Johannes 14,14 nur nach Aufforderung

Eigentlich müsste Jesus doch selber wissen, was er will.

Warum müssen ihm jetzt die Gläubigen erst mitteilen, was er will, wobei das aber nur funktioniert, wenn sie seinen Willen auch treffen?

Der Vers 14 sagt ja ausdrücklich, dass es hier darum geht, dass die Gläubigen Jesus selbst bitten.

Ist soweit verständlich, denn zu dem Zeitpunkt, auf den dieser Satz sich bezieht, ist Jesus die Herrschaft von Gott übergeben.

Ihm wird dann gegeben sein alle Macht im Himmel und auf Erden.

Aber die Gläubigen sollen „in Jesu Namen“ bitten.

Dabei geht es nun nicht darum, dass man eine Formel aufsagt. Einen heiligen Zauberspruch rezitiert.

Sondern es geht um einen juristischen Vorgang.

Die Gläubigen sollen stellvertretend für Jesus bitten.

(Die Paradoxie dabei ist, dass damit eigentlich Jesus sich selber in seinem eigenen Auftrag bittet. Der steht praktisch vor dem Spiegel und richtet eine Bitte an sich selbst.)

Die Gläubigen müssen sich also etwas raussuchen, was Jesus an ihrer Stelle bitten würde, und das bitten sie dann Jesus.

Die Gläubigen müssen herauskriegen, was Jesu Wille ist, und wenn sie richtig raten, dann wird Jesus das, was eigentlich ohnehin sein Wille war, tun.

Eigentlich

Eigentlich ist das Ganze natürlich nur eine Aussage darüber, dass der Wille der Gläubigen mit dem Willen Jesu übereinstimmen muss.

Und wenn das gegeben ist, dann steht der Himmel offen, dann fließt der Segen, dann haben wir hier auf der Erde himmlische Verhältnisse.

Wenn die Gläubigen also Jesus tatsächlich um das bitten, weswegen er den ganzen Aufwand betrieben hat.

Wenn Jesus von den Gläubigen verstanden wird.

Wenn also Gebete nicht deswegen gesprochen werden, weil ich ein Problem habe.

Weil ich weiß, wo etwas im Argen liegt.

Weil ich genaue Vorstellungen davon habe, wo man in dieser Welt den Hebel ansetzen muss, damit es besser wird.

Leider auch nicht

Wie es auch nicht funktioniert: Dass ich selbstverständlich weiß, was Jesu Wille zu sein hat.

Jesus muss gegen den Hunger in der Welt sein. Vor allem bei Kindern.

Und es dürfen keine Kinder mehr an Krebs sterben.

Und Jesus muss gegen Kriege sein.

Und darum, weil ich das alles weiß, bitte ich „in Jesu Namen“ darum, dass die Kriege zu Ende gehen, der Hunger in der Welt aufhört und keine (unschuldigen!) Kinder mehr leiden müssen.

Weil das ja schließlich völlig klar ist, dass Jesus das will.

Allein die Idee, dass er das nicht wollen könnte, ist ja schon abartig.

Ich projiziere also das, was mir Unbehagen bereitet, auf Jesus, und damit wird mein Wille zu Jesu Willen.

Sehr richtig: Eigentlich sollte es andersherum sein.

Erst recht nicht

Besonders schön wird es, wenn man Bibelstellen zitiert, um nachzuweisen, was der Wille Jesu sein muss.

Funktioniert z.B. wunderbar beim Thema Krieg: Jesus hat doch einiges über den Frieden gesagt, und Paulus auch. Na also!

Jesus hat allerdings auch einiges über den Krieg gesagt, und es war nie etwas von der Art dabei, dass die Kriege auf dieser Welt aufhören werden – es war noch nicht einmal etwas dabei, dass Jesus gegen diese Kriege ist.

Wir befinden uns hier wieder auf der Linie der Schriftgelehrten, welche die Bibel nahmen und verschiedene Bibelstellen gegeneinander abwogen, um den Willen Gottes herauszufinden.

Oder manchmal auch, um zu beweisen, dass Gottes Wille mit ihrer eigenen Meinung identisch sei.

Da sich bei allen diesen Dingen aber immer auch das Gegenteil belegen lässt, werden wir auf dem Wege der Exegese nicht herausbekommen, was der Wille Jesu ist, den wir in seinem Namen ihn bitten können, und der dann auch garantiert geschieht.

Der Beweis

Denn der Beweis, dass das, was wir gebeten haben, tatsächlich „in Jesu Namen“ war, ist ja laut diesem Vers 14, dass diese Bitte erfüllt wird.

The proof is in the pudding, und der Beweis des Jesuswillens in meinen Gebeten ist die Erfüllung derselben.

(Randbemerkung: Gebete, deren Erfüllung man nicht merkt oder bei denen eine feststellbare Erfüllung gar nicht beabsichtigt ist, können Sie in dem hier beschriebenen Zusammenhang gänzlich streichen. Um solche formvollendeten Wortkonstruktionen geht es hier nicht.)

Sollten Sie also auf jemanden treffen, der behauptet, seine Gebete seien im Namen Jesu und damit mit Vollmacht vorgebracht, dann bestehen Sie auf den Beweis der Erfüllung. Denn Jesus ist treu und zuverlässig und hält seine Zusagen bezüglich der Gebete, die tatsächlich seinem Willen entsprechen, ein.

Wie man den Willen Jesu herausbekommt

Wie ich oben schon sagte, bekommt man den Willen Jesu nicht über Bibelauslegung und Exegese heraus. Das haben bereits die Schriftgelehrten versucht, und wie weit sie neben dem Willen Gottes lagen, das hat sich ja vermutlich rumgesprochen.

Man bekommt den Willen Jesu auch deshalb nicht durch Bibelauslegung und Exegese raus, weil es immer auch eine andere Exegese und eine gegenteilige Bibelauslegung gibt.

Damit man also tatsächlich Jesus in seinem eigenen Namen bitten kann, müsste man Jesus fragen, was er will.

Es nützt nichts, sich in diesem Punkt selber für klug und kompetent zu halten.

Eine Vollmacht und damit das Recht, die Erhörung meiner Gebete erwarten zu können, erhalte ich nur von Jesus selbst.

Er ist derjenige, der mich beauftragt, ihn dieses oder jenes zu bitten.

Andersrum gedacht

Andersrum gedacht gibt es einen Willen Jesu. Es gibt etwas, was Jesus gerne tun will.

Aber dafür braucht er unsere Zustimmung.

Wir müssen Jesus bitten, dass er das tut, was er gerne getan haben möchte.

Dass der Wille Gottes geschieht, hängt also gar nicht vom Willen Gottes ab, sondern von uns.

Wir haben die Vollmacht und damit das Recht, den Willen Jesu zur Ausführung zu verhelfen oder es sein zu lassen.

Und Sie fragen sich tatsächlich noch, warum Gemeinde und Glauben so schleppend und schlecht funktionieren?

Soviel sei gesagt: Am Willen Gottes liegt es nicht.