Psalm 8 besser als Nelson Mandela
Der Psalm 8 ist aufgebaut wie ein moderner Zeitungsartikel:
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Es gibt eine Überschrift, die das Thema des Artikels benennt.
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Dann kommt ein fettgedruckter Abschnitt, der die Ereignisse zusammenfasst.
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Und dann kommt der lange Rest des Artikels, in normaler Druckstärke, der die Einzelheiten erzählt und die Hintergründe beleuchtet.
Vers 2 – die Überschrift
Man muss das schon genau lesen.
Da steht nicht: „Gottes Name ist herrlich auf der ganzen Erde.“
Wenn der Titel so hieße, könnten wir eine sachliche Beschreibung der Herrlichkeit des Namens Gottes auf der ganzen Erde erwarten.
Dann könnten wir erwarten, dass jetzt beschrieben wird, wie und wo und in welchen Einzelteilen der Name Gottes herrlich ist.
Der Vers 2 ist aber nicht von sachlicher Betrachtungsweise geprägt, sondern von Erstaunen.
Erstaunen darüber, dass Gottes Name so herrlich ist auf der ganzen Erde.
Und gemeint ist hier: Gott, wie herrlich ist dein Name, wenn die Menschen reden.
Die Bäume kennen den Namen Gottes nicht, und die Karettschildkröte kennt ihn auch nicht.
Es soll gesagt werden: Der Name Gottes ist auf der Erde besser als der Name von Nelson Mandela oder Mutter Theresa oder Mahatma Gandhi.
Und das, sagt der Autor, ist doch erstaunlich!
Wie kann das denn sein, dass Gottes Name auf der Erde so einen guten Klang hat wie der Name der englischen Königin, wo Gott doch seine Hoheit auf die Himmel gelegt hat!
Die Hoheit auf dem Himmel
Gott hat seine Hoheit auf den Himmel gelegt.
Die Himmel, das ist da, wo die Engel sind. Das kann man nicht sehen.
Hoheit hat ein König.
Gott ist der Größte und der Höchste, und dieses Hohe hat er jetzt wie einen königlichen Mantel über die Himmel gehängt.
Der ganze Himmel ist geprägt von der königlichen Hoheit Gottes.
Das kann man aber auf der Erde nicht sehen.
Die Engel können es sehen. Wir nicht.
Jesaja und Hesekiel haben es mal gesehen, und am Ende der Offenbarung wird es so ein bisschen beschrieben.
Aber normale Leute können das nicht sehen.
Und trotzdem ist dein Name, Gott, so herrlich auf der ganzen Erde.
Wie kann das sein?
Das ist das Thema dieses Psalms.
Was man übrigens auch daran sieht, dass die erste Hälfte von Vers 2 ganz zum Schluss im Vers 10 wortwörtlich wiederholt wird.
Vers 3
Vers 3 ist der fettgedruckte Absatz nach der Überschrift. Man kann erwarten, dass jetzt das Thema entwickelt wird. Dass die Fakten kurz zusammengefasst werden.
Die Kinder und Säuglinge haben über Gott geredet. (Es ist nicht davon auszugehen, dass es hier um den Sabber geht, der aus ihrem Mund kommt.)
Sicher haben die Kinder und Säuglinge (im Hebräischen sind auch 3jährige noch Säuglinge!) nicht sehr fundiert und wohlformuliert über Gott geredet.
Aber wenn sie über Gott geredet haben, dann haben vorher Erwachsene über Gott geredet.
Denn Kindern ist von Natur aus das Konzept eines unsichtbaren Gottes in irgendeinem Himmel fremd, der noch dazu die Menschen liebt.
Auf so eine Idee kommen Kinder nicht von alleine.
Wenn Kinder darüber reden, dann haben Erwachsene es ihnen gesagt.
Und dann haben nicht Erwachsene in einem streng abgeschirmten philosophischen Zirkel über Gott geredet, sondern Erwachsene zu Hause oder auf dem Feld.
Also da, wo die Kinder mit dabei sind.
Die Bedränger Gottes
Nun wäre natürlich die nächste Frage: Wieso hat Gott Bedränger?
Gott ist doch so hoch, so erhaben, wo soll da ein Bedränger herkommen, ein Feind und Rachgieriger?
Sicherlich gibt es niemanden, der Gott töten kann.
Oder der Gott aus dem Himmel verjagen kann.
Die Bedränger Gottes können also nicht Gottes himmlische Existenz verhindern.
Aber die Bedränger können das verhindern, was Gott am wichtigsten ist.
Nämlich, dass Gott die Menschen lieben kann.
Das war ja ursprünglich der Sinn der Schöpfung, dass Gott jemanden hat, den er lieben kann.
Und das Ziel der Bedränger ist es, dieses zu verhindern.
Damit ist dann natürlich der Sinn der ganzen Schöpfung in Frage gestellt.
Das Hauptwerk Gottes ist damit zerstört.
Und Leute, die so etwas wollen, gibt es natürlich.
In den Jahren des Ostblocks und des Warschauer Paktes hat man in den Ostblockländern versucht, Gott völlig aus dem Leben der Menschen und der Öffentlichkeit zu entfernen.
In vielen arabischen Ländern versucht man es heute auch, mit Gewalt und Unterdrückung.
Viele Wissenschaftler versuchen, Gott für nicht existent zu erklären und damit zu verhindern, dass Menschen sich von Gott lieben lassen.
Das Prinzip dahinter ist also: Man schweigt Gott tot.
Man erklärt Gott für nicht existent oder man sorgt dafür, dass er in unserem Land nicht mehr bekannt ist, und dann kann Gott natürlich in diesem Land auch niemanden mehr lieben.
Die Rachgierigen
Viele einfache Menschen sagen: „Wenn es Gott gäbe, dann hätte er dieses oder jenes verhindern müssen. Solange wie es X oder Y gibt auf der Welt, bezweifle ich die Existenz Gottes.“
Der Rachgierige ist der, der Gott die Schuld gibt an den Zuständen.
An seinem eigenen Schicksal, oder am Zustand der Welt.
Der Rachgierige sagt, wie die Schlange im Paradies, zu den Menschen: „Sollte Gott Euch etwa lieben? Guckt Euch doch um! Es gibt überhaupt keinen Gott, und damit gibt es niemanden, der euch liebt.“
Die Bedränger Gottes können Gott selbst natürlich nicht vernichten, aber sie können ihn aus der Menschheit rausdrängen, und ihn damit von dem einzigen Platz verdrängen, wo Gott im eigentlichen Sinn Gott ist.
Die Macht
Den Feinden Gottes soll jetzt also das Maul gestopft werden, und das geht natürlich nicht mit freundlichen Worten und mit demütigen Aufforderungen. Sondern das geht nur mit Macht.
Nun haben schon die Übersetzer der ersten griechischen Bibel, der Septuaginta, gedacht, dass aus dem Mund der Kinder und Säuglinge ja keine Macht entstehen kann.
Das sind ja die machtlosesten Menschen überhaupt.
Und weil dieses Wort, das da für „Macht“ steht, in gewissen Zusammenhängen auch „Lob“ heißen kann, darum haben die Übersetzer der Septuaginta hier „Lob“ hingeschrieben, weil ihnen „Macht“ unpassend erschien.
Und auch die Einheitsübersetzung ist diesem Gedanken gefolgt und hat dort „Lob“.
Da steht aber nun mal: „Die Grundmauern einer Festung gelegt“, also Macht gegründet. Das Fundament für Macht wird gelegt.
Also das, was aus dem Mund der Kinder und Säuglinge kommt, ist nicht die Macht selber. Es ist das Fundament der Macht. Die Macht baut dann darauf auf.
Und da der ganze Psalm über Macht geht und nicht über Lob und Preis und Anbetung und warme Worte, darum haben die Lutherbibel, die Elberfelder und die Schlachter hier schön brav „Macht“ stehen gelassen.
Denn darum geht es hier: Den Feinden Gottes das Maul zu stopfen. Mit Macht.
Die Methode
Das Ziel der Feinde Gottes ist: Gott totzuschweigen.
Das Mittel dagegen ist: Über Gott reden.
Denn man muss es so krass formulieren, weil es wahr ist: Gott existiert nur, wenn man über ihn erzählt.
Gott existiert nur, wenn über ihn gesprochen wird.
Jetzt könnte natürlich jemand sagen, dass Gott von Ewigkeit her ist und auch in Ewigkeit sein wird, und es gab ja, vereinfacht ausgedrückt, vor der Schöpfung eine lange Zeit, wo niemand über Gott geredet hat, einfach deshalb, weil niemand da war.
Und Gott hat ja trotzdem im Himmel existiert.
Das ist schon so, aber das ist nicht der Punkt, um den es Gott hier geht.
Das Wichtige für Gott ist, dass er auf der Erde existiert.
Dass er auf der Erde zur Kenntnis genommen wird.
Der nicht wahrnehmbare
Gott kann nicht wahrgenommen werden außer durch das Wort.
Außer, dass über ihn geredet wird.
Ein Baum kann auch wahrgenommen werden, ohne dass man über ihn redet.
Der steht ja schließlich da, man sieht ihn ja, und er macht das ganze Jahr über Dreck.
Aber Gott ist nicht sichtbar.
Wenn Gott jetzt also nicht reden würde, und wenn die Menschen nicht über Gott reden würden, weil sie vielleicht gar nichts über Gott wissen, dann könnte Gott alle Berge auf den Kopf stellen – also das sähe dann sehr komisch aus, die Spitze der Berge wäre unten und der Fuß des Berges wäre oben – dann hätten wir mehr Schatten auf der Welt – aber niemand würde verstehen, dass das jetzt Gott war und warum er das gemacht hat.
Wer an ein höheres Wesen glaubt, der würde sich jetzt denken, dass das wohl ein höheres Wesen war.
Wer an die Wissenschaft glaubt, findet eine naturwissenschaftliche Erklärung.
Gott könnte die größten Wunder tun, aber wenn nicht über Gott geredet wird, wenn also Gottes Handeln nicht erklärt wird, dann ist Gott in Wahrheit auf der Erde nicht existent.
Er ist nicht wahrnehmbar.
Man sieht die umgedrehten Berge oder irgendwelche anderen Wunder, und man fragt sich, woher das kommt und was das soll, aber ob das nun ein Gott war und wenn ja, was für einer, oder eben doch ein Knick in der Matrix, das weiß man nicht.
Gott hat sich so extrem an das Wort gebunden, dass Gott als nichtexistent betrachtet werden muss, wenn nicht mehr über ihn geredet wird.
Auch wenn Gott dann im Himmel natürlich nach wie vor existiert.
Und so war es am Anfang der Geschichte, als Gott es dem Abraham gesagt hat,
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und der Abraham hat es dem Isaak gesagt
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und der Isaak hat es dem Jakob gesagt
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und der Jakob hat es seinen 12 Söhnen gesagt
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und Mose hat es den Israeliten gesagt
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und die Israeliten haben es ihren Kindern gesagt
Ab Vers 4 – der Artikel mit den Hintergründen
Von Vers 4 bis zum Ende staunt der Psalm nun, weil Gott den Menschen ja ohnehin schon unglaublich groß gemacht hat.
Etwas niedriger als die Engel, das ist eine der höchsten Positionen, die es gibt.
Der Mensch ist letztlich zum Herrscher über alles bestimmt – es gibt auf diesem Internetauftritt im Lexikon unter „H“ einen Artikel über „die Herrschaft der Heiligen“.
Und diese Größe des Menschen steht im Vergleich zur Größe Gottes, der Mond und Sterne und Zubehör gemacht hat.
Und so einen vergleichsweise mickrigen Menschen hat Gott so groß gemacht!
Aber als wenn das noch nicht reichen würde, hat Gott seine gesamte irdische Existenz auch noch in die Hände der Menschen gelegt.
Wenn die Menschen über Gott reden, garantiert das die Existenz Gottes auf dieser Erde.
Wenn die Menschen Gott totschweigen, dann ist Gott auf der Erde tatsächlich tot.
Nebenbei erwähnt: Darum sagt Jesus einmal, wenn die Kinder schweigen würden, dann würden statt dessen die Steine schreien. Weil es nicht sein darf, dass niemand über Gott spricht. Denn Gottes irdische Existenz ist abhängig vom Wort.
Zusammenfassung
Der Autor war am Anfang erstaunt darüber, dass Gottes Name so herrlich ist auf der ganzen Erde.
Obwohl doch die Herrlichkeit Gottes nur im Himmel zu sehen ist.
Er stellt dann fest, dass das daran liegt, dass Menschen über Gott geredet haben und damit den Versuch von Gottes Feinden, Gott totzuschweigen, zunichte gemacht haben.
Und sodann staunt er darüber, dass Gott den Menschen in eine so hohe Stellung erhoben hat, dass die Existenz Gottes auf der Erde von den Menschen abhängig ist.
Und im letzten Vers jubelt der Autor: Es ist gelungen! Gottes Name ist tatsächlich so herrlich auf der ganzen Erde!