Lukas 1 – Legitimation durch historischen Bezug
Bitte beachten Sie: Der historische Bezug unterscheidet sich grundsätzlich von einem Bettbezug, vom Bezug einer Zeitung oder einer neuen Wohnung.
Dieser Artikel erklärt Ihnen, warum Lukas im ersten Kapitel seines Evangeliums so ausführlich geworden ist. Was wollte er damit sagen, dass er so dermaßen in die Einzelheiten ging? Hätte er sich nicht kürzer fassen können?
Die Frage, um die es immer wieder gehen muss, ist ja: Ist Jesus der Richtige?
Ist Jesus tatsächlich der Retter, auf den die Welt gewartet hat? Ist er derjenige, auf den wir bauen können?
Das Problem der modernen Menschen dabei ist, dass Wissenschaft hier nicht funktioniert.
Wir sind es in unserer Zeit gewohnt, dass alle Fragen durch „wissenschaftliche“ Erkenntnisse geklärt werden. Wir müssen uns jetzt nicht damit aufhalten, dass die vorgespielte Wissenschaftlichkeit in sehr vielen Fällen einfach nur eine Farce ist.
Was Gott und Jesus angeht, funktioniert Wissenschaft aber ohnehin nicht, weil die Methoden der Wissenschaft entweder Materie voraussetzen – Gott hat aber keine Materie, und ob Jesus göttlich ist, kann auch nicht an seiner Materie nachgewiesen werden – oder eine Gesetzmäßigkeit. Also z.B. dass Dinge, die schwerer sind als Luft, nach unten fallen.
Solche Gesetzmäßigkeiten gibt es aber über den Sohn Gottes nicht. Gott ist hier relativ souverän in seinen Entscheidungen, und darum helfen uns Wissenschaft und Forschung zur Klärung unserer Frage heute nicht, und als Jesus geboren wurde, gab es eine Wissenschaft in unserem Sinn kaum, so dass damals von der Wissenschaft erst recht keine Antwort zu erwarten war.
Andere Legitimationen
Nun kennen wir zu der Frage, ob Jesus wirklich der Sohn Gottes war und der Retter ist, auf den die Welt gewartet hat und auf den wir bauen können, natürlich eine Reihe von Belegen, die Jesus als den Einen legitimieren sollen:
- Jesu Reden und Taten zu seinen Lebzeiten. Die waren beeindruckend, und sie wirkten wohl auch auf das Volk, das ihn zum König machen wollte. Aber die Pharisäer und der König waren dadurch nicht zu überzeugen, und das Volk hat nach der Kreuzigung von Jesus das Interesse großflächig verloren, denn was ist das für ein Retter, der sich selber nicht retten kann?
- Wir haben Jesu Auferstehung als Legitimation. Muss man halt glauben.
- Wir haben den Heiligen Geist als Legitimation, also das persönliche Erleben. Ich erleben, dass Gott in mir ist. Persönliches Erleben und Empfinden ist eine holprige Sache, und es wird viel Schindluder damit getrieben. Sollte nach Gottes Plan eigentlich gut funktionieren, aber nun ja.
- Zweimal hat Gott übrigens auch vom Himmel runtergeredet „Dies ist mein geliebter Sohn, ihn hört“, und das ist natürlich auch eine Legitimation, aber das war immer nur ein begrenzter Personenkreis, dem diese Mitteilung zuteil wurde.
Wir haben also schon einige Kriterien, an denen man entscheiden kann, ob Jesus der Retter ist und ob er von Gott kommt, und Lukas fügt nun noch eine hinzu.
Die historische Legitimation des Matthäus
Lukas legitimiert Jesus als Sohn Gottes aufgrund von dessen Herkunft. Also Abstammung, Geburt, historische Einordnung.
Nun macht das Matthäus natürlich auch.
Matthäus liefert als Anfang seines Evangeliums einen Stammbaum von Jesus, durch den er sagt, dass Jesus zum einen von Abraham abstammt und damit derjenige ist, durch den durch Abraham alle Völker der Erde gesegnet werden, und dass Jesus väterlicherseits von David abstammt, und damit ist er der Sohn Davids und hat das Recht, König von Israel zu werden, also stellvertretend für Gott auf dem Thron zu sitzen.
Es geht bei Matthäus um das königliche Recht, das aber nur väterlicherseits vererbt werden kann, weshalb Matthäus seinen Stammbaum auf Josef rauslaufen lässt, der nach dem Zivilrecht der rechtliche Vater von Jesus ist.
Folglich erscheint der Engel bei Matthäus nur dem Josef. Abstammung, auch die von Abraham, geschah im alten Judentum nur auf der männlichen Linie. Dass der Engel auch ein paar anderen Leuten erschienen ist, lässt Matthäus weg. Das braucht er für die Legitimation von Jesus als Sohn Davids, dem König von Israel, dem Herrscher auf Gottes Thron nicht.
Die historische Legitimation des Lukas
Lukas greift jetzt in die Vollen: Er nennt ein Ehepaar, bei dem beide Ehepartner zur Priesterkaste gehören und die Frau noch dazu zur höchsten Priesterkaste: Lk 1,5-6
5 Es war in den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, ein Priester mit Namen Zacharias, aus der Abteilung des Abija; und seine Frau war aus den Töchtern Aarons und ihr Name Elisabeth.
6 Beide aber waren gerecht vor Gott und wandelten untadelig in allen Geboten und Satzungen des Herrn.
Das kommt also noch dazu: Die beiden sind nicht nur ihrer Abstammung extrem heilig, sondern auch noch aufgrund ihres Lebensstils.
Und dieser Priester Zacharias erlebt jetzt einen der heiligsten Höhepunkte seines Lebens: Er darf, während das Volk im Gottesdienst betet, im Tempel, direkt vor Gottes Vorhang, das Rauchopfer anzünden, das die Gebete des Volkes vor Gott wohlgefällig macht.
(Da die Priester nur zweimal im Jahr für jedesmal eine Woche Dienst hatten und es relativ viele Priester gab, darum wird das Los zum Räuchern schon nicht so arg oft auf Zacharias gefallen sein. Zacharias war kein routinierter Rauchopferbringer, der das öfter machte.)
Lk 1,8-11
8 Es geschah aber, als er in der Ordnung seiner Abteilung den priesterlichen Dienst vor Gott verrichtete,
9 traf ihn nach der Gewohnheit des Priestertums das Los, in den Tempel des Herrn zu gehen, um zu räuchern.
10 Und die ganze Menge des Volkes stand betend draußen zur Stunde des Räucherns.
11 Ihm erschien aber ein Engel des Herrn und stand zur Rechten des Räucheraltars.
Dem allerheiligsten Mann erscheint am allerheiligsten Ort bei der allerheiligsten Handlung der bedeutendste aller Engel, nämlich der Oberengel Gabriel.
Ein Mongole würde sich jetzt natürlich fragen, was das soll. Und die Mayas und die Inkas würden fragen, wo denn da die Legitimation für den Retter der Welt sei.
Aber Lukas geht davon aus, dass die Geschichte mit Jesus und mit dem Retter der Welt eine Vorgeschichte hat. Weil man Jesus ohne die Vorgeschichte überhaupt nicht als Retter der Welt erkennen würde.
Und die Vorgeschichte ist israelitisch. Oder jüdisch.
Natürlich könnte die Vorgeschichte auch mongolisch sein oder marokkanisch, aber dann wäre sie auch wieder einseitig, ginge von nur einem Volk aus und nicht von der Gesamtmenschheit. Es ist also letztlich egal, welches Volk die Vorgeschichte spielt. Lukas sagt: Es waren die Israeliten.
Und im Anklang an die israelitische Vorgeschichte erscheint jetzt dem allerheiligsten Mann am allerheiligsten Ort bei der allerheiligsten Handlung der bedeutendste Engel, der zur Verfügung stand.
Und damit nicht genug: Zacharias hatte nämlich das Problem, dass seine Frau keine Kinder bekommen konnte – aber jetzt ohnehin nicht mehr, denn jetzt war sie deutlich zu alt dafür. Zu dem Zeitpunkt, als der Engel hier erscheint, konnte die Elisabeth in doppelter Hinsicht keine Kinder bekommen.
Und jetzt sagt dieser Engel dem Zacharias im hochheiligen Moment an hochheiliger Stelle: Jetzt, wo es nicht mehr geht, jetzt wird er Vater.
Da klingelt es einem natürlich in den Ohren.
Denn als Gott das erste Mal zu einem Menschen kam, um durch diesen Menschen schließlich seinen Segen der gesamten Menschheit anzubieten, kam er zu einer Frau namens Sara, die nie Kinder bekommen konnte und jetzt zu alt dafür war.
Und als Gott einen Retter für die Israeliten bestimmte, damals als die Unterdrückung durch die Philister massiv war, da kam der Engel zu einer Frau, die keine Kinder bekommen konnte, und sie brachte dann Simson zur Welt (Richter 13,2).
Und als Gott den ersten richtigen Propheten für Israel bestimmte, der dann auch die ersten Könige Israels bestimmen musste, da – nein, da kam kein Engel, da hat der Hohepriester das selber gemacht – aber Hanna bekam beim Tempel die Zusage, dass sie einen Sohn bekommen würde, und darum gab es dann irgendwann Samuel.
Und jetzt passiert das wieder – Nachtigall, ich hör Dir trapsen.
Eine Freude machen
Nun hätte der Engel dem Zacharias diese Botschaft natürlich auch daheim beim Abendessen überbringen können. Oder während eines Waldspaziergangs. Zacharias bekommt die Nachricht aber, als er stellvertretend für alle Gläubigen handelt. Als er offiziell als Vertreter des Volkes vor Gott steht und das Räucheropfer für die Gebete des Volkes bringt.
Die Nachricht über diesen zu erwartenden Sohn ist also keine Privatangelegenheit für das Ehepaar Zacharias. Es ist offenbar ebenso eine Mitteilung von mindestens nationaler Tragweite. Genauso, wie die Existenz von Isaak, Simson und Samuel keine Privatangelegenheit einzelner Familien war.
Alkohol und Friseur
Der erste heilige Retter Israels, also Simson, durfte keinen Alkohol trinken und nicht zum Friseur gehen. (Richter 13,5)
Und der erste Prophet Israels, der tatsächlich ein Seher war, durfte nicht zum Friseur gehen (das hatte seine Mutter bestimmt, 1.Sam 1,11), und den Mangel an Alkohol schreiben wir dazu, weil das bei einem Gottgeweihten normalerweise zusammen gehörte.
Über den Sohn, den der Oberengel Gabriel jetzt dem Zacharias ankündigt, heißt es Lk 1,15
15 Denn er wird groß sein vor dem Herrn; weder Wein noch starkes Getränk wird er trinken und schon von Mutterleibe an mit Heiligem Geist erfüllt werden.
Johannes der Täufer war also ein Nasiräer, wie Samuel und Gideon.
Der andere
Während Abraham, Simson und Samuel jeweils einzeln auftraten, kommen die Frauen mit den übernatürlichen Schwangerschaften jetzt zu zweit.
Denn Lukas weiß, dass auch zu Maria der Oberengel Gabriel kam, und zwar lange, bevor er zu ihrem Verlobten Josef kam.
Und während die eine, die hier schwanger wird, viel zu alt war, war die zweite so jung, dass sie noch nicht einmal verheiratet war.
Und weil wir schon beim doppelten sind: Lukas kennt auch zwei Lobgesänge: Den der Maria, der zwar nicht bei Hanna abgeschrieben ist, aber ganz offensichtlich selbigen als Vorlage hat, und den des Zacharias, der größtenteils aus bekannten Zitaten des Alten Testamentes zusammengefügt ist.
Die Vorgeschichte ist israelitisch, und die aktuelle Geschichte spielt immer noch in Israel; also nimmt Lukas das jüdische Gesetz ernst und hat für so eine wichtige Sache wie den Retter der Welt zwei Zeugen.
Die Namen
Lukas weist übrigens darauf hin, dass Gott hier so wie bei Abraham deutlich macht, von wem diese Kinder sind, indem er nämlich die Namen des Kindes bestimmt. Wobei die Namen von Jesus und Johannes nichts außergewöhnliches sind. Aber wer den Namen des Kindes bestimmt, der ist der eigentliche Urheber. Lk 1,13
13 Der Engel aber sprach zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Denn dein Flehen ist erhört, und Elisabeth, deine Frau, wird dir einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Johannes nennen.
Lk 1,31 zu Maria
31 Und siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen.
Elia
Und dann spielt von den alttestamentlichen Figuren ja auch noch Elia mit. Für die Juden einer der großen Hoffnungsträger, weil er ja nicht gestorben ist, und weil Maleachi gesagt hat (Mal 3,23)
Siehe, ich sende euch den Propheten Elia, bevor der Tag des HERRN kommt, der große und furchtbare. Und er wird das Herz der Väter zu den Söhnen und das Herz der Söhne zu ihren Vätern umkehren lassen, …
Und so sagte hier der Engel über den Sohn des Zacharias: Lukas 1,17
17Und er wird vor ihm hergehen in dem Geist und der Kraft des Elia, um der Väter Herzen zu bekehren zu den Kindern und Ungehorsame zur Gesinnung von Gerechten, …
Und Johannes der Täufer hat das dann ja später auch bestätigt, indem mit genau so einem Kamelhaarmantel rumgelaufen ist wie Elia (Mt 3,4).
Daniel
Nicht zu vergessen der Prophet Daniel. Er war der Einzige, der vor Zacharias den Erzengel Gabriel zu Gesicht bekam, und bei diesen Begegnungen hat der Oberengel dem Daniel die Zukunft vorausgesagt. Die Zukunft, die jetzt, hier bei Zacharias und Maria, gerade Gegenwart wurde. (Daniel 8,16 + 9,21).
Die Legitimation
Zu allen anderen Legitimationen von Jesus, die wir ohnehin schon haben, betont Lukas hier, wieviel Abraham, Simson und Samuel in den Anfängen von Jesus und Johannes dem Täufer enthalten ist. Und wieviel Elia und Daniel. Die Vorgeschichte von Gott mit seinem Volk kumuliert hier.
Isaak war der Anfang des Segens für die ganze Welt, Simson war der Retter gegen den übermächtigen Feind, und Samuel war der Bauherr der Einheit des Gottesvolkes und der, der den ersten Königen Israels vorausging und sie auch berief. Elia war der, der zwangsläufig noch einmal wiederkommen musste, und Daniel war der, der u.a. durch Gabriel erfuhr und es weitererzählt hat, dass das Volk Gottes eine Zukunft hat.
Ist er der Richtige?
Lukas ist am Anfang seines Evangeliums so ausführlich, weil er sagen will:
Jesus war schon von Anfang an der Richtige. Er war als der Richtige geplant, und das seit Jahrhunderten. Jesus ist der, auf den alle gewartet haben.
Sie brauchen jetzt nicht mehr zu warten.
Jesus ist auch nicht erst der Richtige geworden, weil er so schön geredet hat und so freundliche Wunder vollbracht hat. Er hat keine Karriere gemacht und war dann am Ende der Richtige.
Nein, Jesus war von Anfang an als der geplant und ausersehen, der die große Revolution anzetteln kann – sowohl auf der Welt als auch in Ihrem kleinen Leben.
Werden Sie also Teil der Lösung, Teil der Errettung, Teil der Revolution. Sie tun damit das absolut richtige.