1.Samuel 17, 25-30 Die Prinzessin als Pokal
David besuchte drei seiner älteren Brüder, die eingezogen waren, also ihre Wehrpflicht erfüllten in einem Krieg gegen die Philister.
Nun hat ja irgendwer dieses erste Buch Samuel geschrieben. Irgendein Schriftsteller hat den Stoff zusammengetragen und hat sich überlegt, was er von dem, was passiert ist, aufschreiben soll. Und was er weglassen soll, denn man kann in ein solches Buch ja nicht alles aufnehmen, was geschehen ist.
Der Autor, der das Buch schreibt, der hat eine Absicht. Das Buch soll einen Sinn erfüllen. Und gemäß dieser Absicht wählt der Autor aus, was er aufschreibt und was er weglässt.
Und wenn dann Sachen in dem Buch drinstehen, die für das Verständnis der Geschichte völlig überflüssig erscheinen, die aber breit ausgewalzt werden, dann muss man sich ganz besonders fragen: Was will der Autor denn jetzt bitte sagen?
Und so eine Auswalzung von Kleinigkeiten haben wir hier.
David besuchte also seine Brüder auf dem Schlachtfeld. Er stand neben den Soldaten und redete mit ihnen, als auf der anderen Seite Goliath erschien und seine bekannten, beleidigenden Aufforderungen zum Kampf von sich gab. Und David war auch dabei, als die Israeliten sich ganz schnell 50 Meter zurückzogen, und David lief natürlich mit zurück, als alle liefen.
1. Samuel 17,25
25 Und die Männer von Israel sagten: Habt ihr diesen Mann gesehen, wie er heraufkommt? Denn er kommt nur herauf, um Israel zu verhöhnen.
In der Tat.
Der Teufel weiß, dass die Gemeinde, wenn sie keinen Glauben hat, ihm vollkommen ausgeliefert ist.
Da kann er sie wirklich verhöhnen.
Damit gibt Goliath nur die Realität wieder.
Und wenn Goliath oder der Teufel sich so hinstellen und der Gemeinde erzählen, wie null und nichtig sie ist und dass sie ihm, dem Teufel oder dem Goliath, gar nichts tun kann, dann nimmt der Teufel der Gemeinde mit jedem Mal noch ein bisschen mehr Glauben weg.
Haha, Gemeinde! Du glaubst, du kannst irgendwas in Richtung „Mission“ unternehmen? Du bekommst ja noch nicht einmal dein eigenes Überleben gesichert! Du hast ja Angst, dass Du untergehst! Du glaubst doch nicht im Ernst daran, dass Du größer und stärker wirst!
Wie sollte denn das auch geschehen, gegen so mächtige Umstände wie Zeitgeist und die Medien, die letztlich alle gegen Gott arbeiten?
Wie soll das Reich Gottes denn stark werden gegen so eine Bastion von Gottlosigkeit wie in unserer Gesellschaft?
Und da versammelt sich das Häuflein von Gemeinde, mit Müh und Not geschützt von staatlichen Gesetzen zur Religionsfreiheit, und ist im Grunde froh, wenn Goliath nicht richtig angreift, sondern nur rumgröhlt.
Die Männer um David herum reden noch weiter. Schon allein deshalb, damit David nicht meint, man sei soeben vor einem einfach zu lösenden Problem weggelaufen.
Und es soll geschehen, wer immer ihn erschlägt, den will der König sehr reich belohnen. Und er will ihm seine Tochter geben und will das Haus seines Vaters von Abgaben freimachen in Israel.
Der damals amtierende König Saul hielt das Problem für so schwerwiegend, dass er viel Geld und die Prinzessin und Steuerfreiheit für die ganze Familie versprach, wenn sich irgendwer fände, der das Problem löst.
Die israelitischen Soldaten waren sich aber mit Saul völlig darin einig, dass das Problem so groß war, dass sich keiner fand, der die Prinzessin und die Steuerfreiheit und das viele Geld haben wollte.
Die Preise waren genau deshalb so hoch; weil Saul niemanden fand, der sich der Sache annehmen wollte.
26 Da sagte David zu den Männern, die bei ihm standen: Was soll mit dem Mann geschehen, der diesen Philister da erschlägt und die Schande von Israel abwendet? Wer ist denn dieser unbeschnittene Philister da, der die Schlachtreihen des lebendigen Gottes verhöhnt?
David hält die Preise für zu hoch. David glaubt das nicht, dass man eine Prinzessin kriegt, nur weil man diesen Mann aus dem Weg räumt.
„Das ist doch nur ein unbeschnittener Philister“, sagt David. Das ist Mann, hinter dem kein nennenswerter Gott steht.
Und wen verhöhnt dieser arme Elende denn? Er verhöhnt die Armee Gottes! Des lebendigen Gottes!
27 Und das Volk antwortete ihm wie vorher: So und so soll dem Mann geschehen, der ihn erschlägt.
David hat sich also nicht verhört. Es gibt eine Prinzessin als Preisgeld.
Auftritt Eliab
David war ja eigentlich zum Kampfplatz gekommen, weil er seine Brüder besuchen sollte. Folglich hört sein ältester Bruder, wie David über das Verhältnis von Preis und Leistung dachte.
Und dieser älteste Bruder ist natürlich beleidigt. Da kommt sein kleiner Bruder und wundert sich, dass sein großer Bruder und alle anderen das Problem nicht gelöst bekommen. Er erklärt also letztlich seinen großen Bruder für eine Lusche.
28 Und Eliab, sein ältester Bruder, hörte zu, als er mit den Männern redete. Und der Zorn Eliabs entbrannte über David, und er sagte: Warum bist du überhaupt hergekommen? Und wem hast du jene paar Schafe in der Wüste überlassen? Ich erkenne deine Vermessenheit wohl und die Bosheit deines Herzens; denn du bist ja nur hergekommen, um dem Kampf zuzusehen.
Also David ist jetzt schuld.
Man weiß aus der Vorgeschichte, dass alle Vorwürfe des Eliab gegen David falsch sind.
Und man merkt manchmal, wenn man das Reich Gottes gegen den Teufel, die Welt und die Gottlosigkeit verteidigen will: Der schlimmste Gegner ist nicht Goliath, der schlimmste Gegner sind die eigenen Leute.
29 Und David antwortete: Was habe ich denn getan? Ist es nicht der Mühe wert?
30 Und er wandte sich von ihm ab, einem andern zu, und wiederholte die Frage; und das Volk gab ihm dieselbe Antwort wie vorher.
Das ist jetzt der Punkt, wo ich auf die Bemerkungen vom Anfang zurückkomme:
Warum erzählt uns der Autor, dass David dreimal die gleiche Antwort bekommt, oder warum erzählt er uns, dass David, nachdem er die notwendigen Informationen hatte, noch zweimal nachgefragt hat?
Sie wissen es nicht.
Das Problem hier ist, dass es eine Armee Gottes gibt. In diesem Falle nicht die Heilsarmee, sondern … naja, eben diese.
Gott hat eine Armee, aber die Armee weiß nichts davon.
Doch ja, nominell irgendwie schon. Wenn man „Israel“ heißt, Kämpfer Gottes, dann wird man schon eine gewisse theoretische Ahnung davon haben, wo man hingehört.
Wenn „Gemeinde Christi“ draußen am Haus steht, weiß man theoretisch über die Zugehörigkeit Bescheid.
Im Falle der Israeliten kommt erschwerend hinzu, dass der König auch nicht wusste, dass er die Armee Gottes kommandierte.
König Saul handelte genauso wie jeder weltliche Heerführer. Er dachte: Wenn ich Steuerfreiheit und eine Prinzessin biete, dann wird doch vielleicht jemand …
Kein anderer Grund
Wir haben hier also Männer, die nominell zu Gott gehören.
Und die darum eigentlich für Gott und sein Reich kämpfen sollten, wenn Gott und sein Reich dermaßen lächerlich gemacht werden.
Und David stellte fest:
Aber es gab für diese Männer keinen anderen Grund zum Kämpfen als die Prinzessin und das Geld.
Und David stellte zusätzlich fest:
Der amtierende König kannte ebenfalls keinen anderen Grund, um für Gott zu kämpfen. Darum bot er diese Belohnung an.
Und wenn man sich jetzt mal vorstellt, dass David eines Tages König werden soll und nun sieht, dass er eine Armee bekommt, die keinen anderen Grund zum Kämpfen kennt als die Prinzessin und das Geld.
Es ist für David völlig unverständlich, dass man keinen anderen Grund kennt, für Gottes Reich zu kämpfen, als die Prinzessin und das Geld.
Die Frage
Stellt sich also die Frage: Warum könnte man für die Gemeinde kämpfen?
Denn David bekämpft nicht ein persönliches Problem. Goliath ist keine Bedrohung für David. Der geht David gar nichts an.
Goliath verhöhnt auch nicht David. Sondern Goliath verhöhnt die Armee Gottes und damit Gott selbst.
Die Frage ist nicht: Warum bekämpfe ich den Teufel und seine Auswirkungen in meinem Leben? Denn da sind die Prinzessin und das Geld die richtige Antwort.
Ich bekämpfe die Goliaths in meinem Leben, weil ich mir davon ein besseres Leben verspreche. Prinzessin und Geld.
Warum hat eigentlich Jesus die Pharisäer und die Dämonen und die Krankheiten bekämpft? Er war ja selbst nicht krank, und die Dämonen und die Pharisäer konnten ihm egal sein, denn die wollten nichts von ihm.
Die Antwort
Es ist wahrscheinlich wegen dieser Frage, dass bei Lukas steht, das Wichtigste sei, Gott zu lieben aus ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Verstand und aller Kraft.
Ohne die Liebe zu Gott wird aus dem ganzen Glauben ein ziemlicher Krampf.
Und aus der Gemeinde wird eine Pflichtveranstaltung oder ein Club der Rechtgläubigen oder eine willkommene Abwechslung im langweiligen Leben.
Aber Gott zu lieben scheint gar nicht so einfach zu sein. Denn diese Männer und König Saul konnten es nicht.
Oder vielleicht wussten sie auch einfach nicht, dass das eine vernünftige Position wäre. Wenn der König es nicht weiß, woher sollen es seine Leute wissen?
Aber wenn man Gott nicht liebt, wird man nicht betroffen davon sein, dass Gott so herabgewürdigt wird. Man wird keinen wirklichen Grund für übertriebenen Einsatz sehen.
Und wenn man Gott nicht liebt, wird man nicht wissen, was Gott kann und wie Gott wirkt. Erkenntnis Gottes geschieht über die Liebe, nicht über Klugheit und Belesenheit.
Dass David wusste, dass Gott eigentlich derjenige ist, der gegen Goliath kämpft, hing eben damit zusammen, dass er Gott liebte und darum Gottes Wesen und Absichten erkennen konnte. Die Männer um Saul liebten Gott nicht, und darum dachten sie, sie müssten den Kampf alleine kämpfen.
Vermutlich ist einer der ganz großen Katalysatoren für die Liebe zu Gott die Erfahrung.
David hatte Erfahrungen mit Gott gemacht, das erzählt er später auch Saul. Gott hatte ihn vor den Bären und den Löwen gerettet, ja, David hatte diese Tiere besiegt. Und er führte das auf Gott zurück.
Und man kann wohl davon ausgehen, dass jede weitere Erfahrung mit Gott die Liebe zu Gott noch ein bisschen steigert.
Wobei es auch dazu gehört, dass man Gott nicht aufgrund seiner Serviceleistung liebt, sondern weil Gott Gott ist. Man könnte also ebenso sagen: Ich liebe Gott, weil es richtig ist.
Ich liebe Gott, weil das die höchstmögliche Nähe zur Realität ist.
„Dankbarkeit“ ist also ein sehr begrenztes Motiv. Denn es bezieht sich nur auf die göttliche Serviceleistung. Wer Gott nur liebt, weil Gott erfreuliche Dinge getan hat, der liebt offenbar mehr die Gaben als den Geber.
Ich liebe Gott, weil das neue Leben, die neue Schöpfung anders nicht möglich ist. Ich liebe Gott zwangsläufig. Es ist die einzige Weise, wie das neue Leben funktioniert.
Es gibt ja diese Bergsteiger, die auf die ganz hohen schwierigen Berge steigen. Und wenn man die fragt, warum sie auf diesen schwierigen Berg steigen, dann sagen sie: „Weil er da ist.“
Es gibt diese Leute, die außergewöhnliche Dinge machen; Dinge, die anderen vielleicht überflüssig erscheinen oder der Mühe nicht wert. Und wenn man die dann fragt, warum sie das machen, antworten sie: „Weil ich es kann.“
Aber letztlich, wie auch immer:
Es ist eine Entscheidung.
Die muss man treffen.
Sonst wird das mit der Gemeinde nichts.
Was muss man Ihnen bieten, damit Sie für Gottes bedrohte und verhöhnte Gemeinde kämpfen?