Jeremia 31,15-17 hör auf zu heulen, Rahel!
Ich arbeite für eine untergehende Gemeinde.
In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hatte diese Gemeinde 50 feste Mitglieder, Anfang 2021 waren es 12.
In den 90er Jahren waren alle Generationen vertreten, 2021 ist es im Großen und Ganzen ein Seniorenclub.
Die Erweckung, die in den vergangenen 30 Jahren über die freien Gemeinden weltweit hinweggegangen ist, ist an meiner Gemeinde spurlos vorübergegangen.
Warum das so ist, ist deutlich und klar, wird aber hier jetzt nicht diskutiert, weil das nicht Gottes Thema mit dieser Bibelstelle ist.
Warum arbeite ich eigentlich immer noch für diese Gemeinde, für die nach jeder vernünftigen menschlichen Betrachtung keine Hoffnung und keine Zukunft besteht?
Weil Gott es gesagt hat.
Gott hat mir gesagt, ich soll hier bleiben, und ich werde erfolgreich sein.
Ist lange her, dass Gott das zum ersten Mal gesagt hat, aber er hat es immer mal wieder wiederholt.
Das Wirrwarr
Nun war ich im ersten Quartal 2021 in einige Dinge verstrickt, die mit der Gemeinde gar nichts zu tun hatten.
Und ja, ich war verstrickt.
Richtig gefangen. Gefesselt. Verloren im Wirrwarr.
Und in dieser Zeit fragte ich Gott, wie ich es sehr oft mache, was ich in der Bibel lesen soll. Weil ich nämlich wissen will, was Gott mir sagen will.
Und anstatt dass Gott mir sagte, was ich bezüglich des Wirrwarrs machen sollte, erzählte er mir diese Bibelstelle, die eindeutig etwas mit der Gemeinde zu tun hat, nicht mit dem Wirrwarr.
Denn meine Lebensaufgabe ist Gemeinde, nicht das Entknoten weltlichen Wirrwarrs.
Rahel heult 2021
Rahel weint also um ihre Kinder.
Rahel ist aber seit 1000 Jahren tot.
Sie war die Urahnin von Benjamin, Ephraim und Manasse, den zentralen Stämmen des Nordreiches. Die Einwohner des Nordreiches sind aber schon vor 150 Jahren deportiert worden und in der Deportation verloren gegangen, es besteht folglich rein menschlich keine Hoffnung mehr auf ihre Rückkehr.
Und Rahels Leistung ist begrenzt. Sie weint und klagt. (Hier übrigens in Rama, an der Grenze zu Juda, damit man es dort hören kann.)
Trotzdem heißt es, es werde Lohn geben für ihre Mühe. Ihre Kinder werden wieder zurückkommen, gegen jede menschliche Vernunft. Sie werden sogar aus dem Land des Feindes zurückkommen, was etwas anderes ist, als wenn sie aus irgendeinem neutralen Land zurückkämen.
Rahel kann aufhören zu heulen
Ich kann für die Entwicklung oder „Erweckung“ meiner Gemeinde nicht viel tun.
Auch wenn es sicher Leute geben wird, die sagen werden, ich sei Schuld an der ganzen Misere, schließlich arbeite ich seit über 30 Jahren für diese Gemeinde, also ist der jetzige Zustand Ergebnis meiner Arbeit. Und so wie ich den Karren an die Wand gefahren hätte, sollte ich ihn jetzt auch wieder flott machen.
Aber in Wahrheit habe ich keinen Einfluss auf Herz, Verstand und Willen der letzten 12 verbliebenen Gläubigen. Die sind alle recht alt, die haben alle ein – altersgemäßes – eingefahrenes Denken.
Aber ich kann nach wie vor mein Bestes geben. Mein Bestes mag nicht viel sein, weil es eben nur mein Bestes ist und nicht das von Elon Musk. Aber Rahel hat auch nur geweint und geklagt. Mehr konnte sie nicht machen.
Und ich kann Beten. Für die Einzelnen, für die Gemeinschaft. Und auch hier: bestens. Nicht für die Gesundheit dieser Leute oder das Gelingen ihrer Vorhaben. Sondern für ihren Glauben. Wir wollen Gemeinde bauen, nicht ein medizinisches Rehazentrum.
Und dann, sagt Gott, wird es gelingen.
Und Rahel kann aufhören zu heulen, sondern kann positiv und hoffnungsvoll auf die Sache schauen. Denn es gibt einen Lohn für ihre Mühe.
Nicht irgendeinen Lohn. Keinen Ferrari oder 12 Pfund Butter, Dinge, mit denen Rahel nichts anfangen kann.
Sondern das Problem, wegen dem Rahel geheult hat, das wird gelöst.
Heulen für das Richtige
Falls Sie auch heulen und klagen wie Rahel: Hoffentlich für das Richtige.
Denn einen Lohn gibt es nur, wenn Sie wegen etwas klagen, über das auch Gott klagt.
Ist zwar schön, dass Sie einen eigenen Willen haben.
Aber geschehen wird Gottes Wille.
Ausschließlich.