Psalm 42 und 43 - gegen die kleinen Lösungen
Die Psalmen 42 und 43 waren ursprünglich einer. Zu der Spaltung kam es, als jemand die Psalmen durchnummeriert hat. Und als er an diese Stelle kam, fand er, dass sich hier der Ton ja total ändert. Und ging darum davon aus, dass hier ein neuer Psalm beginnt.
Dass diese Psalmen zusammengehören, sieht man daran, dass Psalm 43 überhaupt keine Überschrift hat („Ein Lied von ….; vorzusingen nach der Melodie …“) und dass ein identischer Vers dreimal vorkommt und jedesmal das Ende einer Strophe markiert: 42,6+12+43,5.
Die Situation des Autors
Der Autor befindet sich im Bereich der Golan-Höhen, und zwar nicht freiwillig. Irgendwelche Kriminellen halten ihn da fest, und zwar mit der erklärten Absicht, den Autor am Betreten des Tempels in Jerusalem zu hindern.
Der Autor wollte sich aber unbedingt mit Gott treffen. Und das ging nur da, wo Gott seinen Namen niedergelegt hatte – also wo Gott wohnte.
Natürlich konnte der Autor auf den Golan-Höhen beten und Bibel lesen und Andachten hören und fromme Gedanken denken. Und Gott würde seine Gebete dort auch hören, und vielleicht würde er auch von der Botschaft der Bibel getroffen werden.
Aber das ist etwas anderes, als Gott persönlich zu treffen.
Und die Kriminellen wollten das verhindern und warteten nun gespannt darauf, ob Gott irgendwas machen würde, damit der Autor sich mit Gott im Tempel treffen kann. (Wobei sie natürlich sehr sicher sind, dass es Gott überhaupt nicht gibt.)
Erste Strophe
In der ersten Strophe jammert der Autor. Und tröstet sich mit Erinnerungen. Der Ton ist weinerlich. Der Autor versteht sich als Opfer und verhält sich auch so.
Zweite Strophe
In der zweiten Strophe fällt dem Autor ein, dass Gott ja vielleicht diese Kriminellen so ein ganz klein bisschen austricksen könnte. Gott wird seine Gnade (!) aufbieten, und in der Nacht ist dann ein Lied Gottes bei dem Autor, und er wird eine erfüllende Gebetsnacht haben.
Natürlich ist das nur eine kleine Lösung. Das ist mit einer echten Begegnung mit Gott im Tempel nicht zu vergleichen. Das ist nur eine Sparversion.
Aber der Autor kann doch im Dunkel der Nacht seinen Feinden die Zunge raustrecken und ganz leise, so dass sie es nicht hören, „Ätsch Bätsch!“ sagen.
Allerdings wird diese kleine Lösung nicht funktionieren. Denn der große Gott gibt sich niemals für kleine Lösungen her. Gott steht nicht für mittelmäßige Ergebnisse. Mittelmäßigkeit können wir selber, dafür brauchen wir Gott nicht.
Kleine Lösungen sind eines großen Gottes unwürdig. Die stehen ihm nicht. Das sieht dann aus, als wenn eine 150-kg-Frau das kleine Schwarze in Größe 38 trägt.
Außerdem braucht man für kleine Lösungen keinen Glauben. Im See schwimmen kann man ohne Glauben. Aber auf dem Wasser gehen, das braucht Glauben. Und Glauben ist für Gott in der Beziehung zu den Menschen das Wichtigste.
Der Ton der zweiten Strophe ist nach wie vor jammernd und weinerlich.
Dritte Strophe
Und darum arbeitet die dritte Strophe an der großen Lösung. Es kann doch wohl keine andere Lösung geben als dass der Autor im Tempel in Jerusalem auf Gott trifft. So sieht der Sieg eines großen Gottes aus!
Und der Autor winselt auch nicht mehr um Gnade, sondern er verlangt von Gott sein Recht. Und er definiert ganz genau, was er von Gott erwartet: Gottes Licht und Wahrheit sollen dem Autor helfen, den Tempel zu erreichen. Er wird selber gehen, weil Gott die Voraussetzungen schaffen wird.
Und er wird hinkommen!
Zusammenfassung
Wer das Große erreichen will, muss mit Gottes Größe rechnen. Und zwar wirklich. Wer sich wie ein Opfer fühlt oder verhält, wird mit Gott keine Freude haben.
Jesus ist gekommen, um zu siegen. Und nicht dazu, um scheibchenweise die Kräfteverhältnisse zu verschieben.
Die große Lösung ist immer die, die den Teufel am meisten ärgert.