1.Samuel 17, 26-30 die Prinzessin in Kurzversion
Natürlich hätte derjenige, der die Samuel-Bücher geschrieben hat, auch einfach schreiben können: „David erhielt die Information über die ausgelobte Prämie dreimal.“ In einer Bachelorarbeit wäre das eine angemessene Ausdrucksweise.
Da die meisten biblischen Bücher aber keine Sachtexte sind, sondern zur Literatur gehören, darum wird die Sache so erzählt, dass der Leser sich spätestens beim dritten Mal an den Kopf fasst und sich ratlos fragt, was das denn nun soll.
Erste Lieferung der Information über die ausgelobte Prämie: 1.Sam 17,25
25 Und die Männer von Israel sagten: Habt ihr diesen Mann gesehen, wie er heraufkommt? Denn er kommt nur herauf, um Israel zu verhöhnen. Und es soll geschehen, wer immer ihn erschlägt, den will der König sehr reich belohnen. Und er will ihm seine Tochter geben und will das Haus seines Vaters <von Abgaben> freimachen in Israel.
Wenn man Goliath besiegt, gibt es als Preisgeld also eine Prinzessin und viel Geld. Das scheint erstmal angemessen zu sein, denn wer sich mit Goliath anlegt, der riskiert sein Leben. Die Wahrscheinlichkeit, dass man den Vorgang überlebt und in den Genuss der Prinzessin kommt, war weniger als 10%. Zu 90% war man hinterher tot.
David hatte diese Unterhaltung gehört und die Information zur Kenntnis genommen. Aber er konnte das nicht glauben, dass das als Motivation für die Kämpfer ausgegeben wurde, damit jemand diese Aufgabe übernahm. 1.Sam 17,26-27
26 Da sagte David zu den Männern, die bei ihm standen: Was soll mit dem Mann geschehen, der diesen Philister da erschlägt und die Schande von Israel abwendet? Wer ist denn dieser unbeschnittene Philister da, der die Schlachtreihen des lebendigen Gottes verhöhnt?
27 Und das Volk antwortete ihm wie vorher: So <und so> soll dem Mann geschehen, der ihn erschlägt.
Jetzt kommt ein Streit zwischen David und seinem ältesten Bruder, den ich hier mal weglasse. David lässt sich von seinem großen Bruder nicht einschüchtern, sondern fragt noch einmal nach: 1.Sam 17,30
30 Und er wandte sich von ihm ab, einem andern zu, und wiederholte die Frage; und das Volk gab ihm dieselbe Antwort wie vorher.
Keine andere Motivation
Es war für David völlig unverständlich, dass es für die das Bekämpfen von Goliath nur die eine Motivation gab, nämlich die egoistische: Ich kann die Prinzessin und das Geld bekommen.
David war geradezu fassungslos, dass sowohl der König nur diese eine Motivation kannte als auch die Soldaten.
Dass man etwas für Gott tut, war hier offenbar unvorstellbar.
Dass man nicht für seine eigenen Interessen eintrat, sondern für Gottes Interessen, war hier nicht vorgesehen.
Und dass man, wenn man zusammen mit Gott kämpft, eigentlich gewinnen müsste, war wohl nicht bekannt.
David handelt
Für David hingegen war die Beleidigung der Armee nebensächlich, und dass hier Israel als entstehender Staat heruntergewürdigt wurde, interessierte ihn nicht.
Aber dass Gott beleidigt und gedemütigt wurde, das ging doch nicht!
Und wenn David jetzt gegen Goliath kämpft, muss man ja sehen, dass das nun eigentlich nicht Davids Baustelle ist:
- David ist nicht Soldat, er ist nicht wehrpflichtig und nicht eingezogen wie seine Brüder. Deren Job wäre es gewesen, zu kämpfen.
- David ist auch nicht von Goliath herausgefordert worden. Goliath hat die Soldaten und den König provoziert, aber nicht David.
David hat hier also nichts zu gewinnen. Weder kann er hier seine soldatische Karriere befördern, noch braucht er persönliche Rachegelüste gegen Goliath in die Tat umzusetzen.
Und, ganz nebenbei: Die ausgelobte Prämie erhält David hinterher auch nicht. Dass er später dann doch noch einer der Prinzessinnen bekommt, hat andere Zusammenhänge.
Und trotzdem kämpft David.
Weil es um Gott geht.
Um Gottes Ehre, um Gottes Rechte, um Gottes Ansehen.
Da wir in Davids Kopf nicht reinsehen können, wissen wir also nicht, ob wir richtig formulieren, wenn wir sagen: „Darum nahm David das Risiko auf sich“. Vielleicht dachte er: Wenn Gott mit dabei ist, dann ist da gar kein Risiko. Allerdings hat er Sauls Rüstung anprobiert, also wird er sich schon einer Gefahr bewusst gewesen sein. Andererseits könnte man fragen: Wie denken 16jährige über Risiken?
Auf jeden Fall: Wenn David wüsste, dass es heute Leute gibt, welche die Sache Gottes nur in die Hand nehmen, wenn es ihrer Gesundheit dient oder ihrem Geldvermögen oder wenn es irgendwem schlecht geht, wo diese Leute dann die Nachteile von haben.
Wenn David wüsste, dass es heute eigentlich nur egoistische Gründe gibt, um mit und für Gott zu kämpfen – nein, er wäre wahrscheinlich nicht enttäuscht, denn damals war es genauso. Wenn es nur Gott dient, dann ist es nicht attraktiv genug, als dass ich mich einsetze.
Der eine andere
Aber vielleicht hätte David sich gefreut, wenn er den einen anderen gekannt hätte.
Der gegen die Sünde gekämpft hat, obwohl das nicht seine persönliche Baustelle war.
Der sich mit dem Teufel angelegt hat, obwohl er selbst am wenigsten vom Teufel zu befürchten hatte.
Der sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, obwohl die Pharisäer ihm selbst ja nichts getan hatten und auch nichts tun konnten. Die strenggläubigen Juden hatten dem Volk den Zugang zu Gott vermauert, nicht ihm.
Doch, da gab es den einen, der sich der Sache Gottes angenommen hat.
Obwohl es ihm mehr Probleme gemacht hat, als dass es seine Probleme gelöst hätte.
Gott sei Dank, David hat einen Nachmacher gefunden.