Jesaja 23,17+18 – endlose Ungerechtigkeit
Wenn Sie sich ein bisschen auskennen, werden Sie gemerkt haben, dass Sie hier im Kapitel 23 etwas ähnliches wie die Hure Babylon vor sich haben.
Auch hier klagen die Kaufleute und die Seeleute (Vers 2-4), und auch die Könige klagen (Vers 8), denn der Kostbarkeiten von Tyrus und der Handel haben die Königshäuser aufrecht gehalten.
Und Gott macht der Stadt und ihren Handlungen jetzt erst einmal ein Ende.
Die Stadt wird einfach zerstört, der Hafen unbrauchbar gemacht.
Einmal für alle sichtbar gemacht: Gott kann das, und Gott will das.
(Darum wird das hier angekündigt. Hinterher kann jeder sagen, hier sei nur passiert, was er ohnehin gewollt habe. Gottes Propheten sind aber dafür da, vorher zu sagen, was hinterher passieren wird. Damit man weiß, dass hier tatsächlich Gott am Werk war.)
Gott verurteilt Tyrus und Sidon (kommt in Vers 12 vor), und er führt das Urteil auch durch.
Ja, ich weiß schon: Gott ist undemokratisch und führt keinen Rechtsstaat. Er ist Legislative, Exekutive und Jurisdiktion in einer Person. Damit müssen Sie leben. Anders kriegen Sie Gott nicht.
Nach dem Urteil
Nachdem Gott nun also gezeigt hat, dass er die Dinge beurteilt und bewertet und tatsächlich Macht und Willen hat, das Böse zu unterbinden, lässt er das Böse wieder von der Leine.
Die Stadt Tyrus bleibt nicht ewig zerstört.
Nach 70 Jahren können die wieder anfangen und genau das Gleiche machen wie vorher.
Und bitte beachten Sie, dass die 70 hier sowohl eine berechenbare Zahl ist (10 x 7 oder 14 x 5) als auch eine symbolische Zahl (die Zahl der Fülle Gottes – 7 - mal die Zahl der Menge – 10).
Wenn also nach etwa 70 berechenbaren Jahren das persische Weltreich die Macht in der Region übernimmt, wird Tyrus wieder Schiffe bauen und Handel treiben können. (Es musste dann allerdings auch Schiffe für die Perser und ihre Armeen bauen.)
Im Grunde genommen geht alles wieder von vorne los. Die Ungerechtigkeit oder das Böse bekommen ihre Macht zurück.
Nicht ganz.
Aber doch so, dass Sie sich das in der Tagesschau jeden Tag anschauen können.
Die Verwurstellung des Gerichts
Nun war Tyrus ja nicht von Gott verurteilt worden, weil es Handel mit Griechenland führte.
Wenn die Gottlosen mit den Götzendienern Handel führen, ist das für Gott egal. Gott mischt sich nicht ein, wenn seine Feinde sich gegenseitig über den Tisch ziehen.
Sondern die Schuld von Tyrus war, dass es mit Geld und Gold die Gläubigen von Gott wegbrachte.
Die Botschaft war: Werdet reich, dann braucht ihr keinen Gott mehr.
Kauft euch Sicherheit, dann müsst ihr euch nicht mehr auf Gottes angebliche Sicherheit verlassen.
Ganz krass sieht man das immer dann, wenn die Könige von Israel und Juda versucht haben, sich den Schutz ihres Landes durch immense Zahlungen an irgendwelche starken Könige zu erkaufen. Dabei hätten sie sich für den Schutz ihres Landes nur an Gott wenden müssen.
Die Könige stehen dabei stellvertretend für all die anderen Israeliten. Sie sind die Spitze des Eisberges. Das Elend, dass man die Herrlichkeit Gottes durch die Herrlichkeit von Pomp und Pracht ersetzen wollte, war kein rein aristokratisches Problem.
Die Veränderung
Bisher hatte Tyrus mit seinem Reichtum den Gläubigen geschadet, und das Gericht war die Zerstörung der Stadt.
Aber wenn die 70 Jahre auch in ihrer symbolischen Bedeutung um sind – wenn also die Fülle Gottes angebrochen ist – dann darf der Reichtum der Reichen den Gläubigen nicht mehr schaden, sondern er muss ihnen nutzen.
Das Gericht über das Böse ist dann nicht mehr, dass das Böse einfach plattgemacht wird.
Sondern das Gericht besteht nun daraus, dass das Böse nicht verhindern kann, dass es den Gläubigen dient.
Und zwar nicht nur ein bisschen. Sondern so, dass die sich prächtig kleiden können.
Und falls Sie das an die Lilien auf dem Feld erinnert – dann liegen Sie richtig.
Auch die Bemerkung des Paulus, dass alles zum Vorteil der Gläubigen geschehen muss, gehört in diesen Zusammenhang.
Die endlose Ungerechtigkeit
Natürlich mögen die christlichen Humanisten so etwas nicht hören.
Denn das heißt, dass die Ungerechtigkeit niemals abgeschafft wird.
Außer natürlich irgendwann mal im Himmel.
Aber auf der Erde werden wir kein Friedensreich bekommen. Das Theater wird immer so weiter gehen. Manche Bibelstellen legen sogar den Schluss nahe, dass es tendenziell immer schlimmer wird.
Die Sache hat natürlich eine innere Logik:
Wenn weltweite Gerechtigkeit herrscht, brauchen wir keinen Gott mehr.
Das „Reich Gottes“ in unserem heutigen Sinn wäre völlig überflüssig, weil die Eigenschaften des Reiches Gottes ja schon im Reich der Welt verwirklicht wären.
(Da auch Krankheiten und Behinderungen ungerecht verteilt sind, müssen Sie sich diese ebenfalls aus der Welt wegdenken.)
Gott wäre völlig überflüssig, weil der Sieg über das Böse ( = die Ungerechtigkeit, die Ausbeutung, die Geldgier) schon weltweit geschehen wäre.
Die sogenannten Christen
Und dann gibt es eben die „Christen“, die vor Mitgefühl für die Ausgebeuteten der Welt zerfließen und im Gottesdienst zu Gott beten, er möge gegen diese Ungerechtigkeiten vorgehen.
Das ist dann aber eindeutig deren Wille.
Nicht Gottes Wille.
Es ist nun mal nicht Gottes Absicht, den Gottlosen die Folgen der Gottlosigkeit zu ersparen.
Auch dann nicht, wenn die Gottlosen arm und elend und hungrig und Flüchtlinge sind.
Gott schaut nun einmal nicht die Person an. Und wenn ein Armer gottlos ist, dann ist das verzeihlich, aber wenn ein Mächtiger gottlos ist, dann droht ihm das Gericht.
Das Böse ist besiegt für die Gläubigen. Nicht für die Ungläubigen. Egal wie lieb die sind.
Der Gewinn von Tyrus wird für die sein, die vor dem Herrn wohnen, sagt Vers 18.
Die Ungerechtigkeit ist machtlos gegenüber denen, die Gott als Herrn haben. Denn Gott ist der einzige Herr, der vor der Ungerechtigkeit und der Ausbeutung schützen kann.
Wenn Sie einen anderen Herrn haben – egal wie humanistisch und demokratisch Sie eingestellt sind – dann haben Sie Pech gehabt.
Und daran wird sich bis zur endgültigen Wiederkunft Jesu nichts ändern.