Johannes 14,12 die Größe der größeren Werke

Seit Jahrhunderten geht die Diskussion, was die größeren Werke sind, die die Gläubigen tun werden.

Hauptsächlich wurden folgende Vorschläge gemacht:

  • Größer an Dauer: Jesus war zeitlich sehr beschränkt in seiner irdischen Wirksamkeit. Die Gläubigen hatten bis jetzt schon 2000 Jahre Zeit.
  • Größer an geografischer Reichweite: Jesus war auf Palästina beschränkt, die Christen schaffen es heute über die ganze Erde.
  • Größer bezüglich der Zielgruppe: Jesus wusste sich im Großen und Ganzen nur zu den Juden gesandt, die Christen gehen zu allen Menschen aller Staaten.
  • Größer bezüglich der Menge an Wundern: Jesus brachte es auf drei Totenauferweckungen, die Christen sind heute weltweit bei … (keine Ahnung. Hat das wer gezählt?).

Alle diese Vorschläge gründen sich auf ein falsches Verständnis von „weil ich zum Vater gehe“.

Man versteht unter „weil ich zum Vater gehe“ die Aussage: „Ich kann dann ja nicht mehr. Ich bin dann ja nicht mehr da. Meine irdische Wirksamkeit ist dann ja beendet. Mir sind dann die Hände gebunden. Aber ihr seid ja noch da. Das ist eure Chance.“

Die wahre Bedeutung des „weil“.

Tatsächlich bedeutet das „weil“ aber: „Bisher sind die größeren Werke noch gar nicht möglich. Die werden erst möglich, wenn ich zum Vater gegangen bin und wenn mir dann alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden. Erst dann, wenn ich zum Vater gegangen bin, wird der Teufel aus dem Himmel rausgeworfen und damit ein großes Hindernisse beseitigt. Darum könnt ihr dann größere Werke tun: Weil dann größere Werke möglich sind.“

Das heißt dann aber, dass die größeren Werke der Gläubigen nicht größer sind in Bezug auf irgendetwas Messbares (Menge, Größe), sondern dass die größeren Werke dem Wesen nach größer sind.

Alle Werke, die Jesus in Palästina gemacht hat, bezogen sich auf Materie. Brot, Wein, Geld, Fische, Menschen.

Das ist zum Einen deshalb logisch, weil man die Wunder sonst nicht hätte wahrnehmen können. Ein Wunder in einer unerreichbaren Sphäre wäre wertlos gewesen. Es hätte keine Aussagekraft gehabt.

Das ist zum Anderen deshalb logisch, weil das Reich Gottes damals aus materiellen Bestandteilen bestand: Israel, Jerusalem, Tempel, Priester, Opfer, Gesetz. Jedes Zeigen von Auswirkungen auf das Reich Gottes und jede Demonstration des Reiches Gottes musste damals zwangsläufig auf einer materiellen Ebene stattfinden.

Seit Jesu Auferstehung und seit der Ausgießung des Heiligen Geistes ist das Reich Gottes aber aus der Sphäre des Materiellen heraus. Es gilt jetzt das wesenhaft andere: in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt.

Somit sind die größeren Werke, die die Gläubigen tun werden, nicht noch wunderbarere Wunder, sondern etwas, was über dem rein Materiellen steht.

Der veränderte Zustand

Der veränderte Zustand des Gottesreiches und der Gläubigen zeigt sich gleich in den folgenden Versen: Die Gläubigen können jetzt im Namen Jesu beten und handeln.

Das, was Jesus zu dem Verbrecher am Kreuz gesagt hat, können die Gläubigen jetzt auch sagen. Sie haben Zugriff auf den Himmel. Sie können vergeben, so dass im Himmel vergeben ist.

Und:

Aufgrund der grundsätzlich vergebenen Schuld kann jetzt Gott im Menschen wohnen. Das versetzt die Menschen nicht nur in einen anderen Status, sondern ermöglicht ihnen auch göttliche Möglichkeiten.

Und dass die Gläubigen anderen Menschen dieses neue Leben vermitteln können – dass sie aus Feinden Gottes geliebte Kinder Gottes machen können – dass sie Menschen aus dem absoluten Tod herausrufen können, das sind die größeren Werke, die den Jüngern möglich sind und die Jesus so noch nicht möglich waren. „Ewiges Leben“ gibt es erst seit der Auferstehung Jesu.

Die größeren Werke erklären sich dadurch, dass die Gläubigen das Lebenswerk Jesu zu Ende führen sollen. Jesus selbst kann es auf dieser Erde ja nicht mehr, denn er ist in Menschengestalt nicht mehr da.

Die Gläubigen sind aber noch da, und während Jesus jetzt im Himmel die Voraussetzungen für die Vollendung seines Lebenswerkes geschaffen hat, haben die Gläubigen die Aufgabe, hier auf der Erde das zu tun, was Jesus aktuell tun würde, wäre er noch in Menschengestalt anwesend.

Gleichgroße Werke

Die Werke, die größer sind als Jesu eigene Werke, waren in dieser Aussage Jesu aber nur eine Randbemerkung. Das Wichtigere waren ja die Werke, die Jesu Werken ebenbürtig waren, denn diese Werke stehen parallel zu der Argumentation in den Versen 10 und 11.

Die Aussage Jesu ist also: Das, was ich kann, das werdet ihr auch können.

So können z.B. die Gläubigen die Gedanken Gottes erkennen. Also sie können den Willen Gottes erkennen, der nicht aus den schriftlichen Aufzeichnungen zu erkennen ist. Denn Gott lebt ja in den Gläubigen und kann sich deshalb ohne Hindernisse mit den Gläubigen verständigen. Man braucht keinen Propheten im alttestamentlichen Sinn mehr, und man muss nicht mehr den Tempel aufsuchen, weil Gott dort wohnt.

Damit ist klar, dass diese gleichgroßen Werke viel mit der Vollmacht zu tun haben, die die Gläubigen nun haben und die im Grunde eine unbegrenzte Vollmacht ist, sofern die beabsichtigten Taten aus der Liebe kommen und der Liebe entsprechen, und sofern Jesus (oder Gott) sie auch tun würde. Die Gläubigen haben heute die Vollmachten, die Jesus damals auch hatte.

Insbesondere die Apostelgeschichte berichtet ausführlich darüber, wie das dann in der Realität ausgesehen hat.

Wobei es bei diesen gleichgroßen Werken am wenigsten um aufsehenerregende Wunder ging.

Sondern in vieler Hinsicht ging es darum, den Willen Gottes richtig zu erkennen. Also das, warum die Zuhörer von Jesus sagten, dass er mit Vollmacht lehrt und nicht wie die Schriftgelehrten. Darum gehen viele der Geistesgaben um so etwa wie Lehren oder Evangelisation oder Hirtendienst.

Also das wäre was, wenn wir diese im Vergleich zu Jesus gleichgroßen oder größeren Werke in der Gemeinde noch mehr hätten!