Jesaja 61,5+6 zielgerichtete Sogwirkung
An dem Tag, wo der Erlöser kommt, werden die Karten neu gemischt.
Solange Israel im eigenen Land lebte, war nur eine bestimmte privilegierte Schicht Priester.
Und die hatten eine ziemliche Macht. Die waren dem König gleichgestellt.
Die entschieden, wer Aussatz hat und wer nicht, und die konnten dem König in religiösen Dingen Befehle erteilen.
Dann kam die babylonische Gefangenschaft, und da war niemand mehr Priester.
Weil es keinen Tempel mehr gab.
Weil es keine Arbeit mehr für die Priester gab.
Aber wenn der Erlöser kommt, dann werden alle Gläubigen Priester sein.
Da geht das dann von Null auf hundert.
Dann werden alle Gläubigen die Macht haben.
Dann werden die Gläubigen die Elite sein.
Hohe Stellung
Das war schon im alten Israel so, dass sich die Priester, während sie am Tempel dienten, nicht mit Geld verdienen zu beschäftigen brauchten.
Folglich konnte man erwarten, dass wenn der Erlöser käme …
Jesus hat das ja auch so gesagt: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, dann wird euch das andere hinzugefügt werden.
Also wenn ihr euch um das eine kümmert, kümmert sich der Rest um den Rest.
Hier bei Jesaja ist die gleiche Tatsache in das Bild gepackt, dass die Ungläubigen sich darum kümmern werden.
Paulus hat „alles ist euer“ daraus gemacht.
Die Aussage, die hinter dem allen steht, ist: Es gibt Wichtiges und weniger Wichtiges.
Und wichtig ist alles das, was direkt mit Gott zu tun hat.
Also das Priesterliche.
Und ja: man muss noch essen und trinken und heizen, und das Dach sollte dicht sein.
Aber wenn man das Wichtige tut, dann tut sich das weniger Wichtige von alleine.
Sorgt euch nicht, hat Jesus gesagt, denn Gott sorgt für euch.
Die Entmächtigung des Teufels
In dem Moment, wo dem Teufel die Macht genommen ist, kann er natürlich auch seinen bisherigen Besitz nicht mehr festhalten.
Bis der Erlöser kam, stand alles irdische unter dem Einfluss des Teufels.
Jener war halt der Fürst dieser Welt, und damit auch Fürst aller Inhalte dieser Welt.
Aber seitdem Jesus alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden, da kann Jesus dem Teufel dessen Sachen wegnehmen und sie den Gläubigen geben.
Man könnte natürlich fragen: Warum sollte er das tun?
Und bestimmt findet sich jemand, der sehr christlich antwortet: „Weil Jesus die Gemeinde liebt.“
Das stimmt wohl.
Aber der wahre Grund ist:
Wohin sollten die Reichtümer der Könige und der Nationen denn sonst gehen?
Es gibt nur ein Ziel der Weltgeschichte.
Es gibt diesen einen einzigen Punkt, auf den die ganze Weltgeschichte hinläuft.
Und dieser Punkt ist das Reich Gottes, ist die Gemeinde in Vollendung.
Das ist auch der Grund, warum Paulus darauf besteht, dass alles, was auf der Welt passiert, zu unserem Vorteil sein muss.
Weil eben alles auf diesen einen Punkt zusteuert.
Und alle die, die mit ihrem Leben ebenfalls auf diesen Punkt zusteuern, werden von diesem Sog zu dem einen Ziel profitieren.
Und alle anderen, die eigentlich völlig anderen Zielen dienen wollen, müssen, ob sie wollen oder nicht, eben doch dem einen Ziel dienen.
Die gute Nachricht
Zusammenfassend wäre die gute Nachricht dann, dass das Reich Gottes wirklich unaufhaltsam auf der Zielgeraden ist.
Die Offenbarung am Ende der Bibel macht das in ihrer Erzähllinie so unverkennbar deutlich.
Alles, was für Gott arbeitet, ist unaufhaltsam.
Dem Glaubenden ist alles möglich, hat Jesus gesagt.
Weil er an Gottes Ziel mitarbeitet.
Und weil er an dem einzigen Ziel dieser Welt mitarbeitet, das jemals in Vollendung erreicht werden wird.
Für Priester Gottes sind die Aussichten also phänomenal.
Praktische Forderung
Sollte man hieraus eine praktische Forderung ziehen wollen, dann wäre es logischerweise die nach mehr priesterlichem Leben.
Denn zum einen wird die Priesterlichkeit hier als das Größte und Beste dargestellt, und es ist dann nicht einsehbar, warum man sich mit etwas minderwertigerem begnügen sollte.
Zum zweiten stellt Jesaja hier einen Zusammenhang zwischen dem Wiederaufbau des Verödeten und dem allgemeinen Priestertum her. Die Dinge bedingen sich. Die Anzahl der Priester korreliert mit dem Erfolg des Wiederaufbaus.
Den Begriff „Priestertum aller Gläubigen“ kennen wir seit Luther. Der Begriff macht aber nicht viel Sinn, wenn er nur eine Möglichkeit beschreibt. Er stimmt dann auch nicht dem überein, was Jesaja beschreibt.
Jesaja beschreibt nicht die Möglichkeit des allgemeinen Priestertums, sondern die Tatsache.
Und die Priester waren nicht das lächelnde Gesicht des Judentums und nicht dessen Sozialamt. Kuchenbacken und Warmherzigkeit sind wunderbar, haben aber keine Beziehung zur Priesterlichkeit.
Sondern die Priester waren die, die am nächsten an Gott dran waren.
Die Priester waren die, die in Kontakt mit Gott standen und deshalb den anderen eine Beziehung zu Gott vermitteln konnten.
Die Priester waren die, die ihre Bibel kannten. Sie waren zuständig dafür, anderen den Willen Gottes zu erklären.
Die Priester waren die, die heilig waren.
Das ist das Gegenteil von weltlich.
Falls also jemand eine Forderung ableiten wollte aus diesen Versen, dann wäre das nicht mehr lächeln und mehr spenden, sondern mehr Gott.