Deuteronomium 8,3 - Tod der Buchreligion!

Falls Ihnen jemals jemand erzählt hat, der Mensch lebe nicht vom Brot allein, sondern vom Wort Gottes, dann meiden Sie diesen Menschen in Zukunft. Sie haben für Ihre persönliche Entwicklung von dieser Person nichts mehr zu erwarten.

Falls Ihnen diese oder eine andere Person als biblische Wahrheit verkauft hat, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebe, sondern vom Konsum der Bibel (die ja Gottes Wort ist), dann wissen Sie hoffentlich, wie man eine Paketbombe bastelt.

Einfach nur fassungslos den Kopf zu schütteln reicht hier nämlich nicht.

Die Bibelstelle als solche

Es wird erzählt, was Gott während der Wüstenwanderung gemacht hat: Deuteronomium 8,3 (Elberfelder 2006)

3Und er demütigte dich und ließ dich hungern. Und er speiste dich mit dem Man, das du nicht kanntest und das deine Väter nicht kannten, um dich erkennen zu lassen, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt. Sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN hervorgeht, lebt der Mensch.

Die Aussage ist also:

"Damit ihr erkennt, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, schickte ich euch Rosinenbrötchen."

(Rosinenbrötchen, weil das Manna wohl ein wenig süß war. Exodus 16,31)

Und diese Rosinenbrötchen oder dieses Manna wird gleichgesetzt mit etwas, das aus dem Munde Gottes kommt.

Mit Gottes Spucke dran

Das, was hier aus dem Munde Gottes kommt, ist also nicht "das Wort Gottes".

Sondern was aus dem Munde Gottes kommt, sind die Rosinenbrötchen.

Sie brauchen sich das jetzt nicht bildlich vorzustellen. Ist vielleicht ein bisschen unappetitlich.

Darum sagte Gott auch ausdrücklich, dass weder die Israeliten noch ihre Väter das Manna kannten - damit sie erkannten, dass das Manna nicht aus der Großbäckerei kam oder Reste von der Tafel waren, sondern original von Gott kam. So etwas wie das Manna wurde nirgendwo auf der Erde produziert: nicht im Handwerksbetrieb, und nicht in der Natur.

Gottes Ausspuckung

Die Aussage, dass das Brot aus dem Munde Gottes kommt, hat erstens damit zu tun, dass Gott alle Wunder, die er tun will, vorher ankündigt. Exodus 16,4

4Da sprach der HERR zu Mose: Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Dann soll das Volk hinausgehen und den Tagesbedarf täglich sammeln, damit ich es auf die Probe stelle, ob es nach meinem Gesetz leben will oder nicht.

Es hat zweitens damit zu tun, dass Gott keine Arme und keine Beine hat. Gott kann nichts kneten oder formen, gießen oder schnitzen. Das Werkzeug, mit dem Gott Dinge erschafft, ist sein Mund: Gott sprach, und es wurde.

(Auch wenn es viele Bibelstellen über die Hand des Herrn gibt.)

Wenn also das Manna hier aus dem Munde Gottes kommt, dann hat Gott das nicht vorgekaut, sondern er hat mit dem Mund gesagt, dass das Manna erscheinen soll.

Die Unmöglichkeit eines Bibeltextes

Bei dem, was aus dem Munde Gottes kommt und von dem der Mensch lebt, kann auch gar kein Bibeltext gemeint sein.

Denn als das Manna erschien, gab es noch keinen Bibeltext. Es gab kein Gesetz, noch nicht einmal die Steintafeln. Es gab nichts zum Lesen. Das Manna kann also nicht erschienen sein, damit die Leute wissen, dass der Mensch vom Bibeltext lebt.

Sondern das Manna erschien, damit die Leute verstanden, dass sie abhängig sind von Gott. Und damit sie erkannten, dass das eine gute Abhängigkeit war.

Das Manna tauchte auf, damit die Menschen erkannten, dass sie nicht das Brot aus Ägypten brauchten, dem sie so hinterher jammerten (Exodus 16,3), sondern dass sie jetzt die Ernährung von Gott brauchten. Und damit war Brot wie in Ägypten zwar eine Möglichkeit, aber es war nicht mehr die Einzige. Man lebt nicht mehr vom Import aus Ägypten, sondern von den Importen von Gott.

Das Zitat von Jesus

Vermutlich kennen Sie diese Bibelstelle vor allem daher, dass Jesus sie gegenüber dem Teufel zitiert. Matthäus 4,3–4

3Und der Versucher trat zu ihm hin und sprach: Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine Brote werden!

4Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.«

Und Jesus benutzt diese Bibelstelle genau so, wie Gott sie damals bei Mose benutzt hat.

Damals fehlte den Leuten ägyptisches Brot, bei Jesus fehlte palästinensisches Brot.

Und der Teufel sagte nun, Jesus solle die Steine in palästinensisches Brot verwandeln.

Jesus antwortet darauf nicht: „Ich brauche kein Brot gegen den Hunger, ich kann ja Bibel lesen“. So eine Aussage wäre für manch fromme Herzen zwar allerliebst, aber sachlich ist es natürlich Quatsch. Bibellesen ist keine vernünftige Strategie gegen Magenknurren.

(Wäre allerdings ganz praktisch. Dann könnten wir Bibeln in die Hungergebiete der Welt exportieren, damit die Menschen dort nicht mehr an leerem Magen leiden.)

Sondern Jesus antwortet dem Teufel, dass er auf Gott warten könne. Er ist abhängig von dem, was Gott macht. Er muss nicht eigenmächtig handeln. Er braucht nicht auf die Ratschläge des Teufels zur Backwarenproduktion zu hören. Er kann darauf warten, dass Gott durch sein Wort Brot oder Pommes oder Sachertorte erschafft.

Nochmal ganz deutlich: Jesus erwartet hier von Gott Brot, nicht bedrucktes Papier.

Was die Christen daraus gemacht haben

Die Christen haben daraus gemacht: der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von der Bibel.

Diese Interpretation ist, wie schon weiter oben erwähnt, aufgrund der ursprünglichen Bibelstelle überhaupt nicht möglich. Als das Zitat das erste Mal auftauchte, gab es noch nicht einmal den Ansatz eines aufgeschriebenen Gotteswortes.

Wobei das Ärgerliche nun ist, dass der Teufel zwar gegen Jesus in dieser Diskussion nicht gewinnen konnte, aber die Christen hat er an dieser Stelle phänomenal besiegt.

Denn die Christen haben aus der Sache mit Gott und Jesus eine Buchreligion gemacht und sind nun auch ganz stolz, dass ihre Religion zu den drei Buchreligionen gehört: Judentum, Islam, Christentum. Und sie gehen dabei davon aus, dass „Buchreligion“ eine weit höherwertige Religion ist als jede andere.

Der Sieg des Teufels

Natürlich kann dem Teufel kaum etwas günstiger gelegen kommen als dass die Gläubigen Gott zwischen zwei Buchdeckeln einsperren.

Denn der Mensch lebt nun von der Lektüre. Vom Lesen. Es ist ja wahrscheinlich nicht gemeint, dass man von einer zugeschlagenen Bibel lebt.

Der Mensch lebt also von jedem Wort Gottes und damit vom Lesen. Und in unserer Gesellschaft, wo die Kunst des Lesens weit verbreitet ist, kann man das auch so sagen, und in Gesellschaften, wo das Lesen nicht so verbreitet ist, da muss die Bibel vorgelesen werden, da lebt der Mensch dann halt vom Zuhören.

Der Teufel hat es geschafft, dass die Christen glauben, der Mensch lebe von dem, was er in der Bibel liest.

Warum die allgemeine christliche Auslegung falsch ist

Sie ist erstens deshalb falsch, weil die Bibelstelle, die Jesus zitiert, mit Lesen oder mit Aufgeschriebenem oder mit etwas was man hören kann gar nichts zu tun hat. Mose hat eben nicht gesagt, „damit ihr versteht, dass man nicht von Brot und Wurst alleine leben kann, darum schickt Gott euch Buchstaben, beschriebenes Papier“. Sondern Gott schickte Rosinen­brötchen, also Manna. Und das kann man zwar auflesen, aber nicht lesen.

Zweitens ist die Auslegung, dass der Mensch von der Bibel lebt, deshalb falsch, weil sie sich faktisch längst als falsch erwiesen hat. Lesen kann an sich ganz inspirierend sein, aber auf Dauer bekommt man die Fülle des Lebens, das gelobte Land, nicht durch Lesen. Auch Vergebung und ewiges Leben bekommt man nicht durch Lesen.

Es haben so viele Menschen in der Bibel gelesen, und es ist in so vielen Fällen kein Leben daraus entstanden.

Drittens ist die Auslegung, dass der Mensch von der Bibel lebt, deshalb falsch, weil in der gesamten Versuchungsgeschichte bei Matthäus kein natürliches Verhalten vergeistigt wird:

Wenn der Teufel sagt "Spring von dem Turm", dann meint er "springen", und Jesus antwortet auch auf "springen" und nicht auf eine geistliche, übertragene Bewegung.

Wenn der Teufel Jesus alle Reiche der Welt anbietet, dann meint er tatsächlich die Macht, die Herrschaft und das Königtum über alle sichtbaren und unsichtbaren Reiche. Und die Anbetung des Teufels ist auch nicht in irgendeiner Weise pro forma oder rein geistig oder irgendwie imaginär gedacht.

Somit kann man davon ausgehen, dass auch Brot und Hunger in dieser Geschichte als das gedacht sind, was sie im natürlichen Leben sind, und nicht als geistliche Übertragungen.

Was der Leser lernen kann

Als erstes kann der Leser natürlich lernen, dass er seine Bibel ordentlich liest und nicht auf jedes oberflächliche und pseudo-fromme Spruchkärtchen reinfällt.

Aber hauptsächlich kann der Leser lernen, dass er für die Bewältigung seiner Lebensprobleme nicht auf die Strategien des Teufels zurückgreifen muss.

Selbst dann nicht, wenn der Teufel Bibelstellen zitiert, die so schön klingen, dass das fromme Herz ergriffen ist.

Sie leben nicht von dem Brot, dass der Teufel oder die Welt backt.

Sie leben auch nicht von dem Brot, das irgendwelche angeblich so bibeltreuen und gottesfürchtigen Christen für Sie backen, indem sie verschiedene Bibelstellen so zusammenrühren, dass das Ergebnis mit dem Willen Gottes nichts mehr zu tun hat.

Sie leben davon, dass Gott durch seinen Mund etwas erschafft und es Ihnen zur Verfügung stellt: Vergebung, Freiheit, heiligen Geist, aber auch Geld, Freunde, Gemeinde.

Sie sind abhängig von Gott, nicht vom Teufel.

Und dazu brauchen Sie nicht mit dem "Wort Gottes" herumzutricksen.

Gott hat das gesamte Universum erschaffen durch sein Wort, da wird er mit den Schwierigkeiten Ihres Lebens auch klar kommen.

Der Tod wird nicht besiegt durch Bibellesen. Sondern dadurch, dass Gott Jesus den Befehl erteilt, auf der Erde zu erscheinen. Wir leben nicht davon, dass Gott über seinen Sohn geredet hat. Sondern davon, dass er ihn gegeben hat.

Man lebt nicht davon, dass Gott darüber redet, dass ich ein Recht habe. Sondern davon, dass Gott Recht schafft.

Fazit

Es ist schade, dass die Christen aus Gott einen Redenden gemacht haben, der gelegentlich auch mal handelt.

Denn in Wahrheit ist Gott ein Handelnder, der redet.

Und es ist ein grandioser Sieg des Teufels, dass er die Christen davon überzeugt hat, dass das Christentum eine Buchreligion ist.

Aber man lebt eben nicht von einem Buch.

Sondern man lebt durch einen Gott, der handelt. Und der das gelegentlich vorher ankündigt. Was dann wiederum gewisse Leute aufgeschrieben haben.

Als ich vor 45 Jahren Christ wurde, kam ich in eine Gemeinde, in der die Bibel die Stelle Gottes eingenommen hatte.

Gott selbst wurde gar nicht mehr gefragt.

Er wurde als Person auch gar nicht mehr gebraucht und kam darum als Person im Gemeindeleben auch nicht vor.

Man hatte ja die Bibel. Was brauchte man da Gott?

Und man hatte ja diese wunderschönen Bibelstellen, die der Teufel so schön verdreht hatte, dass es sich tatsächlich so anhörte, als brauche man nichts als das bedruckte Papier.

Was man in Wahrheit braucht, ist Gott.

Als Person.

Als Gegenüber.

Als Handelnden.