Lukas 4,31-36 einfach nur abgeschrieben

Kann man überspringen, diesen Absatz.

Könnte man meinen.

Denn offenbar hat Lukas diesen Abschnitt bei Markus abgeschrieben.

Da erfahren wir also nichts Neues.

Könnte man meinen.

Weil man die Bedeutung des Zusammenhangs nicht erkennt.

Weil man nicht fragt, was der Lukas eigentlich damit sagen wollte, dass er diesen Abschnitt wörtlich übernommen hat.

Und dann auch noch an der falschen Stelle eingefügt hat.

Nämlich nach Nazareth.

Scheinbar hielt der uns für blöd.

Als wenn wir nicht merken würden, dass die in Nazareth sich ja bereits auf die Vorgänge in Kapernaum beziehen, die Lukas aber erst später berichtet (Lukas 4,23).

Also die Reihenfolge ist falsch.

Bei Markus ist sie richtig.

Warum bitte verdreht Lukas die Reihenfolge?

Das Thema

Hier, ab Vers 31, geht es um das Thema Vollmacht.

  • Die Jesus hat.
  • Die die Leute anerkennen.
  • Die auch die Dämonen anerkennen und die damit bewiesen ist.

Aus diesen 3 Gründen hat die Vollmacht auch funktioniert.

Natürlich hatte Jesus diese Vollmacht im Abschnitt vorher auch schon. Also in Nazareth.

Er beschreibt seine Vollmacht sogar unter Benutzung von Jesaja 61,1.

Also die Leute müssen nicht raten, wo er diese Vollmacht her hat und welchen Inhalt diese Vollmacht hat.

Trotzdem geht die Sache in Nazareth ganz anders aus als in Kapernaum.

Und die Vollmacht von Jesus kommt in Nazareth überhaupt nicht zum Tragen. Sie hat keine Auswirkungen.

Und darum hat der Lukas die Sache aufgeschrieben. Und zwar in dieser Reihenfolge. Weil er den Unterschied zwischen Nazareth und Kapernaum zeigen wollte.

Unterschied 1: Identität

Der Dämon in Kapernaum hat Jesus eindeutig identifiziert: Als den Heiligen Gottes.

Die Leute in Nazareth hatten Jesus als den Sohn von Josef identifiziert.

Und es entspricht dem Wesen Gottes, dass er sich niemals irgendwem aufdrängt.

Dass er niemanden zwingt, an ihn zu glauben.

Somit ist es eine freiwillige Entscheidung, welche Identität man Jesus zubilligt.

Aber von der anerkannten Identität hängt natürlich auch mein Glaube ab.

Warum sollte ich irgendein übernatürliches Vertrauen zu dem Sohn von Josef haben?

Aber zu dem Heiligen Gottes, zum Messias, da kann man Vertrauen haben.

Heutige Identität

Es gibt ja Leute, die billigen Jesus die Identität zu, dass er sie von ihren Sünden befreit hat.

Das ist für sie die Identität, die sie Jesus zugestehen.

Sohn des Josef.

Natürlich wären diese überaus frommen Menschen hochgradig beleidigt, wenn man ihnen sagen würde, dass sie die Vergleichspunkt zu den Leuten in Nazareth sind.

Weil diese frommen Leute keinen höheren göttlichen Wert kennen als den, dass sie von ihren Sünden befreit sind.

Nun ist das natürlich wahr, dass Jesus das Opfer für die Sünden war. So wie es wahr ist, dass Jesus der Sohn von Josef war. (Die Frage der biologischen Vaterschaft lassen wir jetzt mal weg. Das mit der wahren Vaterschaft von Jesus werden die Einwohner Galiläas damals nicht gewusst haben.)

Hier liegt also von keiner Seite eine Lüge und auch von keiner Seite ein Irrtum vor.

Die frommen Leute von heute wissen, dass Jesus sie von den Sünden befreit hat.

Die Leute in Kapernaum wussten, dass Jesus die Dämonen verjagen kann. Dass die böse Geisterwelt ihm gehorchen muss.

Dass plötzlich eine unglaubliche Freiheit möglich ist.

„Oh!“ sagen die frommen Leute in unseren Gemeinde, „dass wissen wir doch auch!“

Jawohl. Theoretisch.

Aber wenn dann ein gläubiger Mensch in eurer Gemeinde auftaucht und tatsächlich diese Freiheit hat, die Jesus gebracht hat, dann fliegt der genauso hochkant wieder zur Tür raus wie Jesus aus Nazareth.

Wenn da wirklich mal einer kommt, der dem Bösen Widerstand leistet, dann wird der in den allermeisten Gemeinden nicht glücklich.

Weil die Identität, die man Jesus in den Gemeinden zubilligt, in gleicher Weise begrenzt ist wie „Sohn von Josef“.

Licht der Welt, Brot des Lebens, Weg und Wahrheit und der Sieger über jedes, aber wirklich jedes Problem darf er nicht sein.

Und darum ist in Kapernaum der Dämon ausgefahren, aber in Nazareth hat der Teufel gesiegt.

Denn gegen einen halben Jesus wird der ganze Teufel immer gewinnen.

Unterschied 2: Anerkennen der Vollmacht

Die Leute in Nazareth fanden die Rede von Jesus schon auch nice: „Worte der Gnade“ nannte man es.

Aber wieso sollten sie dem Sohn des Josef eine Vollmacht zubilligen?

Dass der ihnen sagen konnte, wie sie sich zu Gott zu stellen hätten?

Folglich hat Jesus dort ziemlich umsonst gearbeitet.

Während in Kapernaum, wo man bereit war, diese Vollmacht zu hören und anzuerkennen, auch der Teufel diese Vollmacht anerkennen musste, hat der Teufel sich in Nazareth erfolgreich gegen die Vollmacht Jesu gewehrt.

Das Problem kannte auch Paulus: Er hatte eindeutig eine Vollmacht von Gott, aber es gab jede Menge Leute, die sich dieser Vollmacht widersetzt haben und damit ganze Gemeinden an den Rand des Ruins getrieben haben.

Und am Ende wurde Jesus trotz göttlicher Vollmacht hingerichtet.

So ist es auch heute noch:

In den Genuss einer Vollmacht kommt in erster Linie die ganze Gemeinde.

Oder niemand.

Die einzelne Vollmacht hat natürlich in der Regel ein Einzelner.

Aber der Einzelne richtet absolut nichts aus, wenn er die Gemeinde oder einen bedeutenden Teil der Gemeinde gegen sich hat.

Darum musste der Dämon in Kapernaum gehorchen: Jesus hatte die ganze Gemeinde auf seiner Seite.

(Das gilt auch dann, wenn die Gemeinde eigentlich die Größe des Ereignisses nicht erkennen kann. Das Problem haben wir immer, dass wir letztlich die Größe Gottes und die Größe von Gottes Taten nicht erkennen können, weil alles göttliche unser Begriffsvermögen weit übersteigt.)

Und darum hat der Teufel in Nazareth gewonnen, und Jesus musste gehen. Weil der Teufel die Gemeinde auf seiner Seite wusste.

Was die Gemeinde in Nazareth natürlich weit von sich weisen würde.

Aber wer nicht für Jesus ist, ist automatisch für den Teufel. Es gibt keine dritte Möglichkeit, und es gibt keine Neutralität.

Die Regel für heute lautet noch genau so wie vor 2000 Jahren:

Jeder Mensch bekommt von Gott das, was er glaubt.

Da gibt es für die Gemeinde keine Ausnahme: Sie bekommt das, was sie glaubt.

Und wenn sie an die Vollmacht nicht glaubt, dann muss sie eben in Schwachheit dahinsiechen.