Jeremia 33,3 das unauffindbare Unvorstellbare
Das ist ja schon eine zünftige Ansage, die Gott da macht.
Dass er dem Jeremia „Großes und Unfassbares“ mitteilen will, von dem der Jeremia noch keine Ahnung hat.
Und dann liest man weiter und wartet auf das Große und Unfassbare.
Aber dann kommt nur, dass Jerusalem und das Umland wieder aufgebaut werden.
Was wir aber schon wussten.
Und was jetzt auch nicht soooooo besonders ist, denn dass im Laufe der Geschichte Städte zerstört werden und später wieder aufgebaut werden, das ist ja leider das Übliche.
Des Weiteren kann man lesen, dass David einen Nachfolger haben wird, der ihn möglicherweise noch überragt.
Das haben wir bei den Propheten aber auch schon mehrfach gehört.
Und dass Gott die Sünden seines Volkes vergeben will, ist ebenfalls Standardrepertoire der Propheten.
Was ist das Große und Unfassbare?
Um das Große und Unfassbare in dieser Ankündigung Gottes zu erkennen, muss man den Text bis Vers 9 nicht nur lesen, sondern man muss auch versuchen, sich das vorzustellen, was da steht.
Sonst geht die Idee des Textes nämlich in altbekannten Formulierungen unter.
Und wenn man sich die bis Vers 9 beschriebenen Zustände vorstellt, kommt man bald drauf, dass hier etwas beschrieben wird, das es noch nie gegeben hat.
Darum erzittern in Vers 9 auch die Nationen, weil hier etwas völlig Einmaliges geschieht.
Etwas noch nie dagewesenes.
Und diese Einmaligkeit macht uns so große Probleme, denn es gibt keinen Vergleichspunkt.
Man kann nicht sagen „so wie damals“. (Auch wenn Vers 7 so etwas sagt, weil „besser als damals“ den Punkt nicht treffen würde.)
Denn es geht gar nicht um die Wiederherstellung alter Verhältnisse, sondern um die Herstellung völlig neuer, noch nie dagewesener Verhältnisse.
Auch wenn diese neuen Verhältnisse hier immer wieder unter Benutzung der alten Begriffe beschrieben werden, weil es eben keinerlei andere Vergleichsmöglichkeiten gibt.
Das Zittern der Nationen
Die Nationen werden in Vers 9 nicht zittern und beben, weil Israel ein Wohlfahrtsstaat nach schwedischem Muster wird.
Die Völker werden nicht fassungslos sein, weil die Straßen mit Gold gepflastert sind und jeder Einwohner ein Recht auf eine gebratene Gans pro Tag hat.
Es geht nicht darum, dass ein Land von unermesslichem Reichtum aufgebaut wird oder ein Staat mit luxuriöser Versorgung.
Die Heilung, die in Vers 6 angesprochen ist, wird keine äußerliche sein, sondern eine innerliche.
So etwas gab es aber bis dahin noch nicht.
Die Opfer im Tempels des alten Bundes versuchten zwar schon, die Beziehung mit Gott soweit zu „heilen“, damit man wenigstens nebeneinander im gleichen Land leben konnte: Die Menschen auf der Scholle, Gott im Tempel.
Aber dass diese Art der „Heilung“ nicht funktioniert hat, war zu Zeiten Jeremias längst glasklar offenbar.
Was also geheilt werden soll, ist …
Naja, eben das ist die Schwierigkeit.
Man könnte sagen: Das Herz des Menschen soll geheilt werden. Das wäre aber bei weitem nicht genug. Dass der Mensch besser wird, gehört sicher dazu, aber solche Versuche zur Verbesserung der Menschheit kennen wir von vielen Philosophen und Religionsgründern, und auch, wenn das gut ist: Das allein ist nicht die Lösung.
Man könnte sagen: Die Beziehung zwischen Gott und Mensch wird geheilt. Das ist zweifellos wahr, aber dass zwischen Menschen und Gott kein Gegeneinander mehr entsteht, ist hier noch nicht einmal die halbe Miete.
Vielleicht kann man es so sagen: Es wird eine nie dagewesene Einheit geben zwischen Gott und Mensch. Mit der Folge, dass die Eigenschaften Gottes, die Motive Gottes und die Besitztümer Gottes mit auf den Menschen übergehen.
Gott und Mensch werden auf eine Art und Weise Personalunion, wie es in der ganzen Welt bis dahin nicht bekannt war. Wie Jeremia und ich es schon weiter oben beschrieben haben: Etwas nie dagewesenes.
Was Jeremia verstanden hat
Natürlich hat Jeremia das alles nicht verstanden.
Darum hat er es ja so aufgeschrieben, wie er es aufgeschrieben hat: Im Rahmen seines Weltbildes, im Rahmen seines Erfahrungsschatzes.
Aber andererseits war das natürlich seine Aufgabe als Prophet: Gelegentlich auch einmal etwas zu erfahren und aufzuschreiben, von dem erst nachfolgende Generationen, nachdem das Vorhergesagte eingetreten ist, sagen werden: „Hoppala, das war gemeint! Das ist das, was wir jetzt haben!“
Jeremia ist also entschuldigt. Der konnte es noch nicht verstehen.
Das Traurige ist, dass die heutigen Gläubigen die Größe dessen, was da passiert ist, ebenfalls auf breiter Front nicht verstanden haben.
Obwohl sie das ganze Neue Testament haben und weit mehr Altes Testament, als Jeremia damals hatte.
Und darum zittern und erbeben heute die Nationen auch nur sehr begrenzt.
Weil das, was Gott dem Jeremia angekündigt hat, zwar theoretisch wahr ist, aber praktisch kaum in Anspruch genommen und umgesetzt wird.
Die Personalunion von Mensch und Gott, die wir meistens über den Heiligen Geist beschreiben, ist auch unter Christen kaum bekannt und darum kaum verwirklicht.
(Manche Pfingstgemeinden denken, wenn sie ordentlich in fremden Sprachen reden, dann setzen sie diese Personalunion um. LoL!)
Womit wir da sind, wo die Katze sich in den Schwanz beißt:
Die ganze Sache ist so unvorstellbar und so jenseits selbst der kühnsten Phantasie, dass die meisten Christen keinerlei Zugang zu den exorbitanten Möglichkeiten haben, die sich hier böten. Sie verstehen es nicht, weil es so jenseits ihrer Erfahrungswelt ist, ja, weil es so weit entfernt von der Erfahrungswelt von 99,9% der Menschheit ist. Und so weit weg von jeder Vorstellung der Medienschaffenden. Weshalb es medial nicht vorkommt.
Und dummerweise: Selbst wenn man es selbst erfahren hat, bleibt es unbeschreiblich.
Auch wenn man das gerochen hat, was Jeremia nur gehört hat, hilft das den anderen Christen kaum weiter, weil man es nicht brauchbar beschreiben kann.
Das Problem der Umsetzung
Weil die ganze Sache, die Gott hier dem Jeremia erzählen will, so unbeschreiblich ist, darum bleibt letztlich nur die eigene Erfahrung.
Denn die Beschreibungen der anderen, wie das denn ist, wenn diese Personalunion zwischen Gott und Mensch in Kraft tritt, sind eben nicht verständlich. Weil das, was der Andere erlebt hat, mit nichts vergleichbar ist, was man sonst in der Welt erleben kann.
Es gibt letztlich keine passenden Worte für das Erleben des Christus in mir.
Es bleibt also nur: Ausprobieren.
Und immer wieder Bibel lesen, um weniger die Grenzen, sondern vielmehr die Möglichkeiten auszuloten.
Um Stück für Stück zu erkennen, was Gott so alles vorgesehen hat für die Zeit, die mit Jesus angebrochen ist.
Und immer wieder mit Gott reden, weil nur Gott einem diese Möglichkeiten klar machen kann.
Und ja, es ist so: Egal wie alt man wird, man wird am Ende die Fülle nicht in Fülle erlebt haben.
Weil die Fülle zu groß, zu umfangreich ist.
Aber man wäre doch blöd, wenn man es nicht probieren würde.