Psalm 110 - wird es reichen?

Dieser Artikel erklärt den Psalm 110 aus der Sicht eines Menschen, der vor Jesus gelebt hat. Was erfährt der damalige Leser über den Messias, und was erfahren die heutigen Leser aus diesem Psalm über den Messias? 

Wenn der Messias kommt – wie sicher können wir sein, dass wir ihn überhaupt brauchen können?

Naja gut, besser als gar nichts wird er schon sein. Für irgendwas werden wir ihn schon brauchen können.

Aber reicht er aus, um unsere ganze Misere beheben zu können?

Erste Frage: Machtfülle

Die erste Frage wäre: Wieviel Macht hat dieser Messias? Hat er die Macht eines jüdischen Königs, oder die Macht eines babylonischen Königs, oder die Macht eines römischen Statthalters? Hat er die Macht eines Mafiosi, also eine unsichtbare Macht im Hintergrund, die nicht offiziell handeln kann?

1 Von David. Ein Psalm. Spruch des HERRN für meinen Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße!

Oh, er hat die Macht Gottes!

Nun gut, das muss nicht viel heißen, denn Gottes Macht war in der Vergangenheit schon sehr verborgen. Gott war zwar theoretisch ungeheuer mächtig, aber man hat nicht so viel davon gemerkt.

Zweite Frage: Wie mächtig ist er faktisch?

Die Frage ist zuerst einmal: Wie wird sich seine Macht für das Reich Gottes auswirken? Seit Salomo hatte das Reich Gottes ja nicht mehr viel Macht gehabt. Oder anders gesagt: Gott hat innerhalb seines Reiches so viele Feinde gehabt – u.a. Salomo selbst, der sich von Gott abgewandt hatte – dass Gottes Reich einfach keine Macht entfalten konnte.

2 Den Stab deiner Macht wird der HERR aus Zion ausstrecken. Herrsche inmitten deiner Feinde!

Die internen Feinde Gottes sind also abgestellt. Die sind zwar noch vorhanden, aber sie können nicht mehr herrschen. Herrschen tut in der Gemeinde jetzt der Messias.

Dritte Frage: Die Armee

Die dritte Frage beschäftigt sich mit dem Einzelkämpfer. Das war in Israel ja immer das Problem gewesen: Es gab schon ab und zu bemerkenswerte Propheten und gläubige Könige. Aber das Volk hat bei der Sache mit Gott nie mitgemacht. Könige und Propheten waren meistens Einzelkämpfer auf verlorenem Posten. Wie wird das dann sein?Psalm 110 Kurzversion

3 Dein Volk ist <voller> Willigkeit am Tage deiner Macht.

Der Messias muss offenbar nicht auch noch gegen sein eigenes Volk kämpfen. Zwischen dem Messias und seinem Volk herrscht so etwas wie Freundschaft, Solidarität, Loyalität. Die ziehen jetzt an einem Strang.

Vierte Frage: die Berechenbarkeit

Wir später Geborenen wissen ja schon, dass damals, als der neue König der Juden geboren wurde, nicht alle wirklich glücklich darüber waren. Herodes hat gleich mal ein Mordkommando hingeschickt.

Wieviel Anlauf wird die Geburt des Messias nehmen? Wie lang wird die Ankündigungsfrist sein? Können die Gegner sich ordentlich vorbereiten, und werden alle diejenigen, die eine Ausrede brauchen, um ihm nicht gehorchen zu müssen, werden die genügend Zeit haben, um sich eine Ausrede auszudenken?

(3) In heiliger Pracht, aus dem Schoß der Morgenröte habe ich dich wie Tau gezeugt.

Nein, berechenbar ist der nicht. Hätte man sich denken können. Denn der kommt ja von Gott, und Gott ist zu groß und zu mächtig und zu vielseitig, als dass er berechenbar wäre.

Bei dem Messias müssen sich unsere Probleme und unsere Schwierigkeiten auf ein paar Überraschungen gefasst machen. Und unser Widerwille auch.

Fünfte Frage: Das Problem mit Gott.

Nun haben wir ja nicht nur Probleme mit unseren Problemen. Auch nicht nur mit irgendwelchen Feinden und Gegnern. Es ist ja nicht allein so, dass das Verhältnis zwischen uns und den Russen gestört ist. Sondern auch das Verhältnis zwischen den Menschen und Gott ist ja gestört. Kann der Messias irgendwas tun, damit unsere Beziehung zu Gott wieder freundschaftlich wird?

4 Geschworen hat der HERR, und es wird ihn nicht gereuen: »Du bist Priester in Ewigkeit nach der Weise Melchisedeks!«

Dieser Priester kommt direkt von Gott. Damit wäre also das Problem mit den Leviten gelöst. Und hoffentlich auch das Problem mit der Korruption unter den Priestern. Unsere Beziehung zu Gott ist jetzt in besseren Händen, nein, sie ist sogar in den bestmöglichen Händen, und sie ist auch nicht mehr von der Existenz eines speziellen Gebäudes abhängig.

Gott setzt jetzt zwischen sich und uns einen Mittelsmann ein, mit dem das klappt.

Sechste Frage: Wie tolerant ist der Messias?

In Israel konnte man ja sehen, dass Gott das Böse immer sehr lange ertragen hat und sehr geduldig war und im Laufe der Jahre ziemlich viele Augen zugedrückt hat. Wird der Messias in diesem Stil weitermachen?

5 Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns.

6 Er wird richten unter den Nationen, er füllt <Täler> mit Leichen. Das Haupt über ein großes Land zerschmettert er.

Wenn er nur ein Haupt von nur einem großen Land zerschmettert, dann ist damit das einzige große Land gemeint, das den Freunden des Messias gefährlich werden könnte. Und das ist nicht Babylon und nicht China, sondern das Reich des Teufels.

Diese ganze Geschichte von Kreuzigung und Auferstehung ist nämlich eben auch ein Sieg über den Teufel. Der ist jetzt aus dem Himmel rausgeflogen, der hat nichts mehr zu melden. Es gibt eine Null-Toleranz-Politik gegen das Böse.

Siebte Frage: Hat er Durchhaltevermögen?

Die Geschichte Israels war ja eine Geschichte von Auf und Ab, von Reichtum und von ziemlich viel Durststrecke. Wie wird das werden, wenn der Messias da ist?

7 Auf dem Weg wird er trinken aus dem Bach, darum wird er das Haupt erheben.

Er wird nicht aus einem Bach trinken, sondern aus dem Bach. Da es nicht viele besondere Bäche im Alten Testament gibt, haben wir wenig Auswahl, welcher Bach es wohl ist, und ich tippe mal auf den Bach Krit, an dem Elia so lange saß und Besuch von den Raben bekam.

Und weil dieser Platz am Bach von Gott war, will uns der Vers 7 sagen, dass der Messias von Gott ernährt wird, von Gott erfrischt wird, und dass der darum als Sieger durchhalten wird bis zum Ende. Es wird für ihn keine Durststrecke geben. Er wird allezeit alle Kraft der Welt haben.

Zusammenfassung

In diesem Psalm steht mal wieder gar nichts von der Liebe Gottes.

Weil das nämlich auch nicht die Frage war.

Sondern die Frage war: Kann Gott seine Liebe auch durchsetzen? Hat der Messias, wenn er kommt, soviel Macht, dass niemand mehr die Liebe Gottes verhindern kann?

Ja, sagt der Psalm, er hat.