Lukas 7,38 man sieht sich nur einmal im Leben.

Natürlich ist die ganze Sache mit dieser Frau irgendwie blöd.

Die Blinden, die sich was trauen, werden geheilt.

Die Aussätzigen, die Jesus bitten, werden rein.

Die Besessenen, die sich an Jesus wenden, werden von den Dämonen befreit.

Die Gehörlosen, die sich an Jesus wenden, können hinterher hören.

Die Kranken und Behinderten sind hinterher gesund.

Die auferweckten Toten sind hinterher lebendig.

Nur mit dieser Frau, da passiert so gar nichts.

Und reden tut die auch nichts.

Die sagt gar nicht, was sie will.

Aber hinterher hat ihr Glaube sie gerettet.

Obwohl man gar keinen Unterschied zu vorher sieht.

Fremde Fremde

Dumm ist auch, dass Jesus und diese Frau sich vorher nicht persönlich kannten.

Sonst hätte Simon sich nicht auf die fehlende prophetische Gabe von Jesus berufen können.

Denn dann hätte Jesus schon von der vorherigen Begegnung mit der Frau gewusst, wer sie ist.

Im übrigens wollte Lukas, dass Theophilus die Zusammenhänge versteht. Dafür hat er ja geschrieben. Und wenn die beiden sich vorher schon einmal getroffen hätten, hätte Lukas das zum Verständnis hier vermerkt.

Andererseits musste die Frau doch schon einiges über Jesus wissen.

Vielleicht hat sie mal eine seiner Reden gehört.

Oder nur das, was andere über Jesus erzählen.

Wir wissen nicht, was sie weiß.

Aber passiert ist zwischen den beiden noch nichts.

Es hat auch noch kein Akt der Sündenvergebung stattgefunden.

Der kommt ja erst am Ende der Geschichte.

(Und der ist sicher weder eine Bestätigung noch eine Wiederholung von etwas, was schon letzten Mittwoch stattgefunden hat.)

Peinlich und teuer

Allein diese Flasche aus Alabaster, die die Frau hat, ist für normale Frauen schon unerschwinglich.

Das ist eine aus dem Stein geschlagene und dünn geschliffene Flasche. Wenn man den Stein dünn genug schleift, ist er lichtdurchlässig – man kann also von außen sehen, wieviel Flüssigkeit noch in der Flasche drin ist.

Und das mussten die Handwerker ja mit den damaligen Mitteln machen. Ohne elektrische Fräs- und Schleifgeräte wie den Dremel, die es heute gibt.

Solche Flaschen gab es in den Edelboutiquen von Tyrus oder Caeserea zu kaufen, aber nicht in irgendwelchen Kleinstädten auf dem Land.

Und in dieser Flasche wird die Frau schon nicht irgendein Billigmiefwasser haben.

Und dann weint sie.

Es soll ja Frauen geben, die können das auf Kommando.

Und die Tränen hat sie auf Jesu Füße tropfen lassen.

Wie lange hat die den Kopf über seine Füße gehalten, damit genug Flüssigkeit zusammen kam?

Dann hat sie ihr Haar geöffnet.

Wir wissen schon aus dem 1.Korintherbrief, dass es damals ein gesellschaftliches Unding war, als Frau die prachtvollen langen Haare in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Und mit den Haaren hat sie Jesu Füße abgetrocknet.

Dann hat sie diese Füße geküsst.

Das macht man normalerweise bei Königen. Also bei wirklich sehr hoch stehenden Menschen. Das ist eine Geste der totalen Unterwerfung.

Außerdem macht man es bei Leuten, die einem das Leben gerettet haben. Denen sagt man damit: Mein Leben gehört jetzt dir, denn ohne dich hätte ich keins mehr.

Und dann tut sie dieses Parfüm auf die Füße von Jesus.

Beim Drogeriemarkt gibt es ja in einer ganz verschämten Ecke ein Fußdeodorant. Das mag in einem Land mit geschlossenen Schuhen, asphaltierten Straßen und gepflasterten Gehwegen vielleicht angehen.

Aber ansonsten ist teures Parfüm an den Füßen extrem fehlplatziert. Wer bückt sich schon und riecht an den Füßen der Leute?

Es stellt sich also die Frage:

Was bitte muss passieren, damit jemand soviel Geld in die Hand nimmt und sich dermaßen peinlich benimmt?

Die Antwort

Und die Antwort auf diese Frage lautet: Nichts.

Es war ja noch nichts passiert.

Jesus und diese Frau waren sich noch nie begegnet.

Aber nach allem, was diese Frau über Jesus wusste oder gehört hatte, war sie sich sicher, was Jesus über sie denken würde, falls er jemals über sie denken würde.

Damit war ihr aber auch klar, was Gott über sie dachte.

Im Gegensatz zu dem, was die Pharisäer über sie dachten.

Was die über diese Frau dachten, haben wir aus dem Selbstgespräch des Simon ja erfahren.

Der Glaube

Und jetzt handelt diese Frau so, als wäre das, was sie denkt, dass Jesus es über sie denkt, wahr.

Und dadurch wird es wahr.

So definiert sich letztlich Glaube.

Ich handele so, als wäre das Wort Gottes, so wie ich es verstehe, wahr.

Und dadurch wird es wahr.

Es geht nach der alten Regel: Dem Glauben hat Gott alles versprochen, grenzenlos alles. Dem Unglauben hat Gott nur Gottes grundlegende, absolute Ablehnung versprochen. Und ein böses Ende.

Was also denken Sie, denkt Gott über Sie?

Und wann handeln Sie entsprechend?

Damit das, was Gott über Sie denkt, auch wahr wird!