2.Samuel 19,32 Die Sahne muss sich absetzen können.

Das war jetzt natürlich schwierig mit Davids Rückkehr nach Jerusalem.

Da war doch viel Porzellan zerschlagen worden.

Da gab es jetzt viele Fettnäpfchen, die im Wege standen.

Und das Erstaunliche ist ja schon irgendwie, dass nun David anfangen muss, die Schritte der Versöhnung zu gehen.

Dabei hatte David alles Recht auf den Thron, denn er hat den Thron von Gott erhalten.

Wenn David jetzt also das Reich Gottes bauen will und den Willen Gottes wieder herstellen will, warum muss jetzt er hier für Frieden und Verständigung und Entgegenkommen sorgen?

Hätte es da nicht einige andere Leute gegeben, die genügend Dreck am Stecken hatten, dass die Initiative jetzt eigentlich von ihnen hätte ausgehen müssen?

Aber wir haben hier in David schon ein Vorbild auf Jesus.

Auch Jesus macht, um das Reich Gottes bauen zu können, jede Menge entgegenkommende Angebote, die eigentlich nicht den Schulden der Menschen entsprechen.

Davids Vergebungsorgie

So geht David auf Amasa zu – also aus der Ferne. Amasa kommt gar nicht zu David, und er bittet auch um nichts.

Aber David weiß, dass wenn er Amasa nicht nur begnadigt, sondern ihm auch noch einen hohen Posten gibt, dann ist das für den Frieden und die Einheit innerhalb des Reiches Gottes eine große Hilfe. Denn Amasa hatte offenbar eine große Anhängerschaft, und mit der Begnadigung und Erhöhung von Amasa hat David auch jede Menge anderer Leute begnadigt, die niedriger waren als Amasa, aber genauso schuldig. Die Begnadigung des Amasa war so etwas wie die Begnadigung von ganz Juda.

Nicht, dass Amasa sich entschuldigt hätte oder um Vergebung gebeten hätte, kein Stück.

David ist König genug, dass er auch aus eigenem Antrieb vergeben kann.

Und dann kommt Schimi.

Der hatte immerhin den Gesalbten Gottes verflucht.

Da kann man sich überlegen, ob das, was Amasa gemacht hat schlimmer ist, oder das was Schimi gemacht hat.

Aber im Gegensatz zu Amasa kommt Schimi. Und er bekennt seinen Fehler und versucht sich in Wiedergutmachung. Wirkt ein bisschen übertrieben und kitschig, aber Schimi sagt auf diese Weise, dass er David wirklich als seinen König sieht und als seinen König anerkennt.

Und wenn David Schimi vergibt, dann gewinnt er die gesamte Anhängerschaft Sauls, die es immer noch gab und die immer noch davon ausgingen, dass eigentlich die Familie Sauls die rechtmäßige Königsdynastie war. Und dass damit der König aus der Nordhälfte des Landes kommen müsste und nicht aus Juda.

David vergibt also Schimi, weil der darum gebeten hatte.

Und dann kam Mefi-Boschet.

Seine Rolle wird nicht ganz klar, denn einerseits gehört er zur Familie Sauls, andererseits verdankt er David nicht nur das Leben, sondern auch eine umfassende, großzügige Versorgung.

Und ob in dieser Geschichte nun Mefi-Boschet der Verräter ist oder Ziba oder beide, wird vermutlich für immer ein Rätsel bleiben. Vielleicht hatte Mefi-Boschet sich auch so zweideutig verhalten, dass das entstandene Durcheinander darauf zurückzuführen ist.

David handelt hier nach der Maxime „Im Zweifelsfall für den Angeklagten“ und vergibt sowohl Mefi-Boschet als auch Ziba, womit man nicht mehr klären muss, wer von den beiden jetzt eigentlich in welchem Maße schuldig geworden ist.

Die Sahne obendrauf

Und dann kommt Barsillai.

Der Einzige in dieser ganzen Reihe, der nichts verbrochen hat.

Sondern der im Gegenteil David auf eine Art und Weise unterstützt hat, die ihresgleichen sucht.

Der Einzige, der eigentlich nicht hätte kommen müssen.

Denn David wäre auch ohne die Begleitung von Barsillai auf die andere Seite gekommen.

Der Einzige, der nicht kam, weil er hier etwas gewinnen konnte.

Der kam wirklich nur aus Solidarität.

Naja, eigentlich noch mehr. Man müsste hier schon das Wort „Liebe“ benutzen, denn selbst „Wertschätzung“ ist zu wenig.

Barsillai hatte David schon in Mahanajim die größtmögliche Unterstützung zukommen lassen, und damit macht er jetzt weiter: Er begleitet David über den Fluss, um zu zeigen, dass David sein König ist, dass er in David den richtigen König erkennt – letztlich, um den Willen Gottes zu tun.

Ohne es zu müssen.

Barsillai hätte nicht gegen den Willen Gottes verstoßen, wenn er zu Hause geblieben wäre.

Aber er wollte den Willen Gottes in Perfektion tun, so gut wie es nur irgend ging.

Den anderen hat David allen vergeben, also den Resetknopf gedrückt und alles wieder auf Null.

Was soll er jetzt mit Barsillai machen?

David gibt Barsillai das Höchste, was er hat: Barsillai darf bis zum Ende seines Lebens an Davids Tafel essen. Das bedeutet aber nicht nur essen, sondern eine Rundumversorgung, ein Leben auf Kosten des Palastes.

Aber Barsillai will nicht.

Er ist zu alt, er hat keine Lust. Er hat alles, was er braucht, und mit Kaviar und Champagner und Tänzerinnen kann er nichts anfangen. Er vermacht den Platz an Davids Tafel seinen Söhnen, die natürlich auch einen enormen Anteil an Barsillais Verhalten hatten, und auch Salomo hat sich später noch um diese Söhne gekümmert. Also da war man im Haushalt des Gesalbten Gottes dann schon treu.

Anwendung

Wenn wir über das heutige Reich Gottes reden, dann finden wir da verschiedene Leute:

  • Wir finden Leute wie Amasa, die von Gott berufen wurden, ohne darum gebeten zu haben. Ihre Schuld ist ihnen vergeben, ohne dass sie einen Antrag dazu gestellt haben. Sie arbeiten treu für Gott, schließlich hat er sie ja berufen. Aber die Sache mit der vergebenen Schuld ist ihnen eigentlich egal. Das ist Grundlage ihrer Berufung und ihres Arbeitsverhältnisses, aber damit ist dann auch gut.
  • Wir finden Leute wie Schimi, die sich massiv gegen Gott vergangen haben, die das erkannt haben und die sich mit aller Kraft und Mühe um die Vergebung ihrer Fehler bemüht haben.
  • Wir finden Leute wie Mefi-Boschet, die wirklich nur gnadenhalber an Gottes Tisch sitzen, zu keiner brauchbaren Leistung fähig und die es geschafft haben, ein solches Durcheinander in ihrem Leben oder in ihrer Seele anzurichten, dass sie hoffen, Gott werde dieses Durcheinander sortieren und auch irgendwie für Gerechtigkeit sorgen. Sie kennen solche Leute bestimmt: Man kann ihnen durchaus bescheinigen, dass sie Opfer anderer Menschen oder Umstände geworden sind, aber sie haben auch ihren eigenen Anteil daran. Sie haben es provoziert, dass sie Opfer wurden, und sie haben das seelische oder sachliche Chaos, in dem sie nun unterzugehen drohen, selber mit angerichtet.
  • Und wir finden Leute wie Barsillai, die da sind, weil sie Gott lieben. Sie sind nicht da, weil es da was gibt. Sie sind auch nicht da, weil sie ohne Gott nicht leben können. Die kämen auch ohne Gott zurecht. Aber sie lieben Gott so sehr, dass sie nicht nur ihre religiöse Pflicht tun wollen, sondern den Willen Gottes in Perfektion, in nicht mehr zu überbietender Weise erfüllen wollen.

Amasa, Schimi und Mefi-Boschet lieben den Gesalbten Gottes, weil sie etwas von ihm bekommen haben. Geschenkt bekommen.

Barsillai liebt den Gesalbten Gottes, weil er der Gesalbte Gottes ist.

Und Gott kennt und erkennt diesen Unterschied.

Sie können sich nun überlegen, zu welcher Gruppe Sie gehören.

Und ob Sie vielleicht wechseln wollen.