Lukas 13,01-09 Türme fallen, Bäume auch
Hier, wo Sie gerade lesen, beginnt es damit, dass Jesus etwas erzählt über Leute aus Galiläa und Leute aus Jerusalem. Lk 13,1-5
1 Zu dieser Zeit waren aber einige zugegen, die ihm von den Galiläern berichteten, deren Blut Pilatus mit ihren Schlachtopfern vermischt hatte.
2 Und er antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder waren, weil sie dies erlitten haben?
3 Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.
4 Oder jene achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und sie tötete; meint ihr, dass sie vor allen Menschen, die in Jerusalem wohnen, Schuldner waren?
5 Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.
Nun weiß ich auch nicht, warum die deutschen Bibelübersetzer alles daran setzen und den Leser von seiner Bibel wegtreiben wollen und darum „Buße tun“ sagen. Das hört sich im Deutschen danach an, als habe man etwas getan, wofür man sich schämen müsse, und nun müsse man im Büßergewand rumlaufen oder kleinlaut an der Bußgeldstelle erscheinen und den Strafzettel bezahlen.
Dabei geht es hier nicht Dinge, für die man sich schämen muss, sondern es geht um unsachgerechte Haltung und um unsachgerechtes Verhalten.
Und es geht um Gläubige. Es geht einzig und allein um Gläubige. Die Ungläubigen und die Heiden und die Griechen und die Römer kommen hier nicht vor. Es ist eine innergemeindliche Geschichte.
Die Galiläer wurden beim Opfern von Pilatus entweder getötet oder schwer verletzt. Sie waren dabei, eine religiöse Handlung zu begehen. Sie starben beim Gottesdienst und nicht beim Abstiegskampf von 1899 Hoffenheim.
Der Turm von Shiloah fiel auf Bewohner des Reiches Gottes, nicht auf die Bewohner von Alexandria oder von Marrakesch.
Und die Frage wurde von Gläubigen gestellt. Von Leuten, die mit Jesus gingen. Von welchen, die es wirklich wissen wollten. Die Klarheit haben wollten, warum sowas passiert, und ob solche Schicksalsschläge eine Strafe von Gott sind. Das waren keine Pharisäer, die Jesus testen wollten und es nicht ernst meinten.
Nun beantwortet Jesus die Frage der Frager hier nicht. Zumindest nicht so, wie sie es gerne hätten.
Man hätte gerne gehört, dass Gott die ums Leben gekommenen gestraft hat. Und das kann schon sein, Jesus sagt nicht, dass es nicht so ist. Jesus sagt nicht, es gäbe keine göttliche Strafe für Gläubige. Sagt Jesus nie. Ganz im Gegenteil: Alle Geschichten mit Heulen und Zähneklappern und wo das Feuer nie verlöscht und der Wurm nicht stirbt, treffen Gläubige.
Niemals sagt Jesus so etwas über die Römer.
Mt 8,11-12
11 Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden in dem Reich der Himmel,
12 aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußere Finsternis; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.
Der Mensch, der mit falschen Klamotten auf der Hochzeit war, die der König für seinen Sohn ausrichtete, der wurde in die äußerste Finsternis geworfen. Und der war nicht bei einem Formel-1-Rennen, sondern bei der Hochzeit des Königssohns! (Mt 22,13)
Und der, der ein Knecht des Herrn war und über den Haushalt des Herrn gesetzt war und dann während der Wartezeit anfing, sich zu betrinken und die Untergebenen zu schikanieren, der landete in der äußersten Finsternis. Aber der war ein Angestellter des großen Herrn, nicht irgendein Fremder, der mit dem Herrn nichts zu tun hatte. (Mt 24,51)
Die, zu denen Jesus sagte, sie sollen weggehen, er kenne sie nicht, waren welche, die in seinem Namen geweissagt, Wunder getan und Dämonen ausgetrieben hatten.
Und die jungen Fräuleins, die nicht genug Öl hatten, hatten auf den Bräutigam gewartet.
Und der, der seine Gaben von Gott vergraben hatte und keine Zinsen brachte, der landete in der äußersten Finsternis, nicht etwa irgendein Ungläubiger, der gar nicht beauftragt war.
Und Jesus klagt nicht über das Schicksal der Römer oder das von Marrakesch, sondern er klagt über das Schicksal von Jerusalem und Kapernaum! Nicht denen wird es dreckig gehen, die nie etwas mit Jesus zu tun hatten, sondern denen, die besonders viel Kontakt mit ihm hatten! Es gibt keine Weherufe von Jesus über Rom oder New York.
Also die Aussage von Jesus hier ist: Ich bin gekommen, Gott hat seinen Sohn geschickt, und Ihr macht gerade weiter wie bisher? Dann könnt Ihr euch gleich mit unter den Turm legen!
Gott hat Euch das Größte, was er hatte, vor die Nase gesetzt, und Ihr macht Business as usual? Da könnt Ihr Euch gleich zu den Opfern am Altar dazulegen!
Gott hat das größte Alternativprogramm der Weltgeschichte gestartet, und er hat es bei Euch gestartet, und ihr reagiert nicht? Eure Haltung verändert sich nicht? Dann ist es völlig egal, ob ihr dem umfallenden Turm entkommen seid oder ob Ihr Pilatus entkommen seid, Ihr seid so oder so erledigt.
Und Jesus begründet diese Aussage mit einem Gleichnis:
Lk 13,6-9
6 Er sagte aber dieses Gleichnis: Es hatte jemand einen Feigenbaum, der in seinem Weinberg gepflanzt war; und er kam und suchte Frucht an ihm und fand keine.
7 Er sprach aber zu dem Weingärtner: Siehe, drei Jahre komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine. Hau ihn ab! Wozu macht er auch das Land unbrauchbar?
8 Er aber antwortet und sagt zu ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis ich um ihn graben und Dünger legen werde!
9 Und wenn er künftig Frucht bringen wird, <gut,> wenn aber nicht, so magst du ihn abhauen.
Und auch der Feigenbaum steht im Weinberg, und der Weinberg steht im AT – und als Jesus das hier erzählt, gibt es nur erst das AT – der Weinberg steht im AT für das Reich Gottes. Der Feigenbaum steht nicht in Rom oder Alexandria, sondern im Weinberg des Herrn.
Aber da wird er nicht mehr lange stehen. Denn der Herr des Weinbergs will schon seit drei Jahren Frucht von ihm zu ernten, aber es ist nichts dran. Und wenn ein Baum drei Jahre hintereinander keine Früchte gebracht hat, dann ist es relativ unwahrscheinlich, dass er sich im vierten oder im sechsten oder im achten Jahr plötzlich besinnt und Früchte produziert.
Der Gärtner aber will dem Baum noch ein Chance geben. Aber die Gnadenfrist dauert nur ein Jahr. Dann denkt auch der Weingärtner, dass es genug der Gnade ist.
Die Gnade in diesem Gleichnis ist begrenzt.
Es wird nochmal der Boden gelockert, es wird nochmal gedüngt, aber wenn dann nichts Entscheidendes passiert, ist es vorbei mit der Gnade.
Diese Leute, die Jesus da gefragt hatten wegen den Opfern des Pilatus am Altar, die wurden zur Umkehr aufgefordert. Jesus sagte, wenn sie nicht umkehren, dann hätten sie nichts besseres zu erwarten als die Mordopfer.
Und dabei hatten die Frager doch gar nichts Böses gemacht! Das waren doch keine Handtaschenräuber und keine Wirtschaftskriminellen! Und das waren ganz offensichtlich auch keine Pharisäer, sondern das waren offenbar interessierte Leute, die ehrlich eine ehrliche Antwort wollten.
Und die Antwort von Jesus ist:
Wenn Gott seinen Sohn schickt, und Ihr macht genauso weiter wie bisher, dann braucht Ihr auf Gnade gar nicht zu hoffen.
Wenn Gott den größten Knüller der Weltgeschichte loslässt, wenn Gott seinen größten Joker aus der Tasche zieht, wenn Gott Euch den Jackpot gibt, und Ihr macht dann grad weiter wie vorher, dann kann mal wohl nicht behaupten, dass Ihr Gott und sein Anliegen wirklich ernst nehmt, und dann könnt Ihr von der Gnade träumen, aber das ist auch alles, was Euch bleibt.
Gott schafft das größte Wunder aller Zeiten, den größten überhaupt denkbaren Segen, die Lösung für alle Probleme der Welt, die phänomenalste jemals gedachte Idee, oder wie Paulus das mal zitiert hat: 1.Kor 2,9
9 sondern wie geschrieben steht: »Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.«
Und die Fragen haben vorher nichts Böses gemacht. Sie haben sich vorher ganz normal verhalten. Aber jetzt ist Jesus da, und jetzt kann man sich nicht mehr ganz normal verhalten.
Mit Jesus ist alles anders geworden. Alles, wirklich alles. Die Maßstäbe werden völlig neu definiert. Das, was früher akzeptabel war, das geht jetzt nicht mehr.
Wenn Jesus gekommen ist, und Du sorgst Dich weiter, als sei nichts gewesen, und dann denkst Du, Gott wird Dir schon gnädig sein, es wird ja nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, und Gott wird schon nicht erwarten, dass man ihn beim Wort nimmt ….
Das mit dem Feigenbaum ist ja sowieso ungerecht. Der hat so schöne grüne Blätter! Und der sieht so schön aus, ist so dekorativ! Und wie viele Vögel in ihm sitzen! Und wie viele Raupen und Käfer sich in ihm wohlfühlen!
Also wenn man den Feigenbaum fragen würde, dann wüsste er ungeheuer viele Gründe, warum man ihn stehen lassen soll und warum er gut ist und warum er nützlich ist und warum der Herr der Weinbergs sich über ihn freuen soll! Wo er doch so schönen Schatten spendet!
Wenn man den Feigenbaum definieren lassen würde, was seine Aufgabe ist, ach, da kämen wunderbare Dinge bei raus, und niemand dürfte den Feigenbaum jemals abhauen!
Dummerweise hat der Feigenbaum nicht das Recht, selber zu definieren, wann er nützlich ist und wann nicht. Das definiert nur einer. Und der hat definiert, dass er von dem Feigenbaum Feigen erwartet und weder Schatten noch Dekoration noch Landeplatz für Vögel noch Wohnort für Käfer und Raupen. Die Vorgabe des Herrn lautet „Feigen“. Die Frucht ist eindeutig definiert.
Und wenn der Herr des Weinbergs letztendlich kommt und nach 4 Jahren endlich Feigen will, dann wird er sich kaum auf eine Diskussion mit dem Feigenbaum einlassen, dass die grüne Farbe der Blätter doch auch ganz schön ist und dass man doch einen Nistkasten an ihm aufhängen könnte. Der Baum ist gepflanzt für Feigen, und wenn er keine Feigen bringt, sondern irgendwas selbstdefiniertes, dann hat er keine rosige Zukunft zu erwarten.
Jesus hat das mit dem Sorgen lang und breit erklärt und begründet und in jedem erdenklichen Licht betrachtet. Die Frucht ist eindeutig definiert, und Petrus hat in seinem Brief das Thema dann auch nochmal aufgenommen. Zu erklären, man sei erst 30 Jahre Christ und man könne mit dieser Frucht nicht dienen, aber man könne da etwas anderes anbieten, ist ein Unding.
Einfach genau das gleiche zu machen, was die Ungläubigen auch machen, und das nach dem, was Gott hier an Großartigem getan hat – also wer meint, da sei immer noch Gnade ohne Ende zu erwarten, der sollte sich eine neue Lesebrille kaufen.
Jesus hat das mit dem Geld deutlich definiert. Über kaum etwas anderes redet Jesus soviel und so gründlich wie über das Geld. Die Frucht ist eindeutig definiert und beschrieben. Wer mit seinem Geld immer noch genauso umgeht und letztlich die gleiche Einstellung zum Geld hat wie die Leute im Nachbarhaus auch – also der, dem man es hinterher wird erklären müssen, ist Gott, ist der Herr des Weinbergs.
Wenn Jesus deutlich definiert hat, dass dem Glaubenden nichts unmöglich ist und dass die natürlichen Grenzen aufgehoben sind und dass das einer der Gründe ist, warum er gekommen ist, nämlich um die Menschen ihrer nervigen natürlichen Begrenzung zu entheben und das Unmögliche möglich zu machen, und er sagt das so oft und zeigt das am auf dem Wasser gehen und an Brotvermehrung und an Wasser zu Wein und an Heilungen und an verdorrenden Maulbeerbäumen und Sturmstillung und überquellenden Fischernetzen und was da noch alles war, und es ist jedesmal klar definiert, man braucht keine Interpretationskünste, um das Wunder im Wunder zu entdecken -
also die Frucht ist klar definiert, und Jesus ist nicht gekommen, dass wir noch nichtmal das Mögliche ermöglicht kriegen, geschweige denn das Unmögliche -
auf Gnade zu hoffen und zu erzählen, man habe das nie gelesen, und man habe nicht gedacht, dass das so gemeint ist, wie das da steht – also mit sowas kommt man vor keinem weltlichen Gericht durch, und wir haben es mit Gott selbst zu tun.
Letztlich wird man sagen müssen, dass es bei dem allen um Vertrauen geht. Der Mangel an Vertrauen wird letztlich das sein, was den Christen umbringen wird. Sich nicht sorgen zu müssen ist ja nun kein schweres Joch, das man stöhnend auf sich nehmen muss, sondern von Sorgen befreit zu sein, wäre ja eigentlich wünschenswert. Es dann nicht zu machen, ist ein Zeichen eines eklatanten Misstrauens gegenüber Gott.
Die Aussagen von Gott zwar zu lesen, aber nicht umzusetzen, ist nichts anderes als ein Zeichen für das Misstrauen gegenüber Gott.
Und darum sollten die Juden, die dem umfallenden Turm von Shiloah entkommen waren, ihre Haltung verändern. Denn als Jesus diese Worte zu ihnen sagte, haben die Juden 1400 Jahre lang immer wieder das gleiche Verhalten wiederholt: Sie haben Gottes Aussagen nicht getraut. Aber jetzt hat Gott eine ganz neue Karte ins Spiel gebracht. Seine Beste. Aber auch seine letzte.
Noch ein Jahr, sagte der Gärtner. Wenn dann nichts ist, dann ist es wirklich sinnlos. Dann gute Nacht, Baum.