. Wohlergehen und damit etwas, das den Namen „Leben“ auch wirklich verdient.

Sündenvergebung ist kein Selbstzweck. Die Schuld wird nicht vergeben, damit hinterher die Schuld vergeben ist.

Sondern die Vergebung ist ein Mittel dazu, dass man das Leben so gestalten kann, wie es dem Willen Gottes entspricht: harmonisch, frei, glücklich und das alles zusammen mit Gott.

Für ein solches Leben, das nicht nur für mich so ist, sondern auch für die anderen, war die Vergebung Grundlage und Hilfsmittel. Sie war Mittel zum Zweck. Der eigentliche Wille Gottes war die Vergebung nicht.

2.3. Das Sündigen der Juden.

Es gab im Gesetz noch andere Gebote als diejenigen, die sich auf die Opfer im Tempel bezogen: Exodus 20,17

17Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren. Du sollst nicht begehren die Frau deines Nächsten, noch seinen Knecht, noch seine Magd, weder sein Rind noch seinen Esel, noch irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.

Und jetzt sagten die Juden: „Also Begehren, das kann doch keine Sünde sein. Dann dürfte man ja keine Werbung mehr schauen, denn da wird einem ständig etwas gezeigt, das man selber nicht hat, das man aber begehren soll. Und es kann doch nicht jedesmal Sünde sein, wenn ich auf der Straße einen feuerroten Lamborghini sehe oder eine schöne Frau an der Seite des falschen Mannes. Und das Begehren, das kann man doch nicht in sich selber abstellen. Das ist doch so innerlich in einem drin.

Das mit dem Begehren, das kann kein Gebot sein, das man zu 100% befolgen soll und ansonsten ist es Sünde. Sondern das ist so ein ideeller Wert, den Gott in die Welt gestellt hat. Ein Ideal, das sehr schön wäre. Und wenn man mag, kann man danach streben. Denn die Idee ist ja nicht schlecht. Aber das ist kein Gebot, das man erfüllen kann.“

Man holte sich im Tempel die Vergebung, und hinterher war man genauso neidisch wie eh und je. Die Sache mit Gott hat keinen Einfluss auf den Alltag.

Levitikus 25,35

35Und wenn dein Bruder verarmt und seine Hand neben dir wankend wird, dann sollst du ihn unterstützen wie den Fremden und Beisassen, damit er neben dir leben kann.

Das kann ja kein Gebot sein, das man tatsächlich erfüllen muss, und wenn man es nicht erfüllt, ist es Sünde. Dass man der Finanzier der Unfähigkeiten der gesamten Nachbarschaft wird. Und wenn der Nachbar sich zugrunde gewirtschaftet hat und ich ihm dann nicht größere Geldbeträge schenke, dann ist es eine Sünde.

Nein, dieses Gebot ist eine wunderbare sozialpolitische Idee von Gott, ein nicht zu erreichendes Ideal. Das ist die Vision einer besseren Welt, die aber nie eintreten wird. Dieses Gebot zeigt, von was für einer Welt Gott träumt. Aber das ist kein Gebot, das man eins zu eins einhalten muss.

Und so gehen die Gläubigen mit scheinbar vergebener Schuld vom Tempel weg und machen grad so weiter wie bisher und wie alle anderen Menschen auch. Die Sache mit Gott hat mit ihrem Alltag nichts zu tun. Aber sie sagen: „Wir waren im Tempel. Wir haben Opfer gebracht. Wir haben die Vergebung entgegengenommen. Wir haben den Willen Gottes getan.“

3. Was die Christen machen

Matthäus hat diese Geschichte mit der Räuberhöhle nicht aufgeschrieben, um den Christen zu zeigen, wie schlecht die Juden waren.

Sondern Matthäus hat das aufgeschrieben, weil die Christen zum Kreuz Christi kommen und die Vergebung für sich in Anspruch nehmen. Und 3 Minuten später sorgen sie sich.

Sie bergen sich unter dem Kreuz Christi, beten zu Gott und machen dann grad weiter, als wäre nichts gewesen.

Und sich sorgen ist ja keine Sünde. Das ist höchstens … also vielleicht ein Kavaliersdelikt. Nein, noch nichtmal. Das ist gar kein Delikt. Das ist menschlich.

Jesus sagt also: Sorgt euch nicht. Das sagt er nicht nur einmal, sondern in unterschiedlichen Formen immer wieder, und der Petrusbrief (1.Pe 5,7) kennt das genauso wie Paulus.

Jesus sagt also „sorgt euch nicht“, die Bibel sagt „sorgt euch nicht“, und dann machen die Christen es trotzdem, aber das ist keine Sünde.

Ich anerkenne das Kreuz Christi, ich lasse meine Sünden durch Jesus vergeben. Damit habe ich den Willen Gottes getan. Das Sorgen hat mit dem Willen Gottes nichts zu tun.

Warum Jesus kam

Jesus ist auf diese Welt gekommen, um die größten Probleme der Menschheit zu lösen.

Der ist nicht gekommen wegen irgendwelchen kleinkarierten religiösen Angelegenheiten.

Mt 21,12Der ist nicht gekommen, um zweitrangiges erträglicher zu machen.

Gott hat Jesus geschickt, um die größten Probleme der Menschheit zu lösen.

Und das größte Problem der Menschheit ist die Angst.

Wir tragen diese blöden Masken aus Angst.

Putin hat seinen Krieg angefangen aus Angst.

Wir schließen Versicherungen ab aus Angst.

Wir können nachts nicht schlafen aus Angst, was der Vermieter oder der gegnerische Anwalt wohl gegen uns unternehmen wird oder aus Angst vor einer gefährlichen Krankheit.

Wir haben Angst vor dem Alter und Angst vor der Inflation und Angst vor dem Energiemangel und vor der Klimaerwärmung und wie das nur alles weitergeht.

Die Ursache für diese Angst ist nicht die Unsicherheit der Welt. Wenn wir nur Angst hätten vor dem, was aufgrund der Unsicherheit der Welt vermutlich eintreten wird, dann ginge es uns ja gut. Aber 95% der Dinge, vor denen wir Angst haben, treffen niemals ein. Die Angst ist also nicht ein sachlich begründetes Verhalten, welches auf die Tatsachen der Erde reagiert, sondern die Angst ist größtenteils verdorben und bösartig. Jesus will uns frei machen von der Angst, weil sie zu 95% teuflisch ist.

Und dann gehen die Christen hin und sagen: Ich berge mich unter dem Kreuz Christi, ich nehme die Vergebung in Anspruch, aber ich kann Angst haben soviel ich will.

Die Christen verstecken sich unter dem Kreuz Christi, nur um genauso weiter machen zu können wie alle anderen Menschen auch.

Die Gemeinde sollte ein Bethaus für die Völker sein, sie ist aber ein Ort geworden, wo man sich den Ansprüchen Gottes entzieht. Wo man sich gegenseitig Vergebung zuspricht, um sofort anschließend schwungvoll dem Willen Gottes entgegen zu handeln.

Wobei es natürlich keinesfalls eine Sünde ist, gegen den erklärten Willen Gottes zu handeln. Wenn Gott sagt „sorgt euch nicht“, so ist das höchstens ein unverbindliches Angebot, über das man eventuell mal nachdenken kann.

Ein „Fürchte Dich nicht“ aus dem Munde Gottes ist eine frei wählbare Option, die man nehmen oder auch ignorieren kann.

Ist keine Sünde!

Natürlich schreien die Christen empört auf und bestehen darauf, dass Angst keine Sünde ist. Auch niemals eine Sünde sein kann. Welch eine absurde Idee!

Denn Angst ist ja viel zu schwerwiegend. Angst sitzt so tief im Menschen, Angst ist so universell und so beherrschend, das kann doch keine Sünde sein!

Angst kann man ja gar nicht abstellen. Das ist ja ein Selbstläufer innerhalb der Seele oder des Geistes.

Das wäre ja fast so, als wenn man Atmen zur Sünde erklärt.

Aber wie ich schon sagte: Jesus ist nicht gekommen, um den Kleinkram der Welt aufzuräumen. Der allmächtige Gott schickt nicht seinen Sohn, damit dieser ein wenig Linderung in die schmerzhaften Probleme der Menschheit bringt.

Das Argument, die Angst wäre zu groß, ist nicht ein Argument dafür, dass sie keine Sünde sein kann, sondern die Größe der Angst ist der Grund, warum Gott den höchsten Einsatz gewagt hat.

Warum es kein Bethaus wird

Und darum wird das nichts mit dem Bethaus.

Es ist der Wille Gottes, die größten Probleme der Menschheit zu lösen, und die Gläubigen holen sich unter dem Kreuz die Vergebung ab und gehen davon aus, jetzt hätten sie den Willen Gottes getan.

Aber die Angst regiert, die Sorgen machen sich breit. Gott hat mit den wirklich wichtigen Dingen des Alltags nichts zu tun.

Es bleibt bei der Räuberhöhle, die denjenigen Schutz bietet, die sich der Regierung nicht unterwerfen wollen.