Exodus 29,46 Wann man es erkennen wird
Es fing ja damit an, dass Gott bekannt gab, dass er das Elend seines Volkes in Ägypten gesehen hatte und sie aus diesem Elend in ein eigenes Land führen wollte.
„Oh wie schön“, dachten die Israeliten, „Gott will uns aus der Unterdrückung befreien! Wir werden Befreite sein!“
Und sie dachten, das war es dann.
Aber sie mussten das gar nicht selber mit Gott aushandeln und die Modalitäten klären. Sie bekamen einen Anführer. Einen, den Gott akzeptierte und einen, der wusste, wie man mit Gott umgehen musste.
„Oh wie schön!“, sagten die Israeliten, „wir haben einen Anführer, der sich um alles kümmert und für uns mit Gott redet!“
Und sie dachten, das war es dann.
Aber sie kannten sich ja in der Wüste nicht aus. Und wussten auch nicht zu entscheiden, wann sie an einem Ort bleiben und wann sie weiterziehen sollten, und wohin denn.
Da schickte Gott eine Wolkensäule, die nachts eine Feuersäule war, und die zeigte den Israeliten Weg und Ziel.
„Oh!“, sagten die Israeliten, „ Gott zeigt uns, wo es langgeht! Wir werden als von Gott Geführte leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Dann wurden sie von den Amalekitern angegriffen. Da hat Gott für die Israeliten gekämpft.
„Oh!“, erkannten die Israeliten, „Gott will uns beschützen! Wir sollen als Beschützte leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Aber dann gab es nicht genug zu Essen in der Wüste und nicht das richtige, und Wasser war auch knapp. Da schickte Gott Wachteln und Manna und Wasser aus dem Felsen.
„Oh!“ sagten die Israeliten, „Gott will uns versorgen! Wir werden als Versorgte leben!“
Und sie dachten, das wäre es dann.
Dann gab Gott ihnen das Gesetz. Die 10 Gebote und all die Verordnungen, wie Menschen miteinander umgehen sollen und wie man Schaden zwischen den Menschen reguliert und wie man die Rechte der anderen achtet und lauter solche Sachen.
„Oh!“, sagten die Israeliten, „Gott kümmert sich um das Verhältnis zwischen Starken und Schwachen! Wir werden in einer Gemeinschaft mit innerem Frieden leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Dann machte Gott einen Bund mit den Israeliten. Mose und die Ältesten mussten auf den Berg steigen und dort mit Gottes essen.
„Oh!“, sagten die Israeliten, „Gott macht einen Bund mit uns! Wir werden als Verbündete Gottes leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Die Stiftshütte
Dann gab Gott Anweisungen für den Bau eines tragbaren Tempels und für alles, was dazugehört.
Jetzt wurde es besonders.
Denn diese Anweisungen wurden länger als alles, was Gott bisher gesagt hatte.
Und sie wurden genau. Jede noch so winzige Einzelheit wurde bis ins kleinste Detail bestimmt.
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Welches Holz man wofür verwenden sollte,
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welche Zeltplanen man in welcher Reihenfolge nehmen sollte.
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Wie man die Zeltstangen miteinander verbinden sollte.
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Die Altäre auf den Zentimeter genau.
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Bei der Kleidung der Priester jeder Knopf, alles Material.
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Alle Einrichtungsgegenstände nach Größe, Material und Form exakt beschrieben.
Als das alles fertig gebaut war, musste es geweiht werden, geheiligt werden.
Jetzt wurde es alles noch kleinlicher, noch genauer.
Sowohl die Weihe des Brandopferaltars als auch die Weihe der Priester war hochkompliziert und verlangte eine Genauigkeit – der Besuch des amerikanischen Präsidenten und das dazugehörige Protokoll sind nichts dagegen.
Alles ist fertig
Irgendwann war alles fertig und alles geweiht.
„Oh!“, sagten die Israeliten, „jetzt haben wir einen geheiligten und geweihten Tempel, den wir selber mit viel Mühe geheiligt und geweiht haben!“
Und sie dachten, das wäre es jetzt.
Aber jetzt sollte man natürlich mit dem zusammenklappbaren Tempel auch etwas machen. Das Ding sollte ja nicht nur dekorativ herumstehen.
Exodus 29,38–42 (ELB)
38Und dies ist es, was du auf dem Altar darbringen sollst: täglich zwei einjährige Lämmer als regelmäßiges Brandopfer.
39Das eine Lamm sollst du am Morgen darbringen, und das zweite Lamm sollst du zwischen den zwei Abenden darbringen,
Das macht also 730 Lämmer pro Jahr.
40dazu ein Zehntel Weizengrieß mit einem viertel Hin Öl aus zerstoßenen Oliven gemengt, und als Trankopfer ein viertel Hin Wein zu dem einen Lamm.
Also ca. 4 Liter Mehl und je 1,4 Liter bestes Öl und 1,4 Liter Wein. Das sind 912 Liter Wein im Jahr. Das sind mehr als 9 Hektoliter. Oder mehr als 4 Fässer Wein im Jahr.
41Das andere Lamm aber sollst du zwischen den zwei Abenden darbringen – wie bei dem Morgen-Speisopfer und bei seinem Trankopfer sollst du es dabei halten – zum wohlgefälligen Geruch, ein Feueropfer für den Herrn,
42als ein regelmäßiges Brandopfer für all eure Generationen am Eingang des Zeltes der Begegnung vor dem Herrn, wo ich euch begegnen werde, um dort zu dir zu reden.
Dieses zweimal tägliche Opfer ist dafür da, eine freundliche, zuversichtliche Beziehung zu Gott herzustellen. Ich wüsste sonst ja nicht, wann Gott sich über mich freut. Wann meine Beziehung zu Gott ungestört ist.
Darum hat Gott dieses Opfer festgelegt und hat bestimmt: Das ist für das Alltägliche genau das, was es braucht, um glücklich mit Gott leben zu können.
Und wenn dieses Opfer von Amts wegen im Tempel dargebracht wird, reicht das für alle Israeliten nah und fern. Die Menge der Opfergaben, die sich erstmal sehr hoch anhört, relativiert sich, wenn man bedenkt, dass jedermann aufgrund dieses Opfers sich mit Gott und über Gott freuen kann und auch sicher sein kann, dass Gott sich über einen freut. Man teile also die Menge der Opfergaben durch eine Million, dann ist das pro Kopf nicht so sehr viel.
Exodus 29,43–44 (ELB)
43Und ich werde dort den Söhnen Israel begegnen, und es wird durch meine Herrlichkeit geheiligt werden.
„Es“ ist in diesem Fall das Zelt. Aber Moment mal: Das hatten die Israeliten doch schon geheiligt! Wieso heiligt Gott das jetzt noch einmal? Aber vielleicht ist eine Heiligung durch Gottes komplette Herrlichkeit doch etwas anderes als durch menschliche Opfer und Besprengungen.
44So werde ich das Zelt der Begegnung und den Altar heiligen. Und Aaron und seine Söhne werde ich heiligen, damit sie mir den Priesterdienst ausüben.
Gott erklärt also, dass die Priester und das Zelt geeignet sind für den Umgang mit Gott, indem Gott mit ihnen umgeht.
Die Israeliten dachten also, sie hätten den Tempel super geheiligt – schließlich hatten sie ja einen enormen Aufwand dafür betrieben.
Und dann kommt Gott und überbietet diese Heiligung um ein Vielfaches.
Und die Israeliten, die dachten, sie hätten jetzt eine ordentliche menschliche Heiligung, die haben jetzt plötzlich die Heiligung durch Gott selber. Alles das, was sie mühevoll geheiligt hatten, bekommt jetzt himmlische Eigenschaften. Ist geradezu göttlich.
Im Grunde genommen ist der Himmel zu ihnen auf die Erde gekommen. Was ja auch der Sinn dieses Zeltes war: Ein Abbild des Himmels auf die Erde zu bringen.
Exodus 29,45 (ELB)
45Und ich werde mitten unter den Söhnen Israel wohnen und ihr Gott sein.
Oha! Und die Israeliten dachten, sie würden aus der Knechtschaft befreit!
Sie dachten, sie bekämen Führung und Leitung!
Sie dachten, sie bekämen Schutz und Versorgung!
Und nun dieses! Gott will zusammen mit den Israeliten wohnen!
Exodus 29,46 (ELB)
46Und sie werden erkennen, dass ich, der Herr, ihr Gott bin, der ich sie aus dem Land Ägypten herausgeführt habe, um mitten unter ihnen zu wohnen, ich, der Herr, ihr Gott.
Die Israeliten hatten aufgrund von Gottes Eingreifen erlebt, sie hatten viele Verheißungen bekommen, und sie hatten immer wieder gedacht: „Ach, das will Gott von uns und für uns!“
Und das war alles nicht falsch, aber so richtig richtig war es auch nicht.
Und erst, als sie das tägliche Opfer eingerichtet hatten, erst in diesem Moment konnten sie erkennen, was Gott eigentlich wollte.
Die eigentlichen Absichten Gottes wurden ihnen erst erkennbar, als die Israeliten Gott nah sein konnten und es auch waren.
Erst als die Beziehung zu Gott eine freundliche, glückliche Beziehung war – es gab Zeiten, da sind die Israeliten vor Gott weggelaufen – erst in diesem Moment konnten sie erkennen, was sie eigentlich wirklich an Gott haben und was der Sinn der ganzen Geschichte und all der Aktionen war.
Die Christen
Irgendwer hatte den Christen mal erzählt, dass sie in den Himmel kommen.
„Oh wie schön“, sagten die Christen, „wir werden die Ewigkeit in der Herrlichkeit verbringen!“
Und sie dachten, das war es dann.
Dann erzählte jemand den Christen, dass sie gerettet sind. Man sagte ihnen nicht ganz genau, wovor oder aus welcher Gefahr sie eigentlich gerettet waren, aber die Christen verstanden:
„Oh wie schön, wir sind in Sicherheit! Die Gefahr, die uns von allen Seiten droht, ist unschädlich gemacht! Wir werden in Sicherheit leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Dann lasen die Christen in der Bergpredigt, dass sie sich keine Sorgen machen sollen, was sie essen oder trinken oder anziehen werden, denn Gott wird dafür sorgen.
„Oh wie schön“, sagten die Christen, „Gott versorgt uns mit dem Lebensnotwendigen! Wir werden als Grundversorgte leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Dann erzählte man den Christen „Jesus liebt Dich!“ „Oh wie schön!“, sagten die Christen, "wir werden als Geliebte leben!“
Und sie dachten, das war es dann.
Dann erfuhren die Christen, dass ihre Sünden vergeben sind.
„Oh wie schön!“, sagten die Christen, „Gott schreibt uns keine Rechnung mehr, und wir selbst müssen keine Wiedergutmachung leisten!“
Und sie dachten, das wäre es dann.
Dann bekamen die Christen mit, dass die Bibel ihnen Führung und Leitung gibt.
„Oh wie schön!“, sagten die Christen, „wir haben Maßstäbe und Anleitung dafür, wie man richtig und gut lebt!“
Und sie dachten, das wäre es dann.
Was wäre, wenn?
Was wäre, wenn Gott noch ganz etwas anderes für die Christen vorgesehen hat?
Wenn alle diese schönen Dinge, die die Christen schon wissen, nicht das Eigentliche sind, auf das Gott es abgesehen hat?
Wenn Gott mit der Opferung seines Sohnes eigentlich etwas erreichen wollte, dessen Größe in dem bisher genannten noch nicht mal im Ansatz vorgekommen ist?
Denn wenn man mal davon ausgeht, dass Paulus in seinen Briefen und Jesus in seinen Reden das, was sie gesagt haben, tatsächlich so gemeint haben, dann scheint da noch Luft nach oben zu sein.
Wobei: Wenn wir wüssten, was es da gibt, dann würden wir ja darauf hinzielen. Wenn man das Ziel kennt, ist es nicht mehr schwer, einen Weg zu finden.
Aber irgendwie hat Gott uns das Ziel nicht so gesagt, dass wir es definieren könnten.
So wie er den Israeliten seine eigenen Absichten auch nicht gesagt hat. Sondern Gott sagt hier zum Schluss: Wenn die Israeliten dieses und jenes machen, dann werden sie merken, was das eigentliche Ziel bei der ganzen Sache ist.
Wann können die Christen es erfassen?
Bleibt die Frage: Unter welchen Bedingungen werden die Christen es merken?
Und da wir hier ja das Vorbild bei Mose haben, können wir sagen:
Heiligung in so einem Ausmaß, dass Gott einzieht und damit die persönliche Heiligung noch potenziert wird, weil es jetzt nicht mehr die Heiligung durch eigenes Bemühen ist, sondern die Heiligung durch Gott.
Und dazu die Herstellung einer täglichen, glücklichen, freundlichen Beziehung zu Gott
Der Versuch, das Optimale rauszuholen, wird zu einer optimalen Reaktion Gottes führen.
Das andere
Das Ergebnis bei den Israeliten war übrigens eine grandiose Form von Gemeinschaft. Mit Gott zusammen in einem Land zu wohnen, und Gott erklärt sich dann auch noch rundrum für zuständig, das ist schon eine enorme Form von Gemeinschaft.
Aber das war nur eine äußerliche Gemeinschaft.
Seit Jesus und seit dem Heiligen Geist haben wir das auf einer anderen Ebene.
Aber wie das ist, hat Gott uns nie gesagt.
Was das eigentliche Ziel Gottes war, muss man erleben.
Vielleicht, weil es mit Worten unbeschreiblich ist.