Hosea 3 – karge Diät

Heute also mal ein Gleichnis.

Aber nicht eins, das erzählt wird. Sondern eins, das vorgespielt wird. Dargestellt.

Hosea soll mal wieder heiraten. Dieses Mal eine Frau, deren hervorstechendes Merkmal offenbar Untreue ist. Das ist also keine Frau, die ein Mann gerne nimmt. Weil ja vorauszusehen ist, wie die Sache sich entwickeln wird.

Und Traubenkuchen ist der Christstollen des Vorderen Orients. Während es den Christstollen bei uns nur an Weihnachten gibt und niemals im Juli, so gab es den Traubenkuchen im Orient nur bei hohen Feierlichkeiten für den Gott Baal.

Hosea 3,1–5

1Und der HERR sprach zu mir: Geh noch einmal, liebe eine Frau, die sich von einem anderen lieben lässt und Ehebruch treibt, wie der HERR die Söhne Israel liebt, die sich aber anderen Göttern zuwenden und Traubenkuchen lieben.

Jetzt kauft sich also Hosea so eine Frau. Er muss dafür den Brautpreis bezahlen, wobei nicht klar ist, wer die Bezahlung kriegt: Vielleicht ist es die Ablösesumme an den, zu dem sie bisher offiziell gehörte.

Da die Frau offensichtlich nicht viel wert war, ist der Betrag auch gering: Insgesamt kommt man auf etwa 30 Silberschekel, das ist der Preis für eine Sklavin. Das ist auch der Betrag, den Judas für den Verrat von Jesus bekam.

Die Hälfte des Betrages wurde in Geld bezahlt, die andere Hälfte in Naturalien.

2Da kaufte ich sie mir für fünfzehn Silberschekel und einen Homer Gerste und einen Letech Gerste.

Das besondere gleichnishafte ist jetzt, dass die Frau zu sehr langer Keuschheit verurteilt wird: Kein Sex mit Hosea, obwohl er offiziell ihr Mann ist, und auch kein Sex außerhalb der Ehe, und eine Scheidung ist auch nicht erlaubt.

3Und ich sagte zu ihr: Viele Tage sollst du bei mir bleiben, du sollst nicht huren und keinem Mann gehören; und auch ich verhalte mich dir gegenüber so.

Die Anwendung.

Das Gleichnis als solches ist zu Ende. Jetzt kommt die Anwendung.

Die Anwendung besteht in der Ansage, dass die Israeliten (wir sprechen hier vom Nordreich) alles verlieren werden, was ihre religiöse Identität ausmacht. Und da es zu damaliger Zeit keine Volksidentität gab, die nicht religiös war, nimmt Gott ihnen also ihre gesamte Identität, denn er nimmt ihnen sowohl Staat als auch Religion.

4Denn die Söhne Israel bleiben viele Tage ohne König und ohne Oberste, ohne Schlachtopfer und ohne Gedenkstein und ohne Efod und Terafim.

Israel wird keine König mehr haben, denn Jerobeam und Ahab und Isebel haben ihre königliche Macht nicht für Gott eingesetzt, sondern gegen ihn. Das wird Gott jetzt abstellen.

Israel wird keine Oberste mehr haben. Das sind die Leute, die zuständig waren für die Gerichtsbarkeit. Sie mussten entscheiden, was richtig ist und was falsch. Sie sollten Recht sprechen. Spätestens seit Naboths Weinberg wissen wir, dass sie dieser Aufgabe nicht gewachsen waren. Und Gott wird dieses ungerechte Vorgehen abstellen.

Damit hat das Volk, das ja eigentlich als Einheit aus Ägypten herausgeführt wurde, nichts mehr, das seine Einheit schützt. Ein gelobtes Land ist nicht viel wert, wenn es von Assyrern oder Babyloniern regiert wird.

Sodann wird Israel keine Schlachtopfer mehr haben. Und damit auch keine Vergebung. Mit der Vergebung hat man aber ohnehin nur Schindluder getrieben, und sie funktioniert ja auch nur, wenn man so etwas wie ein reines Herz hat. Es kann einem Menschen ja nicht zwangsweise vergeben werden.

Mit den Schlachtopfern verschwindet aber auch der höchste religiöse Akt. Das ist so, wie wenn man bei uns Weihnachten verbieten würde.

Die Gedenksteine waren diese Monolithen, die Abraham aufgestellt hat und Jakob und Mose am Jordan und so weiter. Sie sagten: Wir haben eine Geschichte, eine Tradition. Wir sind seit Jahrhunderten im Land verwurzelt.

Aber das Land war von Gott, und die Gedenksteine wurden jetzt benutzt, um mit ihnen andere Götter anzubeten. Also nimmt Gott den Israeliten die Gedenksteine und damit ihre Geschichte und ihre Verwurzelung.

Das Ephod sollte eigentlich benutzt werden, um Gott zu befragen. Dafür hatte Gott es den Israeliten gegeben. Aber man ließ das Ephod immer genau das erzählen, was man selber gerade sagen wollte. Darum nahm Gott es den Israeliten weg.

Die Terafim waren das Einzige, was das Volk nicht von Gott hatte. Das waren nämlich Götzenbilder – bei Ihrem letzten Besuch auf den Osterinseln haben Sie sicherlich solche gesehen. Rahel hat mal einen Terafim versteckt, indem sie sich draufgesetzt hat, und Michal hat mal einen ins Bett gelegt und gesagt, es sei der kranke David (1.Sam 19,13).

Auch diese Götzenbilder werden aus dem Leben der Israeliten verschwinden. Wenn man nämlich fliehen muss, nimmt man die schweren Dinger nicht mit.

Gott nimmt den Israeliten nicht das Geld und nicht ihre Kinder. Aber die meisten Menschen können nur von materiellen Gütern nicht leben. Die Israeliten bekommen also in gewisser Hinsicht ein existentielles Problem. Sie haben Geld, sie haben Familie, aber sonst haben sie nichts.

Was Gott ihnen lässt

Nun geht es in dem Gleichnis ja darum, dass Hosea eine Frau lieben soll, und dass sie nicht weggehen und nicht fremdgehen darf.

So liebt Gott auch die Leute, die er berufen hat.

Und er nimmt ihnen nicht alles weg, so dass sie gar nicht mehr leben können.

Sondern etwas Zentrales lässt er ihnen:

5Danach werden die Söhne Israel umkehren und den HERRN, ihren Gott, suchen und David, ihren König. Und sie werden sich bebend zum HERRN wenden und zu seiner Güte am Ende der Tage.

Was Gott den Israeliten lässt, ist die Hoffnung.

Natürlich gilt diese Hoffnung nur den Gläubigen, die über die Zustände traurig sind und die hoffen, dass das mit Gott irgendwie wieder in Ordnung kommt. (Für Ahab und Isebel wäre die Hinwendung zu Gott keine positive Erwartung.)

Und Gott nennt keinen Termin. Und auch kein Zeichen am Himmel. Dann hätte man wieder etwas, das man für irgendwelche Berechnungen missbrauchen könnte.

Aber Gott sagt, dass es nicht falsch ist, dabei zu bleiben.

Man sollte nicht aussteigen. Denn die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Und wer das Ende miterleben will, der muss dabei bleiben.

Da kommt noch was. Das, was kommt, ist nicht genau definiert, und man weiß nicht, ob es rot oder blau ist. Aber Gott ist noch nicht fertig, der hat noch was vor. Es gibt ein Ziel und vermutlich vorher noch jede Menge Zwischenziele.

Die Israeliten werden von Gott geliebt. Sie werden lange Zeit von dieser Liebe nicht sehr viel haben. Das haben sie nicht anders gewollt. Aber eines Tages wird die Liebe zu Gott sich wieder lohnen. Und diesen Moment sollte man nicht verpassen.

Der Umgang

Wenn Gott mit seinen Menschen umgeht, dann nimmt er diesen Menschen manchmal Dinge, welche diese Menschen für ungeheuer wichtig hielten. Oft besteht das Problem darin, dass die Menschen diese Dinge für wichtiger nehmen als Gott.

Der unpraktische Gott wird ersetzt durch eine praktische Bibel, durch eine gefällige Liturgie oder herzerwärmende religiöse Übungen wie Wallfahrten oder Kerzen anzünden.

Alle diese Dinge, die Gott ersetzen sollen, kann Gott den Gläubigen wegnehmen.

Was er ihnen aber niemals wegnehmen wird, ist die Hoffnung.

In 1. Korinther 13,13 heißt es

13Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;

Hoffnungslosigkeit ist wahrscheinlich einer der schlimmsten Zustände, in die Menschen geraten können. Vor allem, wenn es dauerhafte, andauernde Hoffnungslosigkeit ist.

Und so etwas wird Gott seinen Menschen niemals antun. Selbst wenn sie es verdient hätten.

Hosea erzählt hier also eine Geschichte der Hoffnung.

Hosea erzählt, dass Gott seinen Leuten niemals die Hoffnung wegnehmen wird.

Sondern im Gegenteil: Gott gibt Hoffnung. Gott gibt Anlass zur Hoffnung.

Und Hosea erzählt diese Geschichte nicht in den luftleeren Raum.

Er erzählt sie uns.