HÖRSPIEL ÜBER EIN LITERARISCHES PRODUKT

Dieses Hörspiel entstand im letzten Jahrtausend für eine Jugendfreizeit. Auch wenn einige der im Hörspiel genannten Personen nicht mehr aktuell sind, ist das Hörspiel als solches natürlich immer noch aktuell. Die Absicht hinter dem Buch der Sprüche hat sich mit der Jahrtausendwende nicht geändert.

Hier können Sie sich also inspirieren lassen, was man zum Buch der Sprüche z.B. machen kann. Der Text unterliegt keinem Copyright. Passen Sie ihn an heutige Zeiten an und verwenden Sie ihn, wenn Sie wollen.

Mitwirkende: 1) Reporter 2) Beamter 3) Salomo 4) Blondine 5) Fotograf 6) Kameramann 7) Klatschreporterin 8) Königin

Einige der handelnden Personen haben soeben im Gästesalon des königlichen Schlosses des König Salomo auf mit rot-goldenem Stoff bezogenen Stühlen Platz genommen.

Beamter: Meine Damen und Herren, ich darf Sie im Namen seiner Majestät recht herzlich hier im königlichen Schloss begrüßen. Seine Majestät ist hoch erfreut, dass die Medien ein solch großes Interesse an dem neuen Buch des Königs zeigen. Seine Majestät ist auch sicher, dass sein neues Werk in die Literaturgeschichte eingehen wird.

Reporter: Ja, wo ist denn jetzt der König? Wir sind doch gekommen, den König zu interviewen.

Beamter: Seine Majestät ist hoch erfreut, dass Sie gekommen sind und hofft, Sie haben eine gute Reise gehabt.

Fotograf: Das ist doch völlig egal, ob wir gut gereist sind. Da nutzt die beste Reise nichts, wenn wir den weiten Weg gemacht haben, und dann ist der König nicht da.

Kameramann: Und wo Ist hier eine Steckdose? Ich brauche Strom für die Kamera.

Beamter: Seine Majestät meinte, ich könnte Ihnen schon eine ganze Menge Fragen im Voraus be­antworten, die dann seine Majestät nicht mehr selbst beantworten muss.

Klatschreporterin: So ein Unfug! Ich brauche die intimen Hintergründe für die Sache, ich brauche Gefühl und Leidenschaft! Das kann mir doch nicht irgendein Beamter beantworten!

Kameramann: Und wir können doch in der Literatursendung nicht einen Beamten zeigen! Wir müs­sen doch den Schriftsteller selbst zeigen!

Beamter: Die Zeit seiner Majestät ist begrenzt. Der König muss ja auch noch regieren. Ich würde sagen, Sie stellen mir Ihre Fragen, und die, die ich nicht beantworten kann, stellen Sie nachher nochmal kurz dem König.

Klatschreporterin: Also ich möchte auf jeden Fall vom König wissen, ob sich Kapitel 11 Vers 6 sei­nes Buches, wo es heißt: „Die Gerechtigkeit der Aufrichtigen rettet sie, aber durch ihre Gier werden die Treulosen gefangen", ob sich das auf Frau Lewinsky bezieht.

Reporter: Also wirklich, Frau Kollegin, sowas fragt man doch nicht! Außerdem ist das politisch völlig uninteressant. Es ist aber von zentraler Bedeutung, ob Kapitel 15 Vers 9, wo steht „Ein Gräuel für den HERRN ist der Weg des Gottlosen; wer aber der Gerechtigkeit nachjagt, den liebt er", ob das eine Aussage über Saddam Hussein ist.

Fotograf: Die Leser meiner Zeitung wollen nicht viele Buchstaben lesen, sondern Bilder vom König sehen. Jetzt sehen Sie bitte mal so aus wie der König. Ich brauche Fotos.

Beamter: Über Frau Lewinsky rede ich nicht, sowas ist unanständig.

Reporter: Und Saddam Hussein?

Kameramann: Die Steckdose hat einen Wackelkontakt. Man muss einen Papierbollen reinstecken, sonst geht es nicht.

Klatschreporterin: Herr Beamter, kann es nicht sein, dass der König das Buch seiner Sekretärin dik­tiert hat, während seine Sekretärin bei ihm auf dem Schoß saß?

Beamter: Also wirklich, so eine Frage!

Klatschreporterin: Ich dachte, Sie beantworten unsere Fragen!!??

Reporter: Genau. Hat der König gemeint, dass Saddam Hussein ein Gräuel für Gott ist?

Fotograf: Ich möchte den König mit dem Buch in der Hand fotografieren. Ist denn ein Exemplar des Buches greifbar, wenn der König jetzt irgendwann kommt?

Beamter: Meine Herrschaften, seien Sie versichert, dass seine Majestät dieses Buch mit den edel­sten Absichten geschrieben hat. Seine Majestät wollte ein großes Buch, schreiben, das für Jahrtausende Gültigkeit hat. Seine Majestät hat an die großen Zusammenhänge der Welt gedacht und nicht an irgendwelche nebensächlichen Figuren.

Reporter: Ich schreibe also: „Nach Meinung des Königs ist Saddam Hussein eine nebensächliche Figur.“

Beamter: NEIN!!!! Ich bitte Sie! Herr Hussein könnte beleidigt sein! Das gibt nur Ärger!

Kameramann: Warum sollte Herr Hussein beleidigt sein? 20 Prozent des neu herausgekommenen Buches geht doch über ihn! Zum Beispiel Kapitel 15 Vers 25: „Das Haus der Hochmütigen reißt der HERR nieder, aber er legt fest die Grenze der Witwe." Oder bezieht sich das auf Herrn Öcalan?

Beamter: Aber ich bitte Sie! Wir wollen doch nicht auf so ein tiefes politisches Niveau sinken!

Klatschreporterin: Apropos tief: Im Kapitel 18 Vers 4 schrieb Ihr Arbeitgeber: „Tiefe Wasser sind die Worte aus dem Mund eines Mannes, ein sprudelnder Bach, eine Quelle der Weisheit." Wie wäre es, wenn wir jetzt mal solche Worte von Ihnen hören könnten und nicht immer nur Gewäsch? Stimmt es, dass der König sich von seiner Ehefrau Nr.219 scheiden lassen will?

Fotograf: Also das interessiert doch keinen. Es sei denn, man könnte den König beim Schimpfen auf seine Ehefrau fotografieren. Aber ich würde ihn lieber fotografieren, wenn er etwas über Monika Lewinsky sagt.

Beamter: Meine Herrschaften, ich kann nur wiederholt versichern, dass es die Absicht des Königs war, Literatur zu schaffen, die noch viele Generationen von Menschen erfreut und zum Nachdenken anregt.

Kameramann: Also ich filme hier für das Literaturmagazin im dritten Programm, und ich kann das nicht ohne den König machen. Ich würde sagen, wir geben diesem Beamten jetzt ein or­dentliches Bestechungsgeld, und dafür schafft er uns den König ran.

Klatschreporterin: Ganz meine Meinung. Mit dem Artikel über die auf dem Schoß sitzende Sekre­tärin kann ich ein Vermögen verdienen, da kann ich jetzt auch ein bisschen Bestechungs­geld investieren. Wie sehen Sie das, Herr Beamter?

Beamter: Nun, ich würde natürlich niemals Bestechungsgelder nehmen. Wenn Sie jedoch meiner notleidenden Familie gedenken wollen und meiner schwer erkrankten Großmutter und meiner behinderten Schwägerin, und wenn Sie dabei auch die schwierige wirtschaftliche Lage berücksichtigen wollen und die Inflation und dass der König soviel Geld für Weiber äh ich meine für Unterhaltungsdamen ausgibt und darum immer kein Geld für seine Beamten hat, dann wäre ich nicht abgeneigt, eine wohltätige Spende in angemessener Höhe entge­genzunehmen. In großen Scheinen, bitte. Keine Schecks, keine Kreditkarten.

Reporter: Also das kommt gar nicht in Frage. Wir würden damit Ihr Leben ruinieren. Haben Sie denn nicht in des Königs Buch im Kapitel 15 den Vers 27 gelesen? „Sein Haus zerrüttet, wer unrechten Gewinn macht; wer aber Bestechungsgeschenke hasst, wird leben."

Fotograf: Es ist doch nicht unser Problem, wenn der Beamte sein Haus zerrüttet. Von mir aus kön­nen seine ganzen Verwandten wie die Fliegen sterben, aber ich muss den König sehen! Ich bin nicht hierher gekommen, um niedrige Beamte zu fotografieren!

Beamter: Und es war auch nie die Absicht des Königs, über die Kleinigkeiten des Alltags wie z.B. kleine Geldgeschenke zu schreiben. Sein Buch handelt von den großen Wahrheiten des Le­bens, das ist abgehobene Literatur und hat mit dem täglichen Leben gar nichts zu tun. Es ist geradezu eine Unverschämtheit, das Buch des Königs als Argument gegen das Wohler­gehen eines königlichen Beamten einzusetzen.

In diesem Moment geht mit viel Geräusch die Tür auf Eine total aufgetakelte Blondine mit dem Intelligenzquotienten eines Salzstreuers betritt auf viel zu hohen Schuhen den Raum. Mit ihr erscheint auch eine unsichtbare, aber atemberaubende Wolke, die aus einer absolut ät­zenden Mischung verschiedener Parfüms, Deos, Haarsprays, Shampoos und ungewasche­ner Schmuddeligkeit besteht.

Blondine: Ach, hallöchen alle zusammen, ist mein Schnuckischatzi denn nicht hier?

Klatschreporterin: Bloß nicht! Ich habe eine Katzenallergie!

Blondine: Hi hi! Ist das amüsant! Was für eine süße Idee!

Kameramann: Können Sie nochmal von der Tür bis zu dem Tisch da gehen? Dann kann ich mal meine Kameraeinstellungen überprüfen.

Blondine: Komme ich dann ins Fernsehen?

Klatschreporterin: Wer sind Sie eigentlich? Sind sie die Putzfrau? Da unten ist nämlich alles voller Wollmäuse.

Blondine: Die Putzfrau! Wie amüsant! Hi hi! Sie sind aber sehr lustig!

Reporter: Sie sind bestimmt die Sekretärin, von der wir vorhin gesprochen haben. Was halten Sie denn von dem neuen Buch des Königs?

Beamter: Aber bitte, meine Herrschaften, diese Dame versteht doch nichts von dem Buch, diese Dame ist doch eine von den .....

Blondine: Nun halt Du mal den Schnabel. Ich weiß sehr viel über das Buch. Obwohl ich sehr bedaure …

Klatschreporterin: Dass sie nicht beim König auf dem Schoß sitzen können? Weil er Putzfrauen nicht dort sitzen lässt? Ich könnte schreiben: „Königliche Hartherzigkeit bricht das Herz seines Reinigungspersonals!"

Blondine: Sie sind aber wirklich lustig, hi hi! Aber ich habe schon oft auf seinem Schoß gesessen. Das traurige an dem Buch ist nur, dass gar keine Bilder drin sind.

Beamter: Das Buch ist auch ein hohes literarisches Werk, das auf die großen Zusammenhänge des Lebens hinweist. Es ist kein Comic. Und es spricht auch nicht von Dingen, die man zeich­nen oder fotografieren könnte. Das Buch des Königs spricht von hohen Werten, von abge­hobenen Themen, von ewigen Zusammenhängen.

Blondine: Da hast du ausnahmsweise mal recht Besonders im letzten Kapitel. Denn da schreibt der König über mich. Ich war sozusagen seine Inspu.... äh seine Unspira… äh naja, Sie wissen schon. Wegen mir hat er das letzte Kapitel geschrieben.

Kameramann: Wieso? Was steht denn da? Wie man wieder aufsteht, wenn man mit den hohen Schuhen umgefallen ist?

Blondine: Ach, Sie sind ja auch lustig, hi hi! Nein, da steht zum Beispiel: „Eine tüchtige Frau - wer findet sie? Weit über Korallen geht ihr Wert Sie kümmert sich um Wolle und Flachs und arbeitet dann mit der Lust ihrer Hände."

Klatschreporterin: Ach, das ist ja schön, dass ich Sie hier treffe! Sie können also stricken! Ich stricke mir gerade einen Nicki aus Schurwolle, und ich weiß nicht, ob ich beim Ärmelansatz wechselweise zwei und eine Masche abnehmen muss oder jedesmal zwei. Was denken Sie?

Die Blondine schaut die Klatschreporterin unüberbietbar blöd an.

Beamter: Sie überfordern die Dame. Sie ist doch nur eine von diesen …

Blondine: Ich habe Dir schonmal gesagt, Du sollst den Schnabel halten. Ich werde jetzt mein Schnuckischatzi suchen gehen.

Fotograf: Und wenn sie sie gefunden haben, bringen sie sie doch bitte hierher. Dann fotografiere ich sie und kann dann drunter schreiben: Diese Katze zerfetzt immer die königliche Bett­wäsche. Oder irgend sowas.

Blondine: Ihre blöden Witze sind gar nicht mehr amüsant.

Beamter: Und Du erinnerst Dich lieber mal an das 16.Kapitel, wo Du, wenn Du lesen könntest, im 13 Vers lesen kannst: „Das Wohlgefallen des Königs finden gerechte Lippen; und wer auf­richtig redet, den liebt er." Du hast doch noch nie mit Deinen Händen gearbeitet, und Wolle und Flachs könntest Du gar nicht auseinander halten. Und wenn man Dir echte braune Rinderwolle verkaufen würde, würdest Du gar nichts merken.

Blondine: Ha ha. Ich weiß zufällig, dass Rinderwolle lila ist. Denn im Fernsehen kommt immer diese Kuh von der Schokolade. Du brauchst gar nicht so zu tun, als wenn ich blöd wäre.

Glücklicherweise öffnet sich in diesem Moment wieder die Tür, und der König betritt den Raum. Er ist königlich angezogen, wie es sich gehört, wenn so viele Reporter im Haus sind

Kameramann: Oh nein, diese blöde Steckdose! Ausgerechnet jetzt fällt der Papierbollen raus!

Blondine: Mein Schnuckischatzi! Endlich kommst Du!

Reporter: Majestät! Gehe ich recht in der Annahme, dass es erhebliche Steuersenkungen geben wird?

Salomo: Äh, wie? Äh, erstmal guten Tag alle zusammen!

Fotograf: Majestät, stimmt es, dass Sie im Kapitel 11 Ihres Buches den Vers 22 wegen dieser Dame geschrieben haben?

Blondine: Selbstverständlich stimmt das. Es steht sehr viel über mich in dem Buch.

Salomo: Darf ich mich erstmal setzen? Hat man Ihnen denn nichts zu trinken angeboten? Diener! Eine Flasche Whisky und Gläser!

Kameramann: Aber Majestät! Schreiben Sie nicht in Ihrem neuen Buch im Kapitel 31 Vers 4: „Nicht für Könige ziemt es sich, nicht für Könige, Wein zu trinken, noch für Fürsten zu fragen: Wo ist Rauschtrank?" Wie können Sie da jetzt nach Whisky verlangen?

Reporter: Und was ist jetzt mit den Steuersenkungen?

Beamter: Ich muss Sie doch bitten, den König mit solch einem Kleinkram in Ruhe zu lassen. Wie ich Ihnen schon sagte — und seien Sie versichert, Majestät, ich habe es schon x-mal gesagt —hat seine Majestät ein großes literarisches Werk geschrieben, welches sich über die Nie­derungen des Alltags erhebt und sich nicht mit solchen Albernheiten und Nebensächlich­keiten wie Steuern oder Whisky befasst Lassen Sie doch seine Majestät mal etwas über die ewigkeitliche Größe des Buches sagen!

Klatschreporterin: Majestät, als die Sekretärin auf ihrem Schoß saß, hat da …

Reporter: Jetzt unterbrechen Sie doch nicht immer! Wir waren bei den Steuersenkungen.

Blondine: Das habe ich noch nie gehört. Ich weiß, dass man einen ganzen Manta tiefer legen kann. Aber das man das Steuer auch senken kann?!

Fotograf: Majestät, jetzt nehmen Sie doch mal das Buch in die Hand und sprechen Sie darüber!

Kameramann: Genau. Ganz meine Meinung. Und bitte in ganzen Sätzen.

Salomo: Äh, was soll ich denn da jetzt so sagen? Da fällt mir gar nichts ein! Ist halt ein schönes Buch.

Blondine: Sag doch das, was der Fotografierer vorhin schon gesagt hat. Dass Du Kapitel 11 Vers 22 wegen mir geschrieben hast.

Salomo: Äh, ja, gute Idee.

Kameramann: Kamera läuft!

Der König tastet eine Weile untern Sofa rum, holt dann das Buch hervor. Es ist total mit Staubflu­sen bedeckt, der König muss erst den Staub runterblasen. Dann schlägt er Kapitel 11 Vers 22 auf und liest es nach. Der Blondine entfährt ein unanständiges Geräusch. Der König fängt beim Lesen an zu lachen.

Salomo: Ha ha ha, also wirklich, es stimmt, dass ich Kapitel 11 Vers 22 wegen der Dame hier neben mir geschrieben habe, ha ha! Meine Liebe, die Literatur verdankt Dir vieles!

Blondine: Wie schön Du das sagst, mein Schnuckischatzi! Und wie recht Du hast!

Kameramann: Nun bewegen Sie sich doch ein bisschen beim Reden, Majestät! Sie sind doch nicht aus Holz!

Fotograf: Stillsitzen! Das Bild verwackelt doch! Nicht so zappeln!

Reporter: Majestät, jetzt sprechen Sie doch mal über die Steuersenkungen!

Salomo: Äh, welche Steuersenkungen?

Reporter: Die, über die Sie in ihrem neuen Buch so ausführlich geschrieben haben!

Beamter: Ich muss Sie wirklich bitten, den König nicht mit solchem politischen Kleinkram zu lang­weilen. Der König hat ein hohes literarisches Werk geschrieben, das in seiner Abstraktion hoch über den Lästigkeiten des Alltags schwebt Fragen Sie doch mal was philosophisches!

Salomo: Ich hab doch gar nichts über Steuersenkungen gesagt?!

Klatschreporterin: Aber natürlich haben Sie! „Ein König gibt durch das Recht dem Land Bestand; aber wer nur Abgaben erhebt, zerstört es." Nur, dass das keinen interessiert. Was aber in­teressiert: In den ersten Kapiteln sprechen Sie immer einen Ihrer Söhne an, indem Sie sa­gen: „Mein Sohn!" Welchen Ihrer Söhne meinen Sie? Und was hat er gemacht?

Salomo: Äh, was soll der denn gemacht haben?

Klatschreporterin: Na, Drogen, Sex, Ausschweifungen, Mord, Orgien, Alkoholismus, was weiß ich?

Beamter: Also ich muss doch wohl bitten! Der König ist schockiert! Solche Dinge kommen in des Königs hochphilosophischen Werk doch nicht vor! Seine Majestät hat hohe Literatur ge­schrieben und keine Schmuddelgeschichten!

Reporter: Dann soll seine Majestät jetzt mal etwas über das literarische Werk sagen!

Klatschreporterin: Oder haben Sie das Buch gar nicht selbst geschrieben?

Salomo: Nun ja, um ehrlich zu sein, und das sieht man ja auch an den Überschriften, ..... Blondine: Aber Schnuckischatzi, wieso willst Du denn ehrlich sein? Das ist doch nicht modern!

Kameramann: Der König will ehrlich sein, weil er selbst in Kapitel 16 Vers 13 geschrieben hat: „Das Wohlgefallen des Königs finden gerechte Lippen; und wer aufrichtig redet, den liebt er."

Fotograf: Dann muss der König ja sich selbst lieben!

Die letzte Bemerkung des Fotografen geht leider in den folgenden Geräuschen unter. Denn es öffnet sich ausgesprochen geräuschvoll die Tür, und die Königin poltert herein.

Königin: Ach da bist Du also. Und schon wieder mit diesem blonden Luder. Ich hätte es mir ja denken können. Und noch eine andere Frau dabei. Sieh an. Wahr­scheinlich eine Sekretärin, denn sie hat was zu schreiben. Wie sind Sie so schnell von seinem Schoß runtergekommen?

Klatschreporterin: Jetzt fängt es ja an, richtig interessant zu werden! Wer sitzt denn sonst immer beim König auf dem Schoß?

Salomo: Ich dächte, wir wollten über mein neues Buch sprechen?

Beamter: Genau. Über das hohe literarische Werk, das von ewigen Werten handelt.

Fotograf: Ich finde es eher alltäglich. Sogar die Königin kommt drin vor.

Blondine: Das ist nicht wahr! ICH komme drin vor!!!

Königin: Halt den Rand, dumme Kuh! Und Du, dass Du Dich nicht schämst, mit dieser hirnfreien Personen in einem Raum zu sitzen. Schande über Dich! Und sowas will ein König sein! Skandalös! Und was soll Ihre dämliche Bemerkung, ich kä­me in diesem blöden Buch vor?

Fotograf: In Kapitel 27 Vers 15 sind Sie sehr treffend beschrieben.

Königin: So? Gib mal das Buch her.

Die Königin blättert im Buch, findet die Stelle, liest sie. Knallt das Buch zu, feuert es auf den Bo­den.

Beamter: Aber Frau Majestätin, so geht man doch nicht mit dichterischen Werken voll lyrischer Inhaltskraft um!

Königin: Schnauze! Dichterisch! Sie sind doch nicht ganz dicht! Das ist kein dichterisches Werk, sondern billigster Schund!

Klatschreporterin: Nein, wie Interessant es hier ist! Was steht denn nun da über die Königin?

Kameramann: Das ist egal, ich habe alles gefilmt Sehr schön. Kann man zwar nicht im Literatur­magazin bringen, aber ich werde schon wen finden, der mir das für viel Geld abkauft.

Königin: Unterstehen Sie sich!

Reporter: Was ist denn jetzt mit dem Geständnis? Majestät, Sie hatten doch angesetzt, ehrlich zu sein! Machen Sie mal weiter!

Königin: Da kann ich Ihnen helfen. Dieser Schwachkopf hat das Buch überhaupt nicht selbst ge­schrieben.

Salomo: Wie ja auch aus den Überschriften hervorgeht

Blondine: Aber Schnuckischatzi, wer war es denn dann? Also ich war es nicht! Ehrlich!!

Beamter: Das glauben wir sofort

Königin: Geklaut hat er. Er hat alle möglichen Leute gefragt, ob sie irgendwelche Sprüche kennen, und dann hat er sie aufgeschrieben. Sogar diese Weiber hat er gefragt.

Salomo: Nun übertreib mal nicht Den Teil über die Weisheit habe ich selber geschrieben.

Klatschreporterin: TATSÄCHLICH? Sie haben an dem Buch auch etwas selbst geschrieben?

Beamter: Es ist nicht fein, sich so beleidigend gegenüber dem König zu äußern.

Königin: Was heißt hier beleidigend? Diese komische Sekretärin hat ganz recht Wir staunen alle, dass der König tatsächlich drei Sätze selbst geschrieben hat Und dass er bei seinem Blondinenverbrauch überhaupt Zeit dazu gefunden hat!

Reporter: Ja, aber, Majestät, warum haben Sie denn das Buch geschrieben, wenn vieles gar nicht von Ihnen ist?

Beamter: Um ein hochliterarisches lyrisches Werk zu verfassen, das .....

Königin: Klappe! Er wollte sich wichtig machen und ins Fernsehen kommen. Das ist alles. Und die Königin sitzt daheim und grämt sich vor Einsamkeit. Aber der Herr König kann wichtig sein; und nichts anderes interessiert ihn. Außer vielleicht Blondinen.

Salomo: Ich habe dieses Buch teilweise geschrieben und teilweise aus Material zusammengestellt, das den Leuten schon in verschiedenen Teilen bekannt war      

Kameramann: Es ist doch wohl zum in die Röcke machen! Da sagt er endlich einen ganzen Satz, und der Papierbollen fällt aus der Steckdose, und der Strom ist weg. Bitte noch einmal, Majestät!

Beamter: Seine Majestät sagten, dass er dieses abstrakte philosophische abgehobene Werk …

Salomo: Ich kann selber reden, danke.

Königin: Ja, mit Deinen Blondinen. Mit mir hast Du seit Jahren kein einziges vernünftiges Wort mehr gesprochen!

Salomo: Ich habe dieses Buch herausgegeben, um Lebenshilfe für den Alltag zu geben. Um zu zeigen, wie das Leben mit Gott und mit den Menschen schön und erfolgreich werden kann.

Königin: Sehr richtig. Darum kommen auch so viele Prostituierte drin vor. Weil das Dein Alltag ist.

Beamter: Und die hochphilosophische Lyrik nicht zu vergessen, die ewigkeitliche Gedanken in sphärischen Höhen beleuchtet

Salomo: Vielleicht sollten Sie bei Gelegenheit das Buch mal lesen. So ein Quatsch steht da nämlich nicht drin.

Reporter: Endlich mal eine brauchbare Aussage, die ich in der Zeitung schreiben kann: „Hochphilo­sophische Lyrik ist Quatsch."

Blondine: Ja, das glaube ich auch. Wahrscheinlich gibt es so was gar nicht. Uhrig! Komische Sache.

Klatschreporterin: Aber Majestät, nun seien Sie doch mal ehrlich!

Königin: Da verlangen Sie aber eine Menge von ihm.

Blondine: Und es ist gar nicht modern!

Klatschreporterin: Majestät, wo ist denn der rührselige Aspekt der Sache? Welche intimen Geheim­nisse verbergen sich hinter diesem Buch? Was können Sie uns erzählen, wobei der Leser und Zuschauer erschaudert?

Salomo: Äh, naja,

Fotograf: Jetzt geht DAS schon wieder los!

Blondine: Oh ja, Schnuckischatzi, erzähl uns ein kleines gruseliges Geheimnis!

Salomo: Äh, ja, ich weiß nicht, das einzige, was mir einfällt, ist, dass ich mir einen riesigen Tintenfleck in das Hemd mit dem goldenen Kragen gemacht habe.

Königin: Doch nicht etwa in das Hemd mit der roten Borte?

Salomo: Es war ja keine Absicht. Das Tintenfass hat geschwappt.

Königin: Da sieht man es wieder. Ich wasche und bügle und mache den ganzen Tag rum, keine ruhige Minute gönne ich mir, kriege Rheumatismus und Seitenstechen vor lauter Arbeit, und was macht er? Wenn er nicht grade bei irgendeiner seiner Blondinen ist, kippt er sich Tinte über die Kleidung. Weil ich ja nichts zu tun habe. Wann wollen unsere Gäste hier eigentlich endlich gehen?

Reporter: Aber nun sagen Sie mal, Majestät, dann haben Sie dieses Buch nur geschrieben, damit die Menschen mit Gott, den Mitmenschen und sich selbst glücklich leben können?

Salomo: Das sagte ich doch!

Kameramann: Wegen nichts als glücklichem Leben? Und dafür haben wir so einen Aufwand ge­macht und die weite Reise und Papierbollen in die Steckdose?

Klatschreporterin: Also das kann doch nicht wahr sein. Wirklich, Majestät, was haben Sie sich denn dabei gedacht?

Salomo: Ich dachte mir, dass es für die Menschen wichtig ist, dass sie glücklich und zufrieden sind.

Klatschreporterin: Ich kriege einen Anfall!!!! Glücklich und zufrieden!!!! Meine Leser wollen Sex und Kriminalität, Orgien und Gewalt, Drogen und Exzesse, wen interessiert denn so etwas al­bernes wie Glück und Zufriedenheit!!!!!

Fotograf: Das ist wirklich enttäuschend. Und gute Fotos hat es auch nicht gebracht. Außer einer bücherwerfenden Königin. Kann nicht noch irgendwer den König schlagen oder ein paar Möbel umwerfen?

Blondine: Au ja! Und dann feiern wir eine Orgie!

Klatschreporterin: Glück und Zufriedenheit!!!! Sowas langweiliges, ödes, konservatives! Glück und Zufriedenheit! Herrje! Was mache ich eigentlich noch hier!!!??

Königin: Das frage ich mich auch. Sie könnten schon seit 10 Minuten weg sein.

Kameramann: Los, wir gehen. Hier ist nichts mehr für uns zu holen. Verstehe bloß nicht, warum wir nicht schon beim Lesen gemerkt haben, was für ein langweiliges Buch das ist.

Reporter: Also wirklich. Es gibt so viele aufregende und spannende Themen, über die man ein Buch machen kann. Aber das Glück der Menschen ist ja nun wirklich ein katastrophales Thema.

Klatschreporterin: Da holen sich meine Leser beim Lesen vor lauter Gähnen eine Kinnladenverrenkung! Auf, raus hier!

Blondine: Ach je, Schnuckischatzi, so ein langweiliges Buch hast Du geschrieben? Und ich dachte, es wäre total aufregend, weil doch soviel von mir drinsteht!

Königin: Das stimmt allerdings, dass viel von Dir drin steht. Die Aussagen über Narren und Dumm­köpfe sind recht zahlreich.

Blondine: Ach, Schnuckischatzi, ich gehe und mache mir eine Gurkenmaske. Deine Frau ist immer so böse zu mir.

Königin: Ich gehe auch. Man hat schließlich noch zu tun. Es gibt ja noch Leute, die wirklich nützliche Dinge tun. Im Gegensatz zu Gurkenmasken und Büchern über Glück.

Beamter: Auch ich möchte mich verabschieden. Ich bin schon etwas enttäuscht. Ich dachte, der König hat ein hohes literarisches Werk geschrieben, voller Geist und Größe, philosophisch und von ewigkeitlichem Wert. Und nun sowas. Dann kann ich ja auch für Asterix arbeiten.

Alle gehen, nur der König bleibt. Er sitzt alleine und etwas unglücklich auf dem Sofa. Er seufzt:

Salomo: Ob ihnen eines Tages mal einer erklärt, dass es nichts größeres, wichtiges und bedeutungsvolleres gibt als glückliche und zufriedene Menschen?